Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt („equal pay”). Ausschlussfristen. Erledigungsklausel
Leitsatz (redaktionell)
Durch arbeitsvertragliche Bezugnahme können Ausschlussfristenregelungen aus unwirksamen Tarifverträgen nicht als Allgemeine Geschäftsbedingungen Bestandteil des Arbeitsvertrages werden.
Normenkette
AÜG § 9 Nr. 2, § 10 Abs. 4; BGB § 307 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
LAG Nürnberg (Urteil vom 26.10.2012; Aktenzeichen 8 Sa 126/12) |
ArbG Nürnberg (Urteil vom 19.12.2011; Aktenzeichen 3 Ca 4531/11) |
Tenor
1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 26. Oktober 2012 – 8 Sa 126/12 – aufgehoben.
2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Revision – an das Landesarbeitsgericht Nürnberg zurückverwiesen.
Tatbestand
Die Parteien streiten – soweit für die Revision von Belang – über Differenzvergütung unter dem Gesichtspunkt des equal pay.
Der 1978 geborene Kläger war – nach vorhergehender Arbeitslosigkeit – seit dem 31. Mai 2010 bei der Beklagten, die gewerblich Arbeitnehmerüberlassung betreibt, als Helfer beschäftigt und im Streitzeitraum 12. Juli 2010 bis 31. März 2011 der O GmbH in H überlassen. Zum 1. August 2011 wurde er von der Entleiherin in ein befristetes Arbeitsverhältnis übernommen.
Der Kläger erhielt ursprünglich einen Bruttostundenlohn von 6,65 Euro nebst einer sog. einsatzbezogenen Zulage iHv. 0,35 Euro brutto, ab Juli 2010 einen Bruttostundenlohn von 7,35 Euro und seit Oktober 2010 einen solchen von 7,60 Euro. Außerdem gewährte die Beklagte einen Überstundenzuschlag iHv. 25 %. Vergleichbaren Stammarbeitnehmern zahlte die Entleiherin im Streitzeitraum einen Bruttostundenlohn von 9,50 Euro.
Dem Arbeitsverhältnis lag zunächst ein Formulararbeitsvertrag vom 25. Mai 2010 (im Folgenden: Arbeitsvertrag 2010) zugrunde, in dem es ua. heißt:
„Anwendbare Tarifverträge |
Auf das Arbeitsverhältnis finden die zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e. V. (AMP) einerseits und der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften Zeitarbeit und Personalserviceagenturen |
(CGZP), der Christlichen Gewerkschaft Metall (CGM), der DHV – Die Berufsgewerkschaft e. V. (DHV), dem Beschäftigtenverband Industrie, Gewerbe, Dienstleistung (BIGD), dem Arbeitnehmerverband land- und ernährungswirtschaftlicher Berufe (ALEB), medsonet.Die Gesundheitsgewerkschaft (medsonet) andererseits abgeschlossenen Tarifverträge, derzeit bestehend aus Manteltarifvertrag, Manteltarifvertrag für die Auszubildenden, Entgeltrahmentarifvertrag, Entgelttarifverträge West und Ost sowie Beschäftigungssicherungstarifvertrag, in ihrer jeweils gültigen Fassung Anwendung. |
Soweit die Regelungen dieses Vertrages den in Bezug genommenen Tarifverträgen derzeit oder zukünftig widersprechen sollten, gelten vorrangig die jeweils tariflichen Bestimmungen. Dies gilt nicht, soweit die Tarifverträge eine Abweichung ausdrücklich zulassen oder sich aus den Regelungen dieses Arbeitsvertrages eine für den Arbeitnehmer günstigere Regelung ergibt. |
… |
6.4 |
Der monatliche Auszahlungsbetrag wird bis spätestens zum 20. des Folgemonats auf ein vom Mitarbeiter anzugebendes Konto überwiesen (Ziff. 18.1 MTV). |
… |
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19. |
Ausschluss von Ansprüchen |
19.1 |
Der Mitarbeiter ist zur unverzüglichen Nachprüfung der Lohn-/Gehaltsabrechnung verpflichtet. Beanstandungen sind unverzüglich vorzubringen. |
19.2 |
Tarifliche Ausschlussfrist |
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Beide Arbeitsvertragsparteien können sämtliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis nur schriftlich innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten ab Fälligkeit geltend machen (Ziffer 19.2 MTV). |
