Entscheidungsstichwort (Thema)
Bestimmtheit eines Feststellungsantrags. Auslegung einer arbeitsvertraglichen Verweisungsklausel. Zurückverweisung an das Berufungsgericht
Leitsatz (amtlich)
Bei einem Antrag auf Feststellung, dass ein bestimmter Tarifvertrag, ggf. in seiner jeweiligen Fassung, auf ein Arbeitsverhältnis anzuwenden ist, muss sich die Identität des Tarifvertrags regelmäßig aus seiner Bezeichnung, den tarifschließenden Parteien und dem Abschlussdatum ergeben.
Orientierungssatz
1. Ein Feststellungsantrag muss hinreichend bestimmt sein, da bei einer dem Antrag entsprechenden Entscheidung keine Unklarheit über den Umfang der Rechtskraft bestehen darf.
2. Wird mit einer Klage die Feststellung begehrt, ein bestimmter Tarifvertrag finde auf ein Arbeitsverhältnis Anwendung, ist dieser grundsätzlich im Antrag so zu benennen, dass keine Zweifel darüber bestehen, welcher Tarifvertrag gemeint ist. Dabei kann sich die Identität des Tarifvertrags auch aus den Antrags- bzw. Urteilsgründen ergeben.
3. Ein Tarifvertrag, dessen Anwendung auf ein Arbeitsverhältnis festgestellt werden soll, ist in der Regel nur dann hinreichend bestimmt, wenn er nach seiner Bezeichnung, nach den tarifschließenden Parteien und nach dem Datum seiner Vereinbarung benannt ist oder sich diese ohne jeden Zweifel aus den vom Landesarbeitsgericht festgestellten Tatsachen ergeben.
4. § 293 ZPO verpflichtet ein Gericht für Arbeitssachen nur dann zu einer „Ermittlung” des maßgebenden Tarifvertrags, wenn es um die normative Wirkung gem. § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 4 TVG geht, nicht aber, wenn die Anwendung eines Tarifvertrags ausschließlich auf einer arbeitsvertraglichen Vereinbarung beruht.
5. Hat das Landesarbeitsgericht über einen nach § 256 Abs. 1 ZPO unzulässigen Antrag ohne Erörterung oder Hinweis eine Sachentscheidung getroffen, weil es den Antrag für zulässig gehalten hat, ist nach der Aufhebung des Berufungsurteils die Sache in der Regel zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen. Dies gebietet der verfassungsrechtliche Anspruch der Parteien auf Gewährung rechtlichen Gehörs, der in § 139 Abs. 2 ZPO konkretisiert ist.
6. Die Anrechnung von Tariflohnerhöhungen auf übertarifliche Vergütungsbestandteile ist in der Regel möglich, wenn dem Arbeitnehmer nicht vertraglich ein selbständiger Entgeltbestandteil neben dem jeweiligen Tarifentgelt zugesagt worden ist.
Normenkette
BGB §§ 133, 157; TVG § 4 Abs. 1, 5, § 5 Abs. 4; ZPO § 139 Abs. 2, § 253 Abs. 2 Nr. 2, § 256 Abs. 1, § 293
Verfahrensgang
Tenor
1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 13. Juli 2015 – 2 Sa 437/15 – insoweit aufgehoben, als es die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 28. November 2014 – 5 Ca 3726/14 – zurückgewiesen hat.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Revision – an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Anwendbarkeit von Tarifverträgen des Einzelhandels Nordrhein-Westfalen auf ihr Arbeitsverhältnis und damit zusammenhängende Vergütungsdifferenzen sowie über die Anrechnung einer Zulage auf Tariflohnerhöhungen.
Der Kläger ist seit 1999 bei der Beklagten, die in K ein Einzelhandelskaufhaus betreibt und zu keinem Zeitpunkt Mitglied eines Arbeitgeberverbands war, in Vollzeit beschäftigt und nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts „in die Vergütungsgruppe L 2 b” eingruppiert.
Der Arbeitsvertrag des Klägers enthält auf der ersten Seite auszugsweise folgende Regelungen:
„… |
|
Tarifliche Einstufung: |
L 2 b |
Vergütung: |
Tarifentgelt |
2.993,00 DM |
|
|
= Gesamtentgelt |
2.993,00 DM” |
|
In den an den Arbeitsvertrag angefügten Allgemeinen Vertragsbedingungen ist ua. Folgendes vereinbart:
„…
2. Vergütung
Die arbeitsvertraglich vorgesehene Eingruppierung des Mitarbeiters erfolgt vorbehaltlich einer späteren Überprüfung. Sollte sich hierbei eine fehlerhafte Eingruppierung herausstellen, erklärt sich der Mitarbeiter damit einverstanden, daß mit Wirkung ab dem auf die Feststellung folgenden Monats eine Neugruppierung herbeigeführt wird. Über-/Unterzahlungen werden mit der nächsten Vergütungsabrechnung verrechnet, wobei auf die sozialen Belange des Mitarbeiters Rücksicht zu nehmen ist und ggf. Überzahlungen auf mehrere Monate zu verteilen sind.
…
Freiwillige übertarifliche Zulagen sonstiger Art können bei Änderung der Tarifbezüge, gleich aus welchem Anlaß auf die tariflichen Erhöhungen angerechnet werden.
…
13. Schlußbestimmung
Ergänzend gelten die gesetzlichen und tarifvertraglichen Regelungen, ebenso wie die im Betrieb geltenden Betriebsvereinbarungen.”
Die Vergütungstarifverträge im Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen (Gehaltstarifvertrag/Lohntarifvertrag) waren bis zum 31. März 2000 und der Manteltarifvertrag für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen (MTV) bis zum 31. März 2003 allgemeinverbindlich. Der MTV sah eine Verpflichtung des Arbeitgebers zur Eingruppierung vor. Die Beklagte wandte bei vielen Arbeitnehmern den gleichen Formulararbeitsvertrag an, unabhängig davon, ob zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch die Vergütungstarifverträge und der MTV, nur der MTV oder keiner der Tarifverträge mehr allgemeinverbindlich waren.
Unter dem 25. Mai 2002 vereinbarten die Parteien eine pauschale Überstundenabgeltung iHv. 100,00 Euro im Monat als „freiwillige Zulage”.
Zum 27. Mai 2004 erhielt der Kläger eine „Gehaltsveränderungsmitteilung” mit folgendem Inhalt:
„Tarifgehalt brutto |
EUR |
1.769,00 |
Freiwillige Zulage |
EUR |
400,00 |
Gesamtentgelt |
EUR |
2.169,00 |
Das Gesamtentgelt gilt für das Geschäftsjahr 2004/2005 als fix vereinbart. Zudem kann die freiwillige Zulagen zukünftig bei Änderung der Tarifbezüge, gleich aus welchem Anlass auf die tariflichen Erhöhungen angerechnet werden.”
Die Beklagte gab nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts auch nach Außerkrafttreten der Allgemeinverbindlichkeit Vergütungserhöhungen aus den Vergütungstarifverträgen des Einzelhandels in NordrheinWestfalen vollständig an die Arbeitnehmer weiter. Erst nach einem Tarifabschluss vom 10. Dezember 2013, der rückwirkend ab dem Monat August 2013 eine Tariferhöhung von 3 % und zum 1. Mai 2014 von weiteren 2,1 % vorsah, erhöhte die Beklagte die Vergütung ihrer Arbeitnehmer zum 1. Januar 2014 lediglich um 2 %.
An den Kläger zahlte die Beklagte für die Monate August bis Dezember 2013 eine Grundvergütung iHv. jeweils 2.003,00 Euro brutto sowie eine Zulage iHv. jeweils 166,00 Euro brutto. Im November 2013 erhielt der Kläger zudem eine Sonderzahlung iHv. 1.251,88 Euro brutto. Ab Januar 2014 zahlte die Beklagte dem Kläger eine monatliche Grundvergütung iHv. 2.043,06 Euro brutto und eine Zulage iHv. nur noch 150,00 Euro brutto monatlich. Im Juni 2014 erhielt der Kläger von der Beklagten zusätzlich eine Urlaubsvergütung iHv. 1.147,00 Euro brutto. Die Beklagte führte die in diesen Bruttobeträgen enthaltenen Steuern und Sozialversicherungsabgaben ab.
