Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung nach Ausbildung
Orientierungssatz
1. Eingruppierung nach Ausbildungsvoraussetzungen (hier: Fachhochschulingenieur und Hochschulingenieur) verstößt nicht gegen Gleichheitssatz und ist von der Tarifautonomie gedeckt.
2. Auslegung der Vergütungsgruppe A 13 und A 15 zur Anlage des Manteltarifvertrages für die Technischen Überwachungsvereine vom 20.12.1979 in der Fassung vom 16.12.1983.
Normenkette
TVG § 1; GG Art. 9 Abs. 3, Art. 3 Abs. 1
Verfahrensgang
LAG Baden-Württemberg (Entscheidung vom 11.02.1988; Aktenzeichen 13 Sa 39/87) |
ArbG Mannheim (Entscheidung vom 14.11.1986; Aktenzeichen 2 Ca 642/85) |
Tatbestand
Der Kläger, der nach abgeschlossenem Fachhochschulstudium Diplom-Ingenieur (FH) ist, trat am 2. November 1964 in die Dienste des Beklagten. Nach seiner Einstellung wurde der Kläger zunächst als Gebietsingenieur und amtlich anerkannter Sachverständiger für überwachungsbedürftige Anlagen im Sinne des § 24 GewO im Fachbereich V "Elektrotechnik" beschäftigt. Dieser Fachbereich ist von der Beklagten in die folgenden vier Fachgruppen eingeteilt:
- Gruppe V 1: "Industrieanlagen"
- Gruppe V 2: "überwachungsbedürftige Anlagen/Kran-
kenhäuser"
- Gruppe V 3: "Brandschutz- und Baurecht"
- Gruppe V 4: "Kerntechnik".
Mit Wirkung zum 1. September 1978 wurde der Kläger innerhalb dieses Fachbereiches zum Leiter der Fachgruppe "überwachungsbedürftige Anlagen/Krankenhäuser" ernannt. Ab diesem Zeitpunkt erhielt er Vergütung nach Vergütungsgruppe A 13 Nr. 29 des Vergütungsgruppenkataloges A des Manteltarifvertrages für die Mitglieder der Tarifgemeinschaft Technischer Überwachungs-Vereine e.V. vom 20. Dezember 1979 in der Fassung vom 16. Dezember 1983 - MTV TÜV -. Die Geltung dieses Tarifvertrages in ihrem Arbeitsverhältnis haben die Parteien in einer Zusatzvereinbarung vom 18. August 1978 zum Arbeitsvertrag einzelvertraglich vereinbart. Die Leiter der anderen Fachgruppen des Fachbereiches "Elektrotechnik" sind als Diplomingenieure mit Hochschulabschluß in die Vergütungsgruppe A 15 Nr. 33 MTV-TÜV eingruppiert.
Mit Schreiben vom 4. Juni 1981 teilte der Beklagte dem Kläger mit, daß er im Hinblick auf seine ganz besonders hervorragenden Leistungen mit Wirkung vom 1. Januar 1981 Vergütung nach Vergütungsgruppe A 14 Nr. 30 a MTV-TÜV erhalte.
Mit seiner am 23. Dezember 1985 beim Arbeitsgericht eingegangenen und im Laufe des Rechtsstreites mehrfach erweiterten Klage begehrt der Kläger, nachdem er mit Schreiben vom 19. Januar 1985 seine Ansprüche gegenüber dem Beklagten vergeblich geltend gemacht hatte, Zahlung der Vergütungsdifferenz zwischen den Vergütungsgruppen A 14 und A 15 sowie Zahlung einer betrieblichen Zulage in Höhe von monatlich 200,-- DM jeweils für den Zeitraum September 1985 bis (zuletzt) September 1986 in unstreitiger Höhe von insgesamt 10.687,11 DM brutto.