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Ansprüche, die nicht innerhalb dieser Frist geltend gemacht werden, sind ausgeschlossen, es sei denn, dass der Anspruchsberechtigte trotz Anwendung aller ihm nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt verhindert war, diese Frist einzuhalten. Diese Ausschlussfrist gilt nicht für Ansprüche, die auf eine unerlaubte Handlung gestützt werden (Ziffer 19.3 MTV). |
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Lehnt die Gegenpartei den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von einem Monat nach der Geltendmachung des Anspruches, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von einem Monat nach der Ablehnung oder nach dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird (Ziffer 19.4 MTV).” |
Am 14. März 2011 schlossen die Parteien mit Wirkung vom 1. April 2011 einen neuen Formulararbeitsvertrag (im Folgenden: Arbeitsvertrag 2011), der auszugsweise lautet:
„Tarifliche Regelung |
Auf das Arbeitsverhältnis finden im Sinne einer dynamischen Verweisung folgende von der Tarifgemeinschaft des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) mit dem Bundesverband Zeitarbeit Personal-Dienstleistungen e. V. (BZA) geltenden Tarifverträge in ihrer jeweils gültigen Fassung Anwendung. Derzeit bestehend aus Manteltarifvertrag (MTV), Entgeltrahmentarifvertrag (ERTV), Entgelttarifvertrag, Protokollerklärung Zeitarbeit zur Beschäftigungssicherung sowie etwaigen ergänzenden oder ersetzenden Tarifverträgen in der jeweils gültigen Fassung. |
… |
Dieser Vertrag ersetzt den Arbeitsvertrag der Parteien vom 31.05.2010. |
Für das Arbeitsverhältnis gelten ausschließlich die nachfolgenden Bestimmungen. |
Als Beginn des Arbeitsverhältnisses gilt der 31.05.2010; hiernach richten sich alle Ansprüche, soweit die Betriebszugehörigkeit maßgeblich ist (wie Kündigungsfristen, Urlaub, etc.). |
… |
2. |
Vertragsdauer |
… |
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2.1 |
Unbefristetes Arbeitsverhältnis |
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Das Arbeitsverhältnis beginnt am 01.04.2011 und wird auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. |
… |
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20. |
Ausschluss von Ansprüchen |
20.1 |
Der Mitarbeiter ist zur unverzüglichen Nachprüfung der Lohn-/Gehaltsabrechnung verpflichtet. Beanstandungen sind unverzüglich vorzubringen. |
20.2 |
Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis sind innerhalb von drei Monaten (bei Ausscheiden ein Monat) nach Fälligkeit schriftlich geltend zu machen. |
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Lehnt die Gegenpartei den Anspruch schriftlich ab, so muss der Anspruch innerhalb von drei Monaten nach der Ablehnung bzw. dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht werden. |
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Ansprüche, die nicht innerhalb dieser Fristen geltend gemacht werden, sind ausgeschlossen.” |
In einem Schreiben der Beklagten vom 14. März 2011, das vom Kläger gegengezeichnet ist, heißt es:
„Vertragsänderung zum Arbeitsvertrag vom 31.05.2010 wegen Tarifwechsel
In Abänderung des ursprünglich geschlossenen Arbeitsvertrages vom 31.05.2010 und unter Aufhebung aller Neben- und/oder Zusatzvereinbarungen vereinbaren die Firma A und der Mitarbeiter, dass sich die gegenseitigen Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis mit Wirkung vom 01.04.2011 an ausschließlich aus den Regelungen des heute am 14.03.2011 unterzeichneten Arbeitsvertrages ergeben.
…
Bis zur Vertragsumstellung wird das Arbeitsverhältnis auf der bisherigen Grundlage abgerechnet. Mit der Abrechnung für April und Vertragsänderung mit Wirkung ab 01.04.2011 sind sämtliche finanzielle Ansprüche aus dem bisherigen Arbeitsvertrag abgegolten und erledigt. Ansprüche aufgrund der anerkannten Betriebszugehörigkeit (z.B. Kündigungsfristen, Urlaubsregelung, etc.) bleiben erhalten.”