Mit seiner der Beklagten am 27. Mai 2014 zugestellten Klage sowie seiner am 11. November 2014 zugestellten Klageerweiterung vom 30. Oktober 2014 hat der Kläger die Feststellung begehrt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die jeweils gültigen Entgelttarifverträge des Einzelhandels in NordrheinWestfalen auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden und die sich daraus ergebende Vergütung und etwaige Erhöhungen der Vergütung sowie weiterhin die pauschale Überstundenvergütung iHv. 166,00 Euro brutto monatlich an ihn zu zahlen, und für den Zeitraum von August 2013 bis September 2014 Differenzvergütungsansprüche geltend gemacht. Er hat die Ansicht vertreten, er habe einen Anspruch auf das mit dem Tarifabschluss vom 10. Dezember 2013 erhöhte Tarifentgelt, da sein Arbeitsvertrag die Tarifverträge des nordrhein-westfälischen Einzelhandels dynamisch in Bezug nehme. Bei dynamischer Tarifgeltung wären für die Monate August 2013 bis April 2014 – rechnerisch unstreitig – jeweils 2.063,00 Euro brutto geschuldet gewesen. Ab Mai 2014 hätte die monatliche Vergütung 2.106,00 Euro brutto betragen. Das „Weihnachtsgeld” im November 2013 hätte nach der Rechtsauffassung des Klägers 1.289,38 Euro brutto und die im Juni 2014 gezahlte „Urlaubsvergütung” 1.157,50 Euro brutto betragen müssen.
Der Kläger hat, soweit für die Revision von Bedeutung, beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 833,46 Euro brutto (Vergütungsnachzahlung für die Monate August 2013 bis einschließlich September 2014) nebst Zinsen iHv. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 337,50 Euro ab dem 1. Januar 2014,
aus jeweils 29,94 Euro ab dem 1. Februar, dem 1. März, dem 1. April und dem 1. Mai 2014,
aus jeweils 72,94 Euro ab dem 1. Juni, dem 1. August, dem 1. September und dem 1. Oktober 2014 sowie
aus 84,44 Euro ab dem 1. Juli 2014 zu zahlen;
- festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die jeweils gültigen Entgelttarifverträge des Einzelhandels NRW auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden sowie weiterhin die pauschale Überstundenvergütung iHv. 166,00 Euro brutto zu zahlen.
Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags die Auffassung vertreten, der Arbeitsvertrag sei als statische Verweisung auf den bei Arbeitsvertragsschluss anwendbaren Vergütungstarifvertrag auszulegen. Ein Arbeitgeber wolle nie dynamisch an Tarifverträge gebunden sein, wenn er selber nicht Mitglied im Arbeitgeberverband ist. Dies sei so offensichtlich, dass auch Arbeitnehmer dies erkennen müssten. § 305c BGB komme nicht zur Anwendung, da es an einem zweifelhaften Auslegungsergebnis fehle. Bei den Arbeitsverträgen, die während der Allgemeinverbindlichkeit der Vergütungstarifverträge geschlossen wurden, habe sie nur deklaratorisch auf die ohnehin bestehende Verpflichtung zur Zahlung von Tarifvergütung hinweisen wollen. Hinsichtlich der vom Kläger begehrten erhöhten Sonderzahlung für November 2013 hat sie zudem die Ansicht vertreten, diese sei von der später vereinbarten Vergütungserhöhung ausgenommen, da der Stichtag für deren Berechnung der 1. November eines jeden Jahres sei. Die rückwirkende Einigung könne die Sonderzahlung nicht erhöhen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat das erstinstanzliche Urteil auf die Berufung der Beklagten lediglich im Zinsausspruch abgeändert. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist begründet. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts ist nicht rechtsfehlerfrei; insbesondere wird die Begründung der Entscheidung von den festgestellten Tatsachen nicht getragen. Das führt zur Aufhebung des Berufungsurteils (§ 562 Abs. 1 ZPO), soweit die Beklagte mit ihrer Berufung unterlegen war, und insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 ZPO), da es für eine abschließende Entscheidung an den notwendigen Tatsachenfeststellungen fehlt.
A. Die Revision gegen die vom Landesarbeitsgericht getroffene Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zur Anwendung der jeweils gültigen Entgelttarifverträge (Antrag zu 2., erster Halbs.) ist begründet. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist der Feststellungsantrag derzeit nur teilweise zulässig.
I. Die Klage ist hinsichtlich des Feststellungsantrags zu 2. in der zuletzt gestellten Form nicht zulässig, soweit der Kläger die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten begehrt, „die jeweils gültigen Entgelttarifverträge des Einzelhandels NRW auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden”. Insoweit mangelt es an der erforderlichen Bestimmtheit.
1. Die allgemeinen und besonderen prozessualen Voraussetzungen eines Feststellungsantrags sind in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen. Bei ungenügender Bestimmtheit eines Feststellungsantrags ist er als unzulässig abzuweisen. Auch ein Feststellungsantrag muss gem. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hinreichend bestimmt sein. Bei einer dem Antrag entsprechenden Entscheidung darf keine Unklarheit über den Umfang der Rechtskraft bestehen (BAG 23. Januar 2002 – 4 AZR 461/99 – zu I 1 a der Gründe).
a) Wird mit der Klage die Feststellung begehrt, dass ein bestimmter Tarifvertrag auf ein Arbeitsverhältnis Anwendung findet (vgl. zur grds. Zulässigkeit solcher Elementenfeststellungsklagen BAG 1. Juli 2009 – 4 AZR 261/08 – Rn. 26 ff., BAGE 131, 176; 22. Oktober 2008 – 4 AZR 784/07 – Rn. 11 mwN, BAGE 128, 165), ist dieser Tarifvertrag so im Antrag zu benennen, dass keine Zweifel darüber bestehen, welcher Tarifvertrag gemeint ist (als Bsp. für einen zulässigen Antrag BAG 8. Juli 2015 – 4 AZR 51/14 – Rn. 18), da nur dann zuverlässig erkennbar ist, worüber das Gericht eine Sachentscheidung erlassen soll. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Verbindlichkeit eines Tarifvertrags in der „jeweils gültigen” Fassung festgestellt werden soll. Es muss zweifelsfrei feststehen, welchem Tarifvertrag welcher Tarifvertragsparteien nach dem in der Vereinbarung einer vertraglichen Verweisungsklausel zum Ausdruck kommenden Willen der Arbeitsvertragsparteien die Arbeitsbedingungen folgen sollen. Diese Zuweisung erfolgt tarifvertragsbezogen und damit bei einer dynamischen Verweisungsklausel auch auf die Folgetarifverträge, die die jeweiligen konkreten Tarifvertragsparteien – und nur diese – vereinbaren. An die Tarifverträge anderer Tarifvertragsparteien wollten die Arbeitsvertragsparteien sich mit einer dynamischen Verweisungsklausel nicht binden, wenn es hierfür nicht besondere Anhaltspunkte gibt (vgl. zB BAG 6. Juli 2011 – 4 AZR 706/09 – Rn. 39, BAGE 138, 269).
b) Es ist grundsätzlich nicht die Aufgabe des Gerichts, von sich aus zu ermitteln, welche Gewerkschaften und welche Arbeitgeberverbände das Entgelt von Arbeitnehmern – hier: im Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen – regelnde Tarifverträge abgeschlossen haben und welcher der in Betracht kommenden Tarifverträge nach seinem persönlichen Geltungsbereich der für den Kläger einschlägige ist, dh. welchen der Kläger richtigerweise gemeint haben könnte (vgl. BAG 23. Januar 2002 – 4 AZR 461/99 – zu I 1 b der Gründe). Allein der Kläger hat das Recht, aber auch die Pflicht, den Streitgegenstand durch Antrag und Begründung zu bestimmen (vgl. BAG 25. Februar 2009 – 4 AZR 41/08 – Rn. 34, BAGE 129, 355; 6. Juni 2007 – 4 AZR 505/06 – Rn. 17 mwN). Dabei obliegt es ihm, dies so genau zu tun, dass der Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis (§ 308 ZPO)abgesteckt und Inhalt und Umfang der materiellen Rechtskraft der begehrten Entscheidung (§ 322 ZPO) eindeutig festgelegt sind. Auch wenn das Bestehen oder der Umfang eines Rechtsverhältnisses oder eines Anspruchs zur gerichtlichen Entscheidung gestellt wird, muss zuverlässig erkennbar sein, worüber das Gericht eine Sachentscheidung treffen soll (vgl. BAG 23. März 2016 – 5 AZR 758/13 – Rn. 21 mwN).
c) Auch § 293 ZPO verpflichtet das Gericht nicht, die in Frage kommenden Tarifverträge von Amts wegen zu ermitteln. Dies ist nur dann der Fall, wenn es um die normative Wirkung eines Tarifvertrags nach § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 4 TVG geht (BAG 19. November 1996 – 9 AZR 376/95 – zu I 1 b aa der Gründe, BAGE 84, 325), nicht aber wenn – wie hier – die Anwendung eines Tarifvertrags ausschließlich auf einer individualvertraglichen Vereinbarung beruht (BAG 8. Juli 2015 – 4 AZR 51/14 – Rn. 25).