Dazu hat der Kläger vorgetragen, nach dem Vergütungsgruppenkatalog A des MTV-TÜV erhielten Ingenieure mit abgeschlossenem Fachhochschulstudium, die Führungsaufgaben mit Aufsichtsfunktion wie beispielsweise Leitung eines Fachreferates oder einer Arbeitsgruppe, ausübten, Vergütung nach Vergütungsgruppe A 13 Nr. 29. Ingenieure mit Hochschulabschluß, die mit den gleichen Aufgaben betraut seien, erhielten dagegen Vergütung nach Vergütungsgruppe A 15 Nr. 33. Diese Differenzierung zwischen Hochschulabsolventen und Fachhochschulabsolventen verstoße gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Als sachliches Differenzierungskriterium könne die unterschiedliche Ausbildung schon deshalb nicht herangezogen werden, weil sie sich wegen der Identität der in den Tätigkeitsmerkmalen beschriebenen Aufgabenstellung und damit auch hinsichtlich der gestellten Anforderungen nicht auswirke. Die Sachwidrigkeit der Differenzierung werde in seinem Falle noch dadurch verstärkt, daß er auf dem gleichen Tätigkeitsfeld, wie der Beklagte selbst anerkenne, "besonders herausragende Leistungen" erbringe, gleichwohl aber in der Vergütung mit der Vergütungsgruppe A 14 Nr. 30 a unter seinen Kollegen mit Hochschulabschluß bleibe, für welche insoweit bereits normale Leistungen zur Erfüllung der höheren Vergütungsgruppe A 15 Nr. 33 genügten.
Der Anspruch auf die begehrte Zulage ergebe sich aus Ziff. 4 c des "Spruches der Einigungsstelle über Gehaltszulagen beim TÜV Baden e.V.". Die dort genannten Voraussetzungen erfülle er, da er als Referatsleiter 18 Dienstjahre absolviert habe.
Der Kläger hat beantragt,
der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger
DM 10.687,11 brutto nebst 4 % Zinsen aus den
Nettobeträgen von:
- DM 2.952,32 seit Zustellung der Klageschrift
vom 23.12.1985;
- DM 3.027,64 seit Zustellung der Klageerwei-
terung vom 09.04.1986;
- DM 1.513,83 seit Zustellung der Klageerwei-
terung vom 04.07.1986;
- DM 3.193,33 seit Zustellung der Klageerwei-
terung vom 02.10.1986
zu zahlen.
Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt und vorgetragen, der MTV-TÜV führe zu keiner rechtserheblichen Ungleichbehandlung zwischen Hochschulabsolventen und Fachhochschulabsolventen. Innerhalb des Vergütungsgruppenkataloges A sei die absolvierte Ausbildung des Mitarbeiters das maßgebliche Eingruppierungskriterium. Graduierte Ingenieure seien in die Vergütungsgruppen A 10 Nr. 20 bis A 13 Nr. 28 bzw. bei Führungsaufgaben A 13 Nr. 29 eingruppiert. Bei herausragenden bzw. ganz besonders herausragenden Leistungen sei ein Aufstieg nach A 14 Nr. 30 a möglich. Mitarbeiter mit Hochschulabschluß hingegen würden eingruppiert in die Vergütungsgruppen A 13 Nr. 27 bis A 15 Nr. 32 bzw. bei Führungsaufgaben mit Aufsichtsfunktion in die Vergütungsgruppe A 15 Nr. 33. Diese Einteilung der Mitarbeiter entspreche den Laufbahngruppen der Beamtenbesoldung. Auch dort sei für die Zuordnung zu einzelnen Laufbahngruppen eine bestimmte Ausbildung maßgebend. Ein graduierter Ingenieur, der Bundesbeamter sei, beginne in der Eingangsgruppe A 10 und ende in A 13. Für Diplom-Ingenieure sei hingegen die Besoldungsgruppe A 13 die Eingangsbesoldungsgruppe, von der aus ein weiterer Aufstieg erfolgen könne.
Das Arbeitsgericht hat dem Kläger die begehrte Zulage zugesprochen und deshalb der Klage in Höhe von 2.600,-- DM nebst Zinsen stattgegeben. Im übrigen hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Die gegen dieses Urteil gerichtete Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren um die in erster Instanz rechtskräftig zuerkannte Zulage vermindert weiter. Der Beklagte beantragt Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision war zurückzuweisen. Zutreffend haben die Vorinstanzen erkannt, daß dem Kläger Vergütung nach VergGr. A 15 des Manteltarifvertrages für die Mitglieder der Tarifgemeinschaft Technischer Überwachungsvereine e. V. nicht zusteht.