Nach erfolgloser außergerichtlicher Geltendmachung mit Schreiben vom 4. Juli 2011 hat der Kläger mit der am 29. Juli 2011 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage zuletzt für den Zeitraum 12. Juli 2010 bis 31. März 2011 unter Berufung auf § 10 Abs. 4 AÜG die Differenz zwischen der von der Beklagten erhaltenen Vergütung und dem Arbeitsentgelt, das die Entleiherin im Streitzeitraum vergleichbaren Stammarbeitnehmern gewährt haben soll, verlangt. Er hat geltend gemacht, die Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag 2010 sei intransparent und daher unwirksam. Ausschlussfristen habe er nicht beachten müssen.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 3.051,33 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 19. Juli 2011 zu zahlen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, aufgrund der Inbezugnahme des mehrgliedrigen Tarifvertrags zwischen dem AMP, der CGZP und einer Reihe von christlichen Arbeitnehmervereinigungen habe sie von dem Gebot der Gleichbehandlung abweichen dürfen. Zudem seien Ansprüche des Klägers wegen nicht rechtzeitiger Geltendmachung nach der vertraglichen Ausschlussfristenregelung bis auf den Monat März 2011 verfallen. Schließlich seien mögliche Ansprüche auch durch die Vereinbarung vom 14. März 2011 erledigt.
Das Arbeitsgericht hat die Klage – soweit sie in die Revisionsinstanz gelangt ist – abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist begründet. Die Beklagte ist nach § 10 Abs. 4 AÜG verpflichtet, dem Kläger für die streitgegenständliche Zeit der Überlassung das gleiche Arbeitsentgelt zu zahlen, wie es die Entleiherin vergleichbaren Stammarbeitnehmern gewährte. Der Kläger war weder gehalten, Ausschlussfristen einzuhalten, noch hat das Schreiben der Beklagten vom 14. März 2011 zum Untergang des Anspruchs geführt. In welcher Höhe dem Kläger Differenzvergütung zusteht, kann der Senat aufgrund der bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht entscheiden. Das führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht, § 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
I. Der Kläger hat für die streitgegenständliche Zeit der Überlassung an die O GmbH Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt nach § 10 Abs. 4 AÜG. Eine nach § 9 Nr. 2 AÜG zur Abweichung vom Gebot der Gleichbehandlung berechtigende Vereinbarung haben die Parteien nicht getroffen. Die Bezugnahmeklausel des Arbeitsvertrags 2010, mit der die Geltung der vom Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e. V. (AMP), der CGZP und einer Reihe von christlichen Arbeitnehmervereinigungen geschlossenen Tarifverträge vom 15. März 2010 (AMP-TV 2010) vereinbart werden sollte, ist mangels Kollisionsregelung intransparent und nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam (vgl. BAG 13. März 2013 – 5 AZR 954/11 – Rn. 26 ff., BAGE 144, 306). Ob die Bezugnahme auf von DGB-Gewerkschaften geschlossene Tarifverträge im Arbeitsvertrag 2011 die Beklagte von dem Gebot der Gleichbehandlung entbinden konnte, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Diese Vereinbarung galt – wie im Arbeitsvertrag 2011 und im Schreiben vom 14. März 2011 auch ausdrücklich festgehalten – erst ab dem 1. April 2011 und damit nach dem streitgegenständlichen Zeitraum.
II. Der Anspruch des Klägers auf gleiches Arbeitsentgelt ist nicht verfallen.
1. Der Kläger war nicht gehalten, Ausschlussfristen aus unwirksamen Tarifverträgen der CGZP oder aus dem nicht wirksam in das Arbeitsverhältnis einbezogenen AMP-TV 2010 einzuhalten. Derartige „tarifliche” Ausschlussfristen-regelungen sind auch nicht kraft Bezugnahme als Allgemeine Geschäftsbedingung Bestandteil des Arbeitsvertrags geworden (vgl. BAG 13. März 2013 – 5 AZR 954/11 – Rn. 34 f., BAGE 144, 306; 19. Februar 2014 – 5 AZR 1046/12 – Rn. 19).