2. Gemessen daran fehlt es an der erforderlichen Bestimmtheit des ersten Teils des Feststellungsantrags zu 2.
a) Der Kläger hat im Klageantrag lediglich pauschal „die jeweils gültigen Entgelttarifverträge des Einzelhandels NRW” benannt, deren Anwendbarkeit auf das Arbeitsverhältnis der Parteien festgestellt werden soll. Weder aus dem Antrag noch aus der Klagebegründung und den späteren Ausführungen des Klägers ergibt sich mit der gebotenen Klarheit, welche Tarifverträge damit konkret gemeint sind.
b) Der Antrag lässt auch bei gebotener, auf die Ermöglichung einer Sachentscheidung gerichteter Auslegung (vgl. zu den Auslegungsgrundsätzen BAG 23. März 2016 – 5 AZR 758/13 – Rn. 26 mwN, BAGE 154, 337; 6. Juli 2011 – 4 AZR 568/09 – Rn. 25 mwN) den Inhalt der vom Kläger begehrten Entscheidung nicht hinreichend deutlich erkennen.
aa) Es ist schon unklar, ob der Kläger tatsächlich – entsprechend dem Antragswortlaut – die Anwendbarkeit mehrerer jeweils gültiger „Entgelttarifverträge” festgestellt wissen will oder nur des jeweils gültigen und nach seinem – vom Kläger allerdings nicht näher bezeichneten – persönlichen Geltungsbereich für ihn einschlägigen Tarifvertrags. Denn in seinem schriftsätzlichen Vorbringen hat der Kläger zum einen die Begriffe „Entgelttarifvertrag”, „Gehaltstarifvertrag” und „Lohntarifvertrag” offenkundig synonym und damit unspezifisch verwendet und zum anderen hat er im Laufe des Rechtsstreits hinsichtlich aller dieser Begriffe uneinheitlich sowohl den Singular als auch den Plural gebraucht.
(1) Dabei ist es einerseits möglich, dass die Verwendung des Plurals im Klageantrag nur zusätzlich – wenn auch sprachlich fehlerhaft – zum Ausdruck bringen sollte, dass es nicht nur um die Feststellung der Anwendbarkeit des derzeit geltenden, sondern auch der künftigen Fassungen des einschlägigen Tarifvertrags geht. Es ist jedenfalls nicht erkennbar, dass der Kläger festgestellt wissen will, dass die Beklagte auf sein Arbeitsverhältnis gleichzeitig mehrere die monatliche Vergütung regelnde Tarifverträge, deren Anwendungsbereiche sich gegenseitig ausschließen, anzuwenden und ihn danach zu vergüten hat.
(2) Andererseits kann der Verwendung des Plurals auch ein weites Verständnis des Begriffs „Entgelttarifverträge” zugrunde liegen, weil der Kläger evtl. auch andere Tarifverträge mit Regelungen von Leistungen an die Arbeitnehmer, etwa über Sonderzahlungen, Urlaubsentgelt, Krankengeldzuschuss usw. als „Entgelttarifvertrag” ansieht.
bb) Es fehlen aber vor allem jegliche Angaben zu den Tarifvertragsparteien des „jeweils gültigen Entgelttarifvertrags” oder der „jeweils gültigen Entgelttarifverträge”, deren Anwendbarkeit der Kläger festgestellt wissen will. Diese Anforderung gilt grundsätzlich ungeachtet einer möglicherweise vorherrschenden oder – regional – besonders bedeutungsvollen Praxis bestimmter Tarifvertragsparteien. Eine solche kann nur dann zur Bestimmung der im Feststellungsantrag nicht ausdrücklich genannten Tarifvertragsparteien herangezogen werden, wenn die praktischen Verhältnisse vom Landesarbeitsgericht tatsächlich festgestellt sind, und wenn diese so gestaltet sind, dass sie die Beteiligung jeder anderen möglichen Tarifvertragspartei nach den Umständen ausschließen. Dies ist mangels klägerischen Vortrags bzw. landesarbeitsgerichtlicher Tatsachenfeststellungen vorliegend nicht gegeben.
(1) Soweit der Kläger in den Vorinstanzen gelegentlich die bis zum Jahr 2000 für allgemeinverbindlich erklärten Lohn- und Gehaltstarifverträge des Einzelhandels in Nordrhein-Westfalen erwähnt hat, was auch im Tatbestand des Berufungsurteils aufgegriffen worden ist, ist zwar bekannt, dass diese Tarifverträge vom Einzelhandelsverband Nordrhein-Westfalen e.V. auf der einen und der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen im DGB, Landesbezirksleitung Nordrhein-Westfalen sowie der Deutschen AngestelltenGewerkschaft, Landesverband Nordrhein-Westfalen, auf der anderen Seite geschlossen wurden. Für evtl. Folgetarifverträge in der Zeit ab dem Ende der Allgemeinverbindlichkeit im Jahr 2000 fehlt es an tatsächlichen Feststellungen über die Identität der jeweiligen Tarifvertragsparteien im Einzelhandel des Landes Nordrhein-Westfalen. So ist keiner der Folgetarifverträge, die von der dynamischen Verweisungsklausel erfasst sein sollten, durch die Bezeichnung der sie abschließenden Tarifvertragsparteien und – mit einer Ausnahme (dazu unten) – nach Abschlussdatum oder dem Zeitpunkt des Inkrafttretens gekennzeichnet worden.
Es soll deshalb nur ergänzend und zur Verdeutlichung darauf hingewiesen werden, dass es im Einzelhandel des Landes Nordrhein-Westfalen auf beiden Seiten der Sozialpartner verschiedene tarifvertragsschließende Parteien gab und gibt. Neben der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, die Rechtsnachfolgerin ua. der Gewerkschaft HBV und der DAG geworden ist (vgl. dazu BAG 4. Juli 2007 – 4 AZR 491/06 – Rn. 48 ff., BAGE 123, 213), dem Deutschen Gewerkschaftsbund als Dachverband angehört und (wohl) regelmäßig auf Arbeitnehmerseite Tarifverträge vereinbart, hat in der Vergangenheit nach der Tarifsammlung des Bundesarbeitsgerichts am 10. Dezember 2013 die „DHV – Die Berufsgewerkschaft e.V.”, die nach dem – nicht rechtskräftigen – Beschluss des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 4. Mai 2016 (– 5 TaBV 8/15 –; Rechtsbeschwerde beim Bundesarbeitsgericht anhängig) eine tariffähige Gewerkschaft ist, einen Lohntarifvertrag für den Einzelhandel in NordrheinWestfalen geschlossen, ebenso wie bereits am 25. Juli 2008 einen Manteltarifvertrag. Tarifvertragspartner auf Arbeitgeberseite war ua. dabei der „Handelsverband BAG Nordrhein-Westfalen”, der allerdings auch mit der Gewerkschaft ver.di Tarifverträge vereinbart hat. Ferner ist der Vorgängertarifvertrag zum Manteltarifvertrag der Gewerkschaft ver.di vom 10. Dezember 2013 im Jahre 2008 sowohl vom „Handelsverband BAG Nordrhein-Westfalen – Landesarbeitsgemeinschaft der Mittel- und Großbetriebe des Einzelhandels in NordrheinWestfalen e.V.” als auch vom „Einzelhandelsverband Nordrhein-Westfalen” geschlossen worden. Ein ausdrücklich hierzu vereinbarter „Ergänzungstarifvertrag” vom 29. Juni 2011 dagegen wurde auf der Arbeitgeberseite (nur) vom „Handelsverband Nordrhein-Westfalen e.V.” mit der Gewerkschaft ver.di vereinbart. Die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses der Parteien noch für allgemeinverbindlich erklärten Lohn- und Gehaltstarifverträge waren 1999 auf Arbeitgeberseite jeweils allein vom „Einzelhandelsverband Nordrhein-Westfalen e.V.” geschlossen worden. Der bis zum Jahre 2003 allgemeinverbindliche Manteltarifvertrag ist dagegen 1996 auf Arbeitgeberseite vom „Einzelhandelsverband Nordrhein e.V.” und dem „Landesverband des Westfälisch-Lippischen Einzelhandels e.V.” vereinbart worden.