Auszugehen ist von § 7 MTV über die Eingruppierung der Mitarbeiter. Er lautet:
§ 7
Ein- und Umgruppierung
Eingruppierung bei Einstellung
1. Der Mitarbeiter wird bei seiner Einstellung in die-
jenige Gruppe des Vergütungsgruppenkataloges A oder
B eingruppiert, deren Voraussetzungen in seiner Per-
son erfüllt sind sowie deren sonstige Gruppenmerk-
male vorliegen.
2. Die Eingruppierung in eine Vergütungsgruppe, bei der
auf die Übertragung von Aufgaben abgestellt ist (so-
genannte "Qualifikationsaufgaben" wie z.B. die in
Gruppe A 13 Nr. 28 aus Vergütungsgruppenkatalog B
(Anlage II zu § 5 Ziffer 3)), setzt voraus, daß
dem Mitarbeiter solche Aufgaben durch ausdrückliche
schriftliche Anordnung übertragen werden und er mit
diesen Aufgaben überwiegend (d.h. mit mehr als 50 %,
bezogen auf seine Gesamttätigkeit) betraut ist.
Danach kommen gemäß dem als Anlage zum MTV beigefügten Katalog folgende Vergütungsgruppen für die Eingruppierung des Klägers in Betracht:
A 13 Nr. 29 Ingenieure (grad.), Mathematiker (grad.),
Informatiker (grad.), Chemiker (grad.),
Physiker (grad.), mit abgeschlossenem
Fachhochschul- bzw. Gesamthochschulstudium
für Führungsaufgaben mit Aufsichtsfunktion,
beispielsweise
Leiter eines Fachreferates
Leiter einer Arbeitsgruppe
A 14 Nr. 30 a Mitarbeiter aus Gruppe A 13 Nr. 29 aufgrund
ganz besonders herausragender Leistungen,
die sie bei der Durchführung der ihnen über-
tragenen Aufgaben insbesondere hinsichtlich
des willentlichen Leistungseinsatzes, der
fachlichen und persönlichen Arbeitsweise,
der Zusammenarbeit oder des Führungsver-
haltens zeigen
A 15 Nr. 33 Mitarbeiter mit Hochschulabschluß für
Führungsaufgaben mit Aufsichtsfunktion,
beispielsweise
Leiter eines Fachreferates
Leiter einer Arbeitsgruppe
Der Kläger hat ein Fachhochschulstudium absolviert und mit dem Erwerb des Grades "Diplomingenieur (FH)" abgeschlossen. Damit erfüllt er die persönlichen Voraussetzungen der VergGr. A 13 Nr. 29. Er übt als Leiter der Arbeitsgruppe "überwachungsbedürftige Anlagen/Krankenhäuser" eine der im Tätigkeitsmerkmal der VergGr. A 13 Nr. 29 genannten Beispielstätigkeiten aus. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat damit der Kläger die tariflichen Voraussetzungen der VergGr. A 13 Nr. 29 MTV erfüllt. Zwischen den Parteien ist auch nicht streitig, daß der Kläger die Aufgabe als Leiter einer Fachgruppe mit ganz besonders hervorragenden Leistungen erbringt und damit die tariflichen Voraussetzungen für den Leistungsgruppenaufstieg nach der Vergütungsgruppe A 14 Nr. 30 a erfüllt. Dementsprechend wird der Kläger auch vergütet.