2. Der Kläger musste die erste Stufe der Ausschlussfristenregelung in Nr. 19.2 Arbeitsvertrag 2010 nicht beachten. Das ergibt sich zwar – entgegen der Auffassung des Klägers – nicht schon aus Nr. 19.2 Abs. 2 Satz 2 Arbeitsvertrag 2010. Der Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt ist kein solcher, der auf eine unerlaubte Handlung gestützt werden könnte (BAG 13. März 2013 – 5 AZR 954/11 – Rn. 56, BAGE 144, 306). Die Klausel enthält jedoch keine eigenständige arbeitsvertragliche Ausschlussfristenregelung.
a) Zwar kann – trotz der Bezugnahme auf einen Tarifvertrag, der eine Ausschlussfristenregelung enthält – eine eigenständige arbeitsvertragliche Ausschlussfristenregelung vereinbart werden. Das folgt aus dem grundsätzlichen Vorrang einer ausdrücklich in den Arbeitsvertrag aufgenommenen Klausel vor einer nur durch die pauschale Bezugnahme auf einen Tarifvertrag anwendbaren Regelung (BAG 13. März 2013 – 5 AZR 954/11 – Rn. 40, BAGE 144, 306; 25. September 2013 – 5 AZR 778/12 – Rn. 14). Belassen es nicht tarifgebundene Arbeitsvertragsparteien nicht dabei, ihr Arbeitsverhältnis pauschal einem bestimmten Tarifregime zu unterwerfen, sondern vereinbaren zu einzelnen Gegenständen darüber hinaus im Arbeitsvertrag ausformulierte Regelungen, bringen sie damit typischerweise zum Ausdruck, dass unabhängig von dem in Bezug genommenen Tarifwerk, jedenfalls die in den Arbeitsvertrag aufgenommenen Bestimmungen für das Arbeitsverhältnis gelten sollen (BAG 23. Oktober 2013 – 5 AZR 556/12 – Rn. 14).
Davon können die Arbeitsvertragsparteien abweichen, indem sie etwa einer ausdrücklich in den Arbeitsvertrag aufgenommenen Klausel eine nur „deklaratorische”, den Wortlaut des in Bezug genommenen Tarifwerks wiedergebende Bedeutung beimessen und damit gleichsam die Bezugnahme „ausformulieren” (BAG 25. September 2013 – 5 AZR 778/12 – Rn. 15).
b) Ausgehend von der vorzunehmenden objektiven Auslegung haben die Parteien im Streitfall keine eigenständige Ausschlussfrist geregelt.
Ausgehend vom Wortlaut der Nr. 19.2 Arbeitsvertag 2010, der identisch mit dem Text der Nr. 19.2 bis Nr. 19.4 AMP-TV 2010 ist, darf der durchschnittliche Vertragspartner des Verwenders die Klausel als bloße Ausformulierung der nach der Bezugnahmeklausel anwendbar sein sollenden tariflichen Ausschlussfristenregelung verstehen. Die fehlende Eigenständigkeit der Regelung wird unterstrichen durch die Überschrift der Klausel – „Tarifliche Ausschlussfrist” – und die dem Klauseltext in der Art eines Fundstellennachweises beigefügten Klammerzusätze mit den entsprechenden Nummern des AMP-TV 2010. Auch der Vergleich mit der Klausel der Nr. 19.1 Arbeitsvertrag 2010 bestätigt dem durchschnittlichen Vertragspartner des Verwenders dieses Verständnis. Dort ist ohne Hinweis auf den Tarifvertrag eine gegenüber diesem eigenständige Regelung getroffen, die sich in Nr. 19.1 AMP-TV 2010 nicht findet.
III. Der Anspruch des Klägers auf gleiches Arbeitsentgelt nach § 10 Abs. 4 AÜG ist nicht durch die Vereinbarung vom 14. März 2011 untergegangen.
Unabhängig von der Frage, ob die dortige „Erledigungsklausel” überhaupt rechtsgeschäftliche Erklärungen enthalten soll, hätte ein – zugunsten der Beklagten unterstellter – rechtsgeschäftlicher Erklärungswert dieses Verbrauchervertrags (§ 310 Abs. 3 BGB) allenfalls die Bedeutung eines deklaratorischen negativen Schuldanerkenntnisses. Entsprechend ihrem Wortlaut hält die Klausel die übereinstimmende Auffassung der Parteien fest, dass mit der Vertragsänderung ab 1. April 2011 und der Abrechnung für diesen Monat alle finanziellen Ansprüche aus dem bisherigen Arbeitsvertrag „abgegolten und erledigt” sind. Damit fixieren die Vertragsparteien typischerweise die von ihnen angenommene Rechtslage und dokumentieren das, wovon sie ausgingen: Es bestehen nach diesem Zeitpunkt keine Ansprüche aus dem „alten” Arbeitsverhältnis mehr, weil auf dessen Grundlage ordnungsgemäß abgerechnet sein wird (vgl. BAG 23. Oktober 2013 – 5 AZR 135/12 – Rn. 16 ff., BAGE 146, 217).