Damit sind in der Zeit vom Abschluss des Arbeitsvertrags bis zu dem hier maßgebenden Zeitraum allein auf Arbeitnehmerseite mindestens zwei Gewerkschaften und auf Arbeitgeberseite mindestens fünf verschiedene Tarifvertragsparteien im Einzelhandel für das Land Nordrhein-Westfalen aufgetreten.
Das begründet nicht, aber verdeutlicht, dass es sich bei den oa. Anforderungen an die Bezeichnung des oder der das Arbeitsverhältnis in der Zukunft bestimmenden Tarifvertrags/Tarifverträge um zwingende Maßgaben handelt.
(2) Auch der konkrete Tarifvertrag, an dem sich die Beklagte in der Vergangenheit bei ihrer jeweiligen Entgeltzahlung an den Kläger – wohl – orientiert hat, ist von keiner Partei und von keiner der beiden Vorinstanzen nach Bezeichnung und/oder jeweiligen Tarifvertragsparteien auch nur benannt worden. Erst recht fehlt es an einer Begründung für eine evtl. Einbeziehung des jeweiligen Tarifvertrags aufgrund der Verweisungsklausel.
cc) Das Landesarbeitsgericht, das insoweit dem Feststellungsantrag stattgegeben hat, ohne die dazugehörigen Tarifvertragsparteien im Tenor oder in den Entscheidungsgründen zu benennen, hat keinerlei tatsächliche Feststellungen über die vom Kläger im Antrag gemeinten oder über die von ihm selbst als zutreffend angesehenen Tarifvertragsparteien getroffen. Selbst eine – im Streitfall nicht vorliegende – Bezugnahme des Berufungsurteils auf die von den Parteien gewechselten Schriftsätze wäre vorliegend nicht weiterführend, da auch von diesen keine Angaben hierzu gemacht worden sind. Es sind auch keine Tarifverträge oder Auszüge davon zu den Akten gereicht worden.
II. Hinsichtlich des zweiten Teils des Feststellungsantrags zu 2. ist die Klage zulässig. Die begehrte Feststellung betrifft ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis iSv. § 256 Abs. 1 ZPO. Der Kläger hat auch ein Feststellungsinteresse. Er beruft sich auf eine vertragliche Zahlungsverpflichtung der Beklagten in der genannten Höhe und zu den genannten Konditionen, also ohne dass es der Beklagten freistehe, diese Zulage nach eigenem Ermessen zu kürzen. Die Beklagte dagegen zahlt die Zulage nicht mehr in der genannten Höhe und vertritt überdies die Auffassung, dass die Gewährung unter einem wirksamen Freiwilligkeitsvorbehalt stehe und zudem auf Entgelterhöhungen anrechenbar sei. Ferner hat sie in Abrede gestellt, dass diese Zulage zur pauschalen Abgeltung von Überstunden gezahlt werde. Diese Streitpunkte können abschließend allein durch eine gerichtliche Entscheidung über die vom Kläger begehrte Feststellung endgültig geklärt und künftige Streitigkeiten vermieden werden.
B. Hinsichtlich dieses zulässigen Teils des Feststellungsantrags zu 2. und des als Leistungsantrag ohne weiteres zulässigen Zahlungsantrags zu 1. ist die Revision der Beklagten ebenfalls begründet. Die vom Landesarbeitsgericht bei den Zahlungsansprüchen des Klägers zugrunde gelegten Berechnungsfaktoren der im Zahlungsantrag zusammengefassten monatlichen Bruttoentgeltbeträge halten einer revisionsrechtlichen Kontrolle nicht stand.
I. Dies gilt zunächst für den vom Landesarbeitsgericht allen monatsbezogenen Zahlungsanträgen zugrunde gelegten Berechnungsfaktor des Entgeltanspruchs aus dem „Entgelttarifvertrag”. Die Begründung für die Zuerkennung der Zahlungsansprüche ist rechtsfehlerhaft, weil sie von den Tatsachenfeststellungen nicht getragen ist. Eine Anspruchsgrundlage für die zuerkannten Ansprüche auf die monatlichen Bruttoentgelte nach dem „Entgelttarifvertrag” ist derzeit nicht ersichtlich.
1. Das Landesarbeitsgericht legt allen Ansprüchen, die es dem Kläger zuerkennt – mit Ausnahme der monatlichen Zulage –, offenbar aktuelle tarifliche Regelungen über Entgelte zugrunde. Der Anspruch ergebe sich „aus der Differenz zwischen der Tarifvergütung und der bereits gezahlten Bruttovergütung”. Aus welchem Tarifvertrag welcher Tarifvertragsparteien sich aus welchem Grund welches Tarifentgelt für den Kläger ergibt, wird aber nicht ausgeführt.
Soweit im Zusammenhang mit den Auswirkungen einer „Tariflohnerhöhung” auf die Höhe der gleichfalls zugesprochenen Sonderzuwendung die „Regelung des Tarifvertrages vom 10.12.2013” angesprochen wird, ist auch dies nicht ausreichend. Am 10. Dezember 2013 sind mindestens sieben Tarifverträge für den Bereich des Einzelhandels in Nordrhein-Westfalen geschlossen worden, darunter zwei Lohntarifverträge mit verschiedenen Gewerkschaften.
2. Das Landesarbeitsgericht hat aber vor allem nicht begründet, warum es davon ausgeht, der oder die von ihm für anwendbar gehaltene(n) Tarifvertrag/Tarifverträge sei(en) der/diejenige(n), auf den/die der Arbeitsvertrag der Parteien verweise.
a) Die Auslegung des Arbeitsvertrags durch das Berufungsgericht befasst sich zunächst gründlich und überzeugend mit der Frage, ob dort eine dynamische Anwendung von Tarifverträgen vereinbart worden ist. Es kommt im Ergebnis zutreffend zu dem Schluss, dass der Arbeitsvertrag des Klägers hinsichtlich der Höhe des vereinbarten monatlichen Arbeitsentgelts zeitdynamisch auf einen nach seinem räumlichen, fachlichen und persönlichen Geltungsbereich für den Kläger einschlägigen, die Höhe des monatlichen Entgelts regelnden Tarifvertrag Bezug nimmt.
aa) Bei dem zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsvertrag handelt es sich um einen Formularvertrag, dessen Auslegung durch das Landesarbeitsgericht vom Revisionsgericht ohne Einschränkung überprüft werden kann (st. Rspr., vgl. nur BAG 19. Mai 2010 – 4 AZR 796/08 – Rn. 15 mwN, BAGE 134, 283).
bb) Nach dem vom Landesarbeitsgericht festgestellten Wortlaut der im Arbeitsvertrag getroffenen Vergütungsvereinbarung war für den Kläger bei einer „Tarifliche[n] Einstufung: L 2 b” als „Vergütung” ein „Tarifentgelt” iHv. 2.993,00 DM vorgesehen.
(1) Der Senat hat – im Anschluss an die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 13. Februar 2013 (– 5 AZR 2/12 –) – hinsichtlich vergleichbarer Formulierungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen entschieden, dass der durchschnittliche Arbeitnehmer bei einer derartigen Verknüpfung von einem festen Entgeltbetrag und dessen Bezeichnung als Tarifgehalt idR redlicherweise davon ausgehen darf, der in der Klausel festgehaltene Betrag werde nicht für die Dauer des Arbeitsverhältnisses statisch sein, sondern solle sich entsprechend den tariflichen Entwicklungen des maßgebenden Tarifvertrags verändern. Ein redlicher Arbeitgeber würde – wenn er die von ihm gestellte Klausel nicht so verstanden wissen wollte – die Bezeichnung als Tarifentgelt unterlassen, um klar und deutlich zum Ausdruck zu bringen (vgl. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB), dass er nicht „nach Tarif” zahlen will, sondern sich das vereinbarte Entgelt ausschließlich nach den konkret bezifferten Parteivereinbarungen richten soll (vgl. nur BAG 8. Juli 2015 – 4 AZR 51/14 – Rn. 16; 13. Mai 2015 – 4 AZR 244/14 – Rn. 17 ff.).