Dagegen erfüllt der Kläger die Voraussetzungen der VergGr. A 15 Nr. 33 MTV nicht. Diese Vergütungsgruppe enthält als Tätigkeitsmerkmal sowohl ein personenbezogenes als auch ein tätigkeitsbezogenes Erfordernis. Das tätigkeitsbezogene Merkmal der Führungsaufgaben mit Aufsichtsfunktion ist vom Wortlaut her identisch mit dem der VergGr. A 13 Nr. 29 MTV. Deshalb gehen die Vorinstanzen mit den Parteien davon aus, daß die in diesem Merkmal beschriebenen Aufgaben gleich sind und die gleichen Anforderungen an den Mitarbeiter stellen. Unstreitig ist auch zwischen den Parteien, daß die Stellenbeschreibungen der vier Fachgruppenleiter des Fachbereichs Elektrotechnik in den Anforderungen gleich sind und die drei anderen Fachgruppenleiter nach VergGr. A 15 Nr. 33 vergütet werden. Insoweit bestehen zwischen den Aufgaben und der tatsächlichen Beschäftigung keine Unterschiede zwischen dem tätigkeitsbezogenen Merkmal der VergGr. A 13 Nr. 29 und der VergGr. A 15 Nr. 33. Die Unterscheidung liegt allein in den personenbezogenen Voraussetzungen, die für die VergGr. A 15 Nr. 33 einen Hochschulabschluß, für die VergGr. A 13 Nr. 29 jedoch den Fachhochschulabschluß voraussetzen. Unter dem Hochschulabschluß verstehen die Tarifvertragsparteien nach der Vorbemerkung Nr. 2 zu dem Vergütungsgruppenkatalog A den Abschluß eines Studiums an einer deutschen Hochschule mit einer Mindestdauer von mehr als sechs Semestern. Aus der geforderten Studiendauer ergibt sich, daß die Tarifvertragsparteien den Begriff der Hochschule nicht im Sinne von § 1 HochschulrahmenG vom 9. April 1987 verwendet haben, wonach auch die Fachhochschulen Hochschulen sind, sondern ihn im herkömmlichen Sinne verwenden, wonach als Hochschule nur die wissenschaftlichen Hochschulen angesehen werden. An solchen wissenschaftlichen Hochschulen gibt es anders als an den Fachhochschulen keine Studiengänge, die bereits nach dreijähriger Studienzeit in sechs Semestern zu einem Studienabschluß führen (vgl. Dallinger/Bode/Dellian, HRG, § 1 Rz 3, § 10 Rz 17). Da der Kläger den akademischen Grad eines Diplomingenieurs aufgrund eines Fachhochschulstudiums erworben hat und die Fachhochschulen keine Hochschulen im Sinne der Vorbemerkung Nr. 2 zum Vergütungsgruppenkatalog A MTV sind, besitzt der Kläger den in der VergGr. A 15 Nr. 33 geforderten Hochschulabschluß nicht, so daß die tariflichen Voraussetzungen für eine Eingruppierung in diese Vergütungsgruppe nicht vorliegen.
Diese tarifliche Regelung ist entgegen der Auffassung des Klägers und der Revision wirksam und verstößt insbesondere nicht gegen Art. 3 GG. Die in Art. 9 Abs. 3 GG garantierte Tarifautonomie gibt den Tarifvertragsparteien eine weitgehende Gestaltungsfreiheit bei der Setzung von Tarifnormen. Eine Grenze findet der Gestaltungsspielraum der Tarifvertragsparteien nur dort, wo die tarifliche Regelung gegen die Verfassung, gegen zwingendes Gesetzesrecht oder gegen die guten Sitten verstößt (BAGE 22, 144, 151 ff. = AP Nr. 12 zu § 15 AZO; BAGE 22, 252, 267 = AP Nr. 142 zu § 242 BGB Ruhegehalt; BAGE 38, 118, 129 = AP Nr. 47 zu § 242 BGB Gleichbehandlung; BAGE 49, 281, 287 = AP Nr. 123 zu § 611 BGB Gratifikation). Damit sind die Tarifvertragsparteien zwar auch an den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebunden (BAGE 29, 122, 130 = AP Nr. 111 zu Art. 3 GG; BAGE 35, 43, 47 = AP Nr. 45 zu § 242 BGB Gleichbehandlung; BAG Urteil vom 6. Februar 1985 - 4 AZR 370/83 - AP Nr. 16 zu § 4 TVG Übertariflicher Lohn und Tariflohnerhöhung). Der Gleichheitssatz wird von den Tarifvertragsparteien aber bei der Setzung von Tarifnormen nur dann verletzt, wenn sie es versäumen, tatsächliche Gleichheiten oder Ungleichheiten der zu ordnenden Lebensverhältnisse zu berücksichtigen, die so bedeutsam sind, daß sie bei einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise zu beachten sind. Dabei ist es nicht Sache der Gerichte, zu überprüfen, ob die Tarifvertragsparteien jeweils die gerechteste und zweckmäßigste Regelung getroffen haben, sondern sind sie vielmehr nur befugt zu kontrollieren, ob die getroffene Regelung die Grenzen der Tarifautonomie überschreitet, was nur dann der Fall ist, wenn Differenzierungen vorgenommen werden, für die sachlich einleuchtende Gründe nicht vorhanden sind (BAGE 42, 239, 243 = AP Nr. 72 zu §§ 22, 23 BAT 1975; BAG Urteil vom 6. Februar 1985 - 4 AZR 370/83 - AP Nr. 16 zu § 4 TVG Übertariflicher Lohn und Tariflohnerhöhung; BVerfG Beschluß vom 26. März 1980 - 1 BvR 121/76 und 122/76 - AP Nr. 116 zu Art. 3 GG).