IV. Ob der Kläger für den auf den Monat März 2011 entfallenden Teil des Anspruchs auf gleiches Arbeitsentgelt, der am 20. April 2011 fällig wurde (Nr. 6.4 Arbeitsvertrag 2010), die Ausschlussfristen nach Nr. 20.2 Arbeitsvertrag 2011 beachten musste, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Der Kläger hat mit Schreiben vom 4. Juli 2011 den Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt gegenüber der Beklagten schriftlich geltend gemacht. Damit wahrte er die erste Stufe der arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung. Das stellt die Beklagte ebenso wenig in Abrede wie die rechtzeitige gerichtliche Geltendmachung dieses Teilanspruchs. Eine tarifvertragliche Ausschlussfrist findet daneben keine Anwendung.
V. Über die Höhe des Anspruchs auf gleiches Arbeitsentgelt kann der Senat aufgrund der bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht entscheiden. Das Landesarbeitsgericht hat sich – aus seiner Sicht konsequent – mit der Höhe des Anspruchs auf gleiches Arbeitsentgelt nicht befasst. Der Anspruch auf rechtliches Gehör gebietet es, dem Kläger in einem erneuten Berufungsverfahren Gelegenheit zu ergänzendem Sachvortrag zu geben.
1. In den Tatsacheninstanzen war unstreitig, dass vergleichbare Stammarbeitnehmer einen Bruttostundenlohn von 9,50 Euro erhalten. Dies hat das Landesarbeitsgericht auch festgestellt, ohne dass die Beklagte einen Antrag auf Berichtigung des Tatbestands (§ 320 ZPO) gestellt hätte. Außer Streit steht zwischen den Parteien ferner der – durch Abrechnungen der Beklagten belegte – Umfang der vom Kläger im Streitzeitraum geleisteten oder durch Feiertage ausgefallenen Arbeitsstunden sowie des genommenen Urlaubs.
Die Berechnung der Klageforderung bedarf aber der Erläuterung, soweit der Kläger beim Vergleichsentgelt einen Überstundenzuschlag von 25 % berücksichtigt. Der Kläger hat – bislang – nicht vorgetragen, vergleichbare Stammarbeitnehmer erhielten einen Überstundenzuschlag in dieser Höhe.
2. Urlaub ist ein in Art. 3 Abs. 1 Buchst. f, i der Richtlinie 2008/104/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über Leiharbeit genannter Regelungsgegenstand und damit eine wesentliche, dem Gebot der Gleichbehandlung unterliegende Arbeitsbedingung iSv. § 10 Abs. 4 AÜG. Gewährt der Verleiher dem Leiharbeitnehmer während des Zeitraums einer Überlassung Urlaub, berechnet sich das Urlaubsentgelt nach den dafür beim Entleiher anzuwendenden Bestimmungen. Fehlt es an einschlägigen tariflichen Urlaubsregelungen (§ 13 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BUrlG) beim Entleiher, bleibt es bei der Bemessung des Urlaubsentgelts nach den Vorgaben des § 11 Abs. 1 BUrlG (BAG 23. Oktober 2013 – 5 AZR 135/12 – Rn. 34).
Der Kläger hat in seiner Klageforderung insgesamt 84 Stunden Urlaub zu dem Bruttostundenlohn vergleichbarer Stammarbeitnehmer (9,50 Euro) angesetzt. Er hat aber nicht vorgetragen, welche Bestimmungen zur Berechnung des Urlaubsentgelts beim Entleiher Anwendung finden.
Unterschriften
Müller-Glöge, Biebl, Weber, Zoller, Busch
Fundstellen
DStR 2015, 14 |
AP 2015 |
AE 2015, 134 |