(2) Es bedarf hier keiner abschließenden Klärung, ob das ohne weiteres auch dann gilt, wenn – wie im Streitfall – der Tarifvertrag, dem sich die im Vertrag genannte Entgeltgruppe und Entgelthöhe entnehmen lassen, zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nach § 5 TVG für allgemeinverbindlich erklärt war. Denn wie das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, folgt im Streitfall der Wille der Beklagten zur dynamischen Inbezugnahme der für den Kläger maßgeblichen tariflichen Entgeltregelungen bereits aus Ziff. 2 der Allgemeinen Vertragsbedingungen. Die dortige Anrechnungsregelung – „Freiwillige übertarifliche Zulagen sonstiger Art können bei Änderung der Tarifbezüge, gleich aus welchem Anlaß auf die tariflichen Erhöhungen angerechnet werden” – darf ein durchschnittlicher Arbeitnehmer so verstehen, dass die Beklagte nicht lediglich auf die aus der Allgemeinverbindlichkeit des Lohntarifvertrags folgenden Pflicht zur Zahlung des Tarifentgelts verweisen, sondern sich auch unabhängig von der Allgemeinverbindlichkeit dieses Tarifvertrags zur Zahlung des jeweiligen Tarifentgelts verpflichten wollte. Zwar hat der Anrechnungsvorbehalt nicht ausschließlich bei einer dynamischen Inbezugnahme der tariflichen Entgeltbestimmungen einen Anwendungsbereich (anders aber bei nicht allgemeinverbindlichen Tarifverträgen BAG 8. Juli 2015 – 4 AZR 51/14 – Rn. 17; 13. Mai 2015 – 4 AZR 244/14 – Rn. 18; 20. April 2012 – 9 AZR 504/10 – Rn. 29), sondern auch dann, wenn künftig Tarifvertragsänderungen für allgemeinverbindlich erklärt werden. Allerdings hat die Beklagte den Anrechnungsvorbehalt nicht auf diese Fallkonstellation beschränkt. Zudem hat sie durch den Zusatz „gleich aus welchem Anlaß” zum Ausdruck gebracht, dass Anlass für eine Erhöhung des tariflichen Entgelts des Klägers nicht ausschließlich ein künftiger für allgemeinverbindlich erklärter Tarifvertrag sein kann, sondern jede künftige tarifliche Entgeltsteigerung.
(3) Schließlich zeigt auch das an den Kläger gerichtete Schreiben der Beklagten vom 27. Mai 2004, in dem ein Teil des Gesamtentgelts als „Tarifgehalt” bezeichnet wird und in dem sich ebenfalls der Hinweis findet, dass „freiwillige Zulagen zukünftig bei Änderung der Tarifbezüge, gleich aus welchem Anlass auf die tariflichen Erhöhungen angerechnet werden”, dass die Beklagte den Willen hatte, künftige Tariferhöhungen unabhängig von der zu diesem Zeitpunkt nicht mehr bestehenden Allgemeinverbindlichkeit des Tarifvertrags an den Kläger weiterzugeben. Auf den Rechtscharakter dieser Erklärung kommt es hier im Ergebnis nicht an.
b) Das Landesarbeitsgericht hat es aber versäumt, festzustellen, an welche (Entgelt-)Tarifverträge welcher Tarifvertragsparteien diese arbeitsvertragliche Anbindung erfolgt ist. Ohne eine – Zweifel ausschließende – Identität des oder der Tarifvertrags/Tarifverträge zu benennen, an die die Arbeitsvertragsparteien den Inhalt ihres Arbeitsverhältnisses (hier: die Vergütung) dynamisch ankoppeln wollten, und ohne die nach Beendigung des hiervon ursprünglich erfassten Tarifvertrags als gleichfalls von der Verweisungsklausel erfassten „Folgetarifverträge” zu benennen, ist eine Bestimmung des zu einem Jahre später nach dieser vertraglichen Verweisungsklausel maßgebenden Tarifvertrags nicht möglich. Das Landesarbeitsgericht hat sich darauf beschränkt, die Dynamik der Verweisungsklausel zu begründen; auf welchen Tarifvertrag sie sich aus welchen Gründen mehr als 12 Jahre später beziehen sollte, auf welche Anspruchsgrundlage sich also der Kläger berufen kann, und inwieweit die dort – mutmaßlich – genannten Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind, hat das Landesarbeitsgericht nicht angesprochen.
aa) Der von den Arbeitsvertragsparteien zum Zeitpunkt der Vereinbarung der dynamischen Anbindung gemeinte „Entgelttarifvertrag” mag sich beim Kläger noch aus dem Datum des Arbeitsvertragsschlusses ergeben, zu dem im Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen einige Tarifverträge für allgemeinverbindlich erklärt worden waren. Dabei handelte es sich – neben dem vom Landesarbeitsgericht ebenfalls nicht thematisierten Manteltarifvertrag vom 20. September 1996 – um den Lohntarifvertrag vom 29. Juni 1998 und den Gehaltstarifvertrag vom gleichen Tage. Dementsprechend begründet das Landesarbeitsgericht, warum aus seiner Sicht mit dem Arbeitsvertrag die dynamische Anwendung der „Vergütungstarifverträge” – an anderer Stelle „Entgelttarifverträge” –, worunter wohl der Lohntarifvertrag und der Gehaltstarifvertrag zu verstehen sind, nicht nur für die Dauer der Allgemeinverbindlichkeit, sondern auch über deren Ende hinaus vereinbart worden sind. Dabei kann hier noch dahinstehen, ob die Parteien des Arbeitsvertrags tatsächlich beide Tarifverträge dynamisch vereinbaren wollten. Die im Arbeitsvertrag gewählte Bezeichnung der „tariflichen Einstufung” mit der Lohngruppenbezeichnung spricht für den Lohntarifvertrag, die in der „Gehaltsveränderungsmitteilung” vom 27. Mai 2004 gewählten Formulierungen dagegen eher für den Gehaltstarifvertrag.
bb) Die Allgemeinverbindlichkeit dieser Tarifverträge endete am 31. März 1999. Die Folgetarifverträge wurden zwischen denselben Tarifvertragsparteien vereinbart und auch für allgemeinverbindlich erklärt. Diese erneute Allgemeinverbindlicherklärung endete am 31. März 2000 und wurde auch nicht ersetzt oder erneuert. Angesichts dessen hätte es für die Bestimmung der Rechtsfolge aus der Verweisungsklausel ab diesem Zeitpunkt zu einem Rückgriff auf die im Arbeitsvertrag vereinbarte Dynamik kommen müssen, anhand derer zu bestimmen gewesen wäre, ob ein anderer und ggf. welcher (Lohn- oder Gehalts-)Tarifvertrag danach zur Anwendung kommen sollte. Dies wäre insbesondere vor dem Hintergrund erforderlich gewesen, dass nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ein allgemeinverbindlicher Tarifvertrag nach seinem Ablauf eine Nachwirkung gem. § 4 Abs. 5 TVG auch in denjenigen Arbeitsverhältnissen entfaltet, die vorher nicht durch Mitgliedschaft gem. § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG, sondern durch Allgemeinverbindlichkeit gem. § 5 Abs. 4 Satz 1 TVG der zwingenden Wirkung unterworfen waren (vgl. nur BAG 11. Februar 2009 – 5 AZR 168/08 – Rn. 16; 17. Januar 2006 – 9 AZR 41/05 – Rn. 22, BAGE 116, 366; ausf. 25. Oktober 2000 – 4 AZR 212/00 – zu 1 der Gründe; ebenso Wiedemann/Wank TVG 7. Aufl. § 5 Rn. 125; Däubler/Bepler TVG 4. Aufl. § 4 Rn. 961; ErfK/Franzen 17. Aufl. TVG § 5 Rn. 26; HWK/Henssler 7. Aufl. TVG § 5 Rn. 37; krit. Sittard Tarifnormerstreckung S. 289; Creutzfeldt FS Bepler S. 45, 48 ff.). Selbst wenn man davon ausginge, dass eine vor dem Ende der Allgemeinverbindlichkeit vereinbarte dynamische Verweisungsklausel eine andere Abmachung iSv. § 4 Abs. 5 TVG wäre, oder dass eine solche individuelle Vereinbarung von vorneherein die Verdrängung einer Nachwirkung zur Folge hätte, wäre es erforderlich gewesen, die Erfassung eines Folgetarifvertrags durch die arbeitsvertragliche Verweisungsklausel – ggf. durch ergänzende Vertragsauslegung – festzustellen und zu begründen (vgl. zur Frage der Anwendung des TVöD oder des TV-Ärzte nach Ende des BAT aufgrund einer auf diesen verweisenden Klausel im Arbeitsvertrag eines Arztes BAG 18. April 2012 – 4 AZR 392/10 – Rn. 13 ff., BAGE 141, 150). Dies hat das Landesarbeitsgericht sowohl für den von ihm offenbar als zutreffend angesehenen, aber nicht benannten Folgetarifvertrag als auch für die danach anzuwendenden „Entgelttarifverträge” versäumt.