Entgegen der Auffassung des Klägers und der Revision verletzt aber eine tarifliche Eingruppierungsregelung, die die Höhe der Vergütung von einem bestimmten Ausbildungsabschluß abhängig macht und für andere Ausbildungsabschlüsse bei gleicher Tätigkeit eine niedrigere Vergütung vorsieht, den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG nicht. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Senats, daß die Tarifvertragsparteien die Eingruppierung von einem bestimmten Ausbildungserfordernis abhängig machen können und damit Arbeitnehmer, die die geforderte Ausbildung nicht besitzen, bei gleicher Tätigkeit eine niedrigere Vergütung erhalten können (BAGE 19, 322, 323 = AP Nr. 1 zu § 25 BAT; BAGE 39, 124, 129 = AP Nr. 8 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer; BAGE 42, 239, 243 = AP Nr. 72 zu §§ 22, 23 BAT 1975; BAG Urteil vom 16. September 1987 - 4 AZR 207/87 - nicht veröffentlicht). Daran ist festzuhalten. Den Tarifvertragsparteien steht es frei, den Vergütungsanspruch nicht nur von der Ausübung einer bestimmten Tätigkeit, sondern auch von weiteren persönlichen Voraussetzungen wie dem Nachweis bestimmter Kenntnisse oder einer speziellen Ausbildung abhängig zu machen (BAGE 19, 322, 323 = AP Nr. 1 zu § 25 BAT; BAGE 39, 124, 129 = AP Nr. 8 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer).
So liegt der Fall auch hier. Nach § 7 Ziffer 1 MTV werden die Mitarbeiter in die Vergütungsgruppe eingruppiert, deren Voraussetzungen in ihrer Person erfüllt sind, sowie deren sonstige Gruppenmerkmale vorliegen. Dementsprechend enthalten auch alle Vergütungsgruppen des Kataloges A ein personenbezogenes und darüber hinaus ein tätigkeitsbezogenes Merkmal. Die Tarifvertragsparteien haben den Vergütungsgruppenkatalog danach nach einer Art Laufbahnprinzip gegliedert und haben jeder dieser Laufbahnen als Einstufungskriterium einen bestimmten Ausbildungsabschluß zugeordnet. So beginnt die Eingruppierung der Fachhochschulingenieure mit VergGr. A 10 Nr. 20, die die Tarifvertragsparteien als Einstellungsgruppe bezeichnet haben. Dazu gehört dann weiter die VergGr. A 13 Nr. 29. Für Hochschulabsolventen ist dagegen die Einstellungsgruppe die VergGr. A 13 Nr. 27, für die die Eingruppierung mit VergGr. A 15 Nr. 33 endet. Innerhalb dieser unterschiedlichen Laufbahnregelungen richtet sich die Einstufung in die Vergütungsgruppen nach tätigkeitsbezogenen Merkmalen oder nach der Beschäftigungsdauer. Damit haben die Tarifvertragsparteien dem Ausbildungsabschluß ein maßgebliches Gewicht für die Eingruppierung beigemessen und den Rahmen der Vergütungsgruppen, die von den Arbeitnehmern erreicht werden können, danach festgelegt. Eine unterschiedliche Behandlung solcher in den tätigkeitsbezogenen Merkmalen sonst gleicher Tätigkeiten ist zulässig. Die Ausbildung an Fachhochschulen und die Hochschulausbildung sind unterschiedlich, wie sich schon aus der unterschiedlichen Dauer ergibt. Wie auch der 5. Senat in seinem Urteil vom 8. Februar 