cc) Das Landesarbeitsgericht wendet im Ergebnis dann einen nicht näher bezeichneten Lohn- oder Gehaltstarifvertrag an, von dessen Erfassung durch die arbeitsvertragliche Verweisungsklausel es offenbar ausgeht. Auch dies hätte einer Begründung bedurft, insbesondere vor dem Hintergrund, dass sowohl der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltende und der danach vereinbarte Lohn- bzw. Gehaltstarifvertrag, die jeweils allgemeinverbindlich waren, auf Arbeitgeberseite von dem „Einzelhandelsverband Nordrhein-Westfalen e.V.”, die letzten, dem Revisionsgericht vorliegenden Lohn- bzw. Gehaltstarifverträge jedoch vom „Handelsverband Nordrhein-Westfalen e.V.” geschlossen wurden. In der dazwischen liegenden Zeit haben auch andere Verbände mit den Gewerkschaften Deutsche Angestellten-Gewerkschaft (DAG) und Handel, Banken und Versicherungen (HBV) bzw. der Gewerkschaft ver.di Gehalts- und Lohntarifverträge abgeschlossen. Aber auch die bereits oben genannte „DHV – Die Berufsgewerkschaft e.V.” ist insoweit tätig geworden, zum Beispiel durch den Abschluss eines Lohntarifvertrags vom 10. Dezember 2013, eines Manteltarifvertrags oder schon im Jahre 2003 durch den Abschluss eines Lohntarifvertrags mit der „Landesarbeitsgemeinschaft der Mittel- und Großbetriebe des Einzelhandels in Nordrhein-Westfalen e.V.” Auf weitere Unklarheiten ist bereits oben (unter A I 2 b bb) hingewiesen worden.
dd) Auf den Umstand, dass zum persönlichen Geltungsbereich des vom Landesarbeitsgericht „angewandten” Tarifvertrags sowie zur Tätigkeit des Klägers und damit zu der Erfüllung der Anforderungen des Tätigkeitsmerkmals der von ihm geltend gemachten Lohngruppe keinerlei Ausführungen im Berufungsurteil gemacht worden sind, kommt es danach nicht mehr an.
II. Auch hinsichtlich des vom Landesarbeitsgericht als gegeben angesehenen Anspruchs des Klägers auf Leistung einer Sonderzahlung für die Abrechnungsmonate November 2013 und Juni 2014 mangelt es an einer Anspruchsgrundlage.
1. Der Antrag zu 1. beinhaltet die Geltendmachung einer Sonderzahlung im Abrechnungsmonat November 2013. Diese ist vom Landesarbeitsgericht ohne hinreichende Grundlage als begründet angesehen worden.
a) Das Landesarbeitsgericht ist davon ausgegangen, dass der Anspruch des Klägers dem Grunde nach besteht und hat lediglich die Höhe des Anspruchs begründet. Die „Tariferhöhung” des Bruttomonatsentgelts wirkte sich danach „ohne weiteres” (UA S. 18) auch auf die vom Kläger für den Monat November 2013 zu beanspruchende „Sonderzahlung” aus.
b) Dabei ist im Ergebnis unklar geblieben, worauf der Anspruch des Klägers dem Grunde und der Höhe nach beruhen soll.
aa) Eine Rechtsgrundlage für den dem Kläger zugesprochenen Betrag ist nicht benannt worden und auch nicht ersichtlich. Sonderzahlungen pflegen tariflich in Manteltarifverträgen oder in gesonderten Tarifverträgen geregelt zu sein. Das Landesarbeitsgericht hat keine Ausführungen dazu gemacht, welcher Manteltarifvertrag oder sonstige Tarifvertrag aufgrund welchen Tatbestands für das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung finden soll. Die an anderer Stelle der getroffenen Berufungsentscheidung genannten „Entgelttarifverträge” enthalten offenbar weder eine eigene Regelung zu einem Anspruch auf eine Sonderzahlung noch nehmen sie Bezug auf einen Manteltarifvertrag. Jedenfalls hat das Landesarbeitsgericht einen solchen nicht erwähnt.
bb) Soweit es sich in seiner Begründung in diesem Zusammenhang darauf beruft, dies ergebe sich „aber auch aus der allgemeinen tarifvertraglichen Regelung” (UA S. 18), bleibt auch diese ungenannt.
(1) Sollte hier Bezug auf einen Manteltarifvertrag genommen worden sein, hätte zumindest auch insoweit seine Verbindlichkeit für das Arbeitsverhältnis aus der arbeitsvertraglichen Verweisungsklausel hergeleitet werden müssen. Dabei wäre zu beachten gewesen, dass der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses der Parteien noch allgemeinverbindliche Manteltarifvertrag vom 20. September 1996 seinerseits wieder von bisher nicht behandelten Tarifvertragsparteien auf Arbeitgeberseite vereinbart worden ist, nämlich dem Einzelhandelsverband Nordrhein e.V. und dem Landesverband des WestfälischLippischen Einzelhandels e.V. Soweit das Berufungsgericht, ohne dies näher darzulegen oder zu begründen, von der Anwendung eines Manteltarifvertrags im Streitzeitraum ausgegangen sein sollte, hätte daher eine Begründung dafür erfolgen müssen, ob und welcher Manteltarifvertrag anderer Tarifvertragsparteien von den Arbeitsvertragsparteien als für ihr Arbeitsverhältnis verbindlich vereinbart worden sein soll.
(2) Sollte die Bezugnahme dagegen als Hinweis auf einen gesonderten Tarifvertrag über eine Sonderzahlung gemeint gewesen sein, wäre auch hier die Feststellung des Datums des Tarifvertrags, der tarifvertragsschließenden Parteien und der Erfassung durch die arbeitsvertragliche Verweisungsklausel sowie der Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen eines Sonderzahlungsanspruchs hinsichtlich Grund und Höhe erforderlich gewesen.
c) Mangels Benennung einer Anspruchsgrundlage kann das Revisionsgericht nicht erkennen, welche Voraussetzungen der Anspruch auf eine Sonderzahlung hat und ob – und in welcher Höhe – diese ggf. vorliegend erfüllt sind.
2. Auch für den gleichfalls im Antrag zu 1. enthaltenen und vom Landesarbeitsgericht zuerkannten Anspruch auf eine Sonderzahlung für den Monat Juni 2014, bei der es sich nach seinen tatbestandlichen Feststellungen um eine „Urlaubsvergütung” handelt, ist eine Anspruchsgrundlage nicht ersichtlich. Dieser Anspruch wird im Berufungsurteil nur zuerkannt, aber in den Entscheidungsgründen nicht erwähnt.
III. Die Revision der Beklagten ist auch hinsichtlich des zulässigen Teils des Feststellungsantrags betreffend die Anrechnungsfestigkeit der Zulage und der entsprechenden Anteile der monatlichen Differenzansprüche von 16,00 Euro für die Zeit von Januar bis September 2014 (Klageantrag zu 1.) begründet. Die Begründung des Landesarbeitsgerichts ist nicht von den von ihm festgestellten Tatsachen getragen.
1. Das Landesarbeitsgericht ist davon ausgegangen, dass es im Mai 2002 eine ausdrückliche Vereinbarung der Parteien gegeben habe, wonach der Kläger keine gesonderte Überstundenvergütung mehr erhalten, sondern eine gleichbleibende Pauschale gezahlt werden solle. Soweit diese als „freiwillig” bezeichnet worden sei, sei dieser Vorbehalt unwirksam. Auch könne eine Anrechnung auf die „geschuldete Tarifdynamik” nicht erfolgen.
2. Mit dieser Begründung durfte das Landesarbeitsgericht dem Feststellungsantrag nicht stattgeben.
a) Es fehlt zunächst jegliche Begründung, aufgrund welcher Tatsachen das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen ist, die monatliche Zahlung der Zulage iHv. 166,00 Euro brutto beruhe auf der unter dem Datum des 25. Mai 2002 von den Parteien getroffenen Vereinbarung einer „pauschale[n] Überstundenabgeltung in Höhe von 100,00 Euro als ‚freiwillige Zulage’”. Diese Behauptung des Klägers ist nach dem Tatbestand des Berufungsurteils gerade streitig und steht dem Vortrag der Beklagten entgegen, die Zahlung der 166,00 Euro monatlich bis zum Ende des Jahres 2013 beruhe auf der Gehaltsveränderungsmitteilung vom 27. Mai 2004, wonach zu diesem Zeitpunkt eine Zulage von 400,00 Euro gezahlt würde, die jedoch auf „tarifliche Erhöhungen” anrechenbar sei, was nach der Beklagten in den letzten 10 Jahren einvernehmlich so praktiziert worden sei und im Jahre 2013 zu dem Zulagenbetrag von 166,00 Euro geführt habe.
b) Zum Zeitpunkt der Vereinbarung vom 25. Mai 2002 war der Manteltarifvertrag für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen noch allgemeinverbindlich, so dass dessen Regelungen jedenfalls insoweit einer individuellen Abrede vorgehen, als diese nicht günstiger ist. Der Manteltarifvertrag vom 20. September 1996 enthielt in § 5 eine Regelung über die Abgeltung von Mehrarbeit und in § 7 eine solche über Zuschläge bei Mehrarbeit. Ein Günstigkeitsvergleich der beiden Regelungen nach § 4 Abs. 3 TVG (zu dessen Kriterien vgl. ausf. BAG 15. April 2015 – 4 AZR 587/13 – Rn. 27 ff., BAGE 151, 221) ist nicht durchgeführt worden. Wenn – wofür einiges spricht – die vertragliche Regelung jedenfalls nicht günstiger ist als die zu der Zeit normativ geltende tarifliche Regelung, hätte es in jedem Fall nach dem Ende der Allgemeinverbindlichkeit am 31. März 2003 einer Neubegründung oder eines „Wiederauflebens” der Vereinbarung (vgl. dazu zB BAG 12. Dezember 2007 – 4 AZR 998/06 – Rn. 15 und 39 ff., BAGE 125, 179) bedurft, um sie überhaupt zu rechtlicher Wirkung zu bringen. Hiermit hat sich das Landesarbeitsgericht nicht beschäftigt.
c) Ausgehend davon lässt sich auch nicht beurteilen, ob eine ggf. vereinbarte Zulage iHv. 166,00 Euro brutto vollständig oder ggf. teilweise „anrechnungsfest” ist, wie das Landesarbeitsgericht gemeint hat.
aa) Ob eine Tarifentgelterhöhung individualrechtlich auf eine übertarifliche Vergütung angerechnet werden kann, hängt von der zugrunde liegenden Vergütungsabrede ab. Haben die Arbeitsvertragsparteien darüber eine ausdrückliche Vereinbarung getroffen, gilt – sofern wirksam – diese. Sonst ist aus den Umständen zu ermitteln, ob eine Befugnis zur Anrechnung besteht. Die Anrechnung ist grundsätzlich möglich, wenn dem Arbeitnehmer nicht vertraglich ein selbständiger Entgeltbestandteil neben dem jeweiligen Tarifentgelt zugesagt worden ist (vgl. BAG 19. April 2012 – 6 AZR 691/10 – Rn. 35 mwN, BAGE 141, 207; vgl. auch 3. September 2014 – 5 AZR 109/13 – Rn. 12, BAGE 149, 78). Allein in der tatsächlichen Zahlung liegt allerdings noch keine vertragliche Abrede, die Zulage solle auch nach einer Tarifentgelterhöhung als selbständiger Vergütungsbestandteil neben dem jeweiligen Tarifentgelt gezahlt werden (BAG 19. April 2012 – 6 AZR 691/10 – aaO mwN). Jedenfalls dann, wenn sich durch eine Anrechnung – anders als beim Widerruf der Zulage – die Gesamtgegenleistung des Arbeitgebers für die vom Arbeitnehmer erbrachte Arbeitsleistung nicht verringert, ist die mit einer Anrechnung verbundene Veränderung der Zulagenhöhe dem Arbeitnehmer regelmäßig zumutbar. Ein darauf gerichteter Anrechnungsvorbehalt hielte einer Inhaltskontrolle nach den §§ 307 ff. BGB stand (vgl. BAG 19. April 2012 – 6 AZR 691/10 – aaO; 16. Mai 2012 – 10 AZR 729/10 – Rn. 38; 30. Mai 2006 – 1 AZR 111/05 – Rn. 17, BAGE 118, 211).
bb) Anhand der tatrichterlichen Feststellungen ist weder erkennbar, auf welcher vertraglichen Grundlage die Zulage gezahlt wurde und – in geminderter Höhe – wird, noch, ob es sich bei der hier in Betracht zu ziehenden Vereinbarung der Parteien vom 25. Mai 2002 bzw. bei der Gehaltsveränderungsmitteilung vom 27. Mai 2004 – sollte es sich hierbei um ein von dem Kläger ggf. konkludent angenommenes Angebot auf eine Vertragsänderung handeln – um eine Individualvereinbarung oder eine Allgemeine Geschäftsbedingung iSd. § 305 BGB bzw. um eine Einmalklausel iSd. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB handelt. Es ist damit schon nicht ersichtlich, anhand welcher Kriterien diese Vereinbarung(en) auszulegen ist/sind und nach welchen Maßstäben sich ihre Wirksamkeit beurteilt.
C. Der Rechtsstreit ist nicht zur Endentscheidung reif, da es noch tatrichterlicher Feststellungen bedarf.
I. Der Senat kann über die Zulässigkeit des unter A I 1 behandelten Teils des Feststellungsantrags zu 2. nicht abschließend entscheiden. Der Anspruch der Parteien, insbesondere des Klägers, auf Gewährung rechtlichen Gehörs gebietet die Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung.
Das Landesarbeitsgericht hätte die Klage hinsichtlich dieses Antrags nicht ohne vorherigen Hinweis auf die Unzulässigkeit der Klage abweisen dürfen. Die Parteien haben die Anforderungen an die Bestimmtheit des Klageantrags nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO erkennbar übersehen oder falsch beurteilt. Das löst nach § 139 Abs. 2 ZPO, der den verfassungsrechtlichen Anspruch der Parteien auf Gewährung rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG konkretisiert (BGH 4. Mai 2011 – XII ZR 86/10 – Rn. 12; 15. März 2006 – IV ZR 32/05 – Rn. 4), die richterliche Hinweispflicht aus. Das Gericht ist zwar nicht berechtigt oder verpflichtet, eigene Untersuchungen oder Nachforschungen anzustellen und auf der Grundlage der dadurch gewonnenen Erkenntnisse einem unzulässigen, weil unbestimmten Klageantrag einen zulässigen Inhalt zu geben. Es darf jedoch seine Entscheidung auf diesen Gesichtspunkt nicht stützen, ohne die Gelegenheit zu vorheriger Äußerung dazu zu geben (§ 139 Abs. 2 ZPO). Die betroffene Partei muss Gelegenheit erhalten, ihren Sachantrag den Zulässigkeitsbedenken des erkennenden Gerichts anzupassen (BAG 27. Juli 2016 – 7 ABR 16/14 – Rn. 21; vgl. auch 20. April 2016 – 10 AZR 111/15 – Rn. 16, BAGE 155, 44; BGH 10. März 2016 – VII ZR 47/13 – Rn. 11 mwN). Demgemäß ist es den Parteien zu ermöglichen, zur Frage der Bestimmtheit des genannten Teils des klägerischen Antrags zu 2. ergänzend Stellung zu nehmen.