1984 (- 5 AZR 501/81 - BAGE 45, 111, 118 = AP Nr. 5 zu § 611 BGB Persönlichkeitsrecht) ausgeführt hat, vermittelt die Hochschulausbildung eine vertiefte wissenschaftliche Ausbildung, während die Fachhochschulen in ihrem Studienangebot einen engen Bezug zur künftigen Berufspraxis aufweisen. Der mehr praxisbezogen ausgebildete Fachhochschulingenieur soll danach vor allem lernen, ingenieurwissenschaftliche Erkenntnisse und Methoden praktisch anzuwenden, während der an der Universität ausgebildete Diplomingenieur in höherem Maße wissenschaftlich theoretisch ausgebildet ist und zur wissenschaftlichen Weiterentwicklung auf dem Gebiet des Ingenieurwesens befähigt sein soll (vgl. dazu auch BVerfGE 55, 261, 270 ff.).
Liegen aber damit unterschiedliche Ausbildungsvoraussetzungen vor, können die Tarifvertragsparteien das auch bei der Eingruppierung entsprechend berücksichtigen. Dabei ist nicht einmal entscheidend, welche Ausbildung gegebenenfalls die qualifiziertere ist und zur schnelleren Einarbeitung bzw. zu besseren Umsetzungsmöglichkeiten befähigt. Die Tarifvertragsparteien können vielmehr je nach den einzelnen Gegebenheiten einmal eine Fachhochschulausbildung, zum anderen aber auch eine Hochschulausbildung höher bewerten. Wenn sie die Hochschulausbildung höher bewerten, ist das jedenfalls nicht willkürlich und sachlich unbegründet. Allein schon die längere Ausbildungsdauer berechtigt dazu, eine höhere Vergütung für Hochschulabsolventen festzulegen, damit der spätere Berufseintritt und der Gesamtverdienst in der Lebensberufszeit ausgeglichen wird. Wenn die Tarifvertragsparteien daher den Hochschulabschluß höher bewerten, weil sie nicht nur die längere Ausbildung, sondern auch die andere wissenschaftliche Durchdringung und damit eine gegebenenfalls bessere Umsetzungsmöglichkeit mit berücksichtigen, liegt das im Rahmen der Tarifautonomie im Sinne von Art. 9 Abs. 3 GG und geht damit dem rein tätigkeitsbezogenen Gleichheitsmerkmal des Art. 3 GG vor. Es ist auch sonst im Tarifrecht, insbesondere dem des öffentlichen Dienstes, üblich und entspricht herkömmlichem Ausbildungswesen, bei der Eingruppierung auf bestimmte Abschlüsse abzustellen. Eine rein tätigkeitsbezogene Eingruppierung würde demgegenüber dazu führen, daß die allseits geforderte Ausbildungsqualifizierung vernachlässigt wird und umgangen werden könnte. Unter diesen Umständen liegt eine Verletzung des Gleichheitssatzes nicht vor, so daß nicht mehr zu prüfen ist, ob der Kläger aus einer unwirksamen Tarifnorm Ansprüche herleiten könnte und gegebenenfalls für die Vergangenheit zur Beseitigung verfassungswidriger Regelungen nur die Entscheidung möglich bleibt, eine Gleichheit herbeizuführen (BAGE 50, 137 = AP Nr. 136 zu Art. 3 GG). Ob diese Voraussetzungen vorliegend gegeben sind, ist daher nicht mehr zu prüfen.
Die Revision war vielmehr mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Dr. Neumann Dr. Feller Dr. Freitag
Prieschl Dr. Konow
Fundstellen
ZTR 1989, 110-110 (ST1-2) |