II. Auch über die Zahlungsansprüche kann auf der Grundlage der bisherigen Tatsachenfeststellungen nicht abschließend entschieden werden.
1. Wie sich aus den oa. Ausführungen (vgl. unter B II 2) ergibt, bedarf es auch insoweit weiteren Vortrags der Parteien, zu dessen Erbringung ihnen nach Maßgabe des Art. 103 Abs. 1 GG Gelegenheit zu geben ist. Es wird dabei darauf ankommen, den Arbeitsvertrag der Parteien auszulegen und zu überprüfen, hinsichtlich welchen Tarifvertrags welcher Tarifvertragsparteien die Parteien zum Entgelt eine dynamische Vereinbarung getroffen haben und welcher jeweils neue Tarifvertrag nach dem Ende des vorherigen von dieser Verweisungsklausel erfasst war. Hat die Dynamik bis zum Streitzeitraum nicht geendet, wird festzustellen sein, auf welchen konkreten Tarifvertrag sie sich im August 2013 und danach erstreckt hat. Die dort ggf. vorgesehenen Anspruchsgrundlagen sind hinsichtlich der Erfüllung ihrer Tatbestandsmerkmale sodann auf den festgestellten Sachverhalt anzuwenden.
2. Sodann wird das Landesarbeitsgericht ggf. zu prüfen haben, in welcher Höhe Ansprüche auf Sonderzahlungen bestehen.
a) Es wird daher zunächst Feststellungen zur Anspruchsgrundlage und zu den Anspruchsvoraussetzungen für die Sonderzahlungen zu treffen haben. Soweit in den Vorinstanzen über einen „TV Sonderzahlungen” gestritten worden ist, ohne dass der hierzu erbrachte Parteivortrag vom Landesarbeitsgericht tatbestandlich in Bezug genommen wurde, wird ggf. zu präzisieren sein, um welchen Tarifvertrag welcher Tarifvertragsparteien es sich dabei handelt und inwieweit er von der vertraglich vereinbarten Verweisungsklausel erfasst ist. Hierbei kann eine Rolle spielen, auf welcher Rechtsgrundlage die von der Beklagten bisher als „Sonderzahlungen” charakterisierten Leistungen erbracht worden sind. Insoweit kommt eine Nachwirkung des bis zum 31. Januar 2000 allgemeinverbindlichen Tarifvertrags über Sonderzahlungen, vereinbart zwischen dem „Einzelhandelsverband Nordrhein e.V.” und dem „Landesverband des Westfälisch-Lippischen Einzelhandels e.V.” auf Arbeitgeberseite und den Gewerkschaften HBV und DAG auf Arbeitnehmerseite, in Betracht. Zwar wird der Kläger seinen Anspruch für die Jahre 2013/2014 derzeit hierauf nicht stützen können, weil er sich ausschließlich auf die vertragliche Verweisungsklausel und nicht auf die normative Wirkung eines Tarifvertrags berufen hat, worin zwei unterschiedliche Streitgegenstände zu sehen sind (vgl. BAG 18. Mai 2011 – 4 AZR 457/09 – Rn. 15; 27. Januar 2010 – 4 AZR 549/08 (A) – Rn. 103 mwN). Für den Fall, dass das Landesarbeitsgericht zu dem Ergebnis kommt, ein Tarifvertrag über Sonderzahlungen sei arbeitsvertraglich dynamisch in Bezug genommen worden – was es bisher nicht erörtert hat – stellte sich die Frage nach dem Verhältnis der Wirkung eines solchen arbeitsvertraglich einbezogenen Tarifvertrags zu der Nachwirkung eines allgemeinverbindlichen Tarifvertrags (vgl. dazu unter B I 2 b bb). Von der konkreten Gestaltung einer möglichen Anspruchsgrundlage wird auch abhängen, ob eine rückwirkende tarifliche Vergütungserhöhung auch zu einer rückwirkenden Erhöhung der Sonderzuwendung für November 2013 führt.
b) Soweit das Landesarbeitsgericht prüfen wird, ob der Arbeitsvertrag des Klägers einen Tarifvertrag über eine Sonderzahlung oder zumindest die in diesem Tarifvertrag maßgeblichen Regelungen in Bezug nimmt, wird es dabei in Betracht zu ziehen haben, dass Ziff. 13 der Anlage zum Arbeitsvertrag der Parteien ua. eine die arbeitsvertraglichen Vereinbarungen ergänzende, zeitdynamische Bezugnahme auf die nach ihrem fachlichen, räumlichen und persönlichen Geltungsbereich für den Kläger einschlägigen tarifvertraglichen Regelungen enthält. Danach gelten „ergänzend […] die gesetzlichen und tarifvertraglichen Regelungen, ebenso wie die im Betrieb geltenden Betriebsvereinbarungen”. Diese Vereinbarung ist vom Landesarbeitsgericht bislang nur ergänzend zur Begründung der Annahme einer Dynamik für die in Bezug genommenen „Entgelttarifverträge” herangezogen worden.
Die Frage der Erstreckung der arbeitsvertraglichen Verweisung kann nicht ohne Kenntnis des – hier vom Landesarbeitsgericht nicht festgestellten – vollständigen Inhalts des Arbeitsvertrags der Parteien beurteilt werden. Auch diesbezüglich wird es Feststellungen zu treffen haben. Ziff. 13 der Anlage zum Arbeitsvertrag der Parteien nimmt gerade nur „ergänzend” auf die nach ihrem fachlichen, räumlichen und persönlichen Geltungsbereich für den Kläger einschlägigen tarifvertraglichen Regelungen Bezug, dh. soweit sich im Arbeitsvertrag keine abweichende Regelung findet.
III. Über die Begründetheit des zulässigen Teils des Feststellungsantrags (vgl. unter A I 2 und A II) sowie die davon abhängigen Entgeltdifferenzen iHv. monatlich 16,00 Euro brutto für die Zeit von Januar bis September 2014 kann gleichfalls nicht abschließend entschieden werden. Im Rahmen der neuen Verhandlung und Entscheidung wird das Landesarbeitsgericht die nach den vorstehenden Ausführungen erforderlichen Tatsachenfeststellungen nachzuholen haben.
1. Hier wird das Landesarbeitsgericht zunächst festzustellen haben, auf welcher rechtlichen Grundlage bis zum Ende des Jahres 2013 die Beklagte an den Kläger den Betrag von 166,00 Euro gezahlt hat. Sodann wird es festzulegen haben, welche Anrechnungsregelung hier überhaupt zur Anwendung kommen kann und deren Rechtswirksamkeit prüfen. Für den Fall, dass nach der Vereinbarung in Ziff. 2 der Anlage zum Arbeitsvertrag und/oder auf der Grundlage der Gehaltsveränderungsmitteilung vom 27. Mai 2004 eine Anrechnungsbefugnis seitens der Beklagten besteht, wird es zu beachten haben, ob diese Erklärungen so auszulegen sind, dass sie nach ihrem Wortlaut „können” bzw. „kann”) eine Gestaltungserklärung seitens der Beklagten verlangen, die Zeitpunkt und Höhe des anzurechnenden Betrags festlegt.
2. Hinsichtlich des Zeitpunkts der Anrechnung wird das Berufungsgericht ggf. zu beachten haben, dass nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts übertarifliche Vergütungsbestandteile, die unter dem Vorbehalt der Anrechnung stehen, mit einer offenen Tilgungsbestimmung versehen sind, die eine Anrechnung auf rückwirkend zu erbringende Entgelte auch grundsätzlich nachträglich noch zulässt (vgl. BAG 20. Oktober 2010 – 4 AZR 552/08 – Rn. 55; so für den Fall der rückwirkenden Tariflohnerhöhung 27. August 2008 – 5 AZR 820/07 – Rn. 18, 26, BAGE 127, 319).
Unterschriften
Creutzfeldt, Klose, Rinck, Die ehrenamtliche Richterin Pfeil ist wegen Ablaufs ihrer Amtszeit an der Unterschriftsleistung verhindert. Creutzfeldt, Mayr
Fundstellen
BAGE 2017, 54 |
BB 2017, 1779 |
NJW 2017, 10 |
FA 2017, 287 |
NZA 2017, 1623 |
AP 2017 |
EzA-SD 2017, 15 |
EzA 2017 |
NZA-RR 2017, 5 |
AUR 2017, 465 |
ArbR 2017, 394 |
AP-Newsletter 2017, 191 |