Entscheidungsstichwort (Thema)
Verhaltensbedingte Kündigung – Verspätete Krankmeldung
Leitsatz (amtlich)
1. Der Arbeiter hat nach § 3 Abs 1 Satz 1 LFZG dem Arbeitgeber seine Arbeitsunfähigkeit unverzüglich, dh ohne schuldhaftes Zögern, anzuzeigen. Im Rahmen dieser von der nach jener Vorschrift weiter bestehenden Nachweispflicht zu unterscheidenden Unterrichtungspflicht hat der Arbeiter die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit nach seinem subjektiven Kenntnisstand zu schätzen und mitzuteilen. Er darf nicht mit der Anzeige zuwarten, bis eine ärztliche Diagnose vorliegt.
2. Auch die Verletzung dieser Anzeigepflicht kann ein Grund für die soziale Rechtfertigung einer ordentlichen Kündigung sein.
3. Eine frühere Kündigung erfüllt die Funktion einer Abmahnung jedenfalls dann, wenn der Kündigungssachverhalt feststeht und die Kündigung aus anderen Gründen, zB wegen fehlender Abmahnung, für sozialwidrig erachtet worden ist.
Verfahrensgang
LAG Düsseldorf (Entscheidung vom 25.11.1988; Aktenzeichen 9 Sa 1065/88) |
ArbG Solingen (Entscheidung vom 07.07.1988; Aktenzeichen 1 Ca 1714/87) |
Tatbestand
Der am 1. Januar 1937 geborene Kläger ist seit 6. Juni 1976 bei der Beklagten in deren Werk S als Arbeiter beschäftigt. Sein Bruttostundenlohn betrug zuletzt 13,28 DM.
Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis am 2. Oktober 1987 fristgemäß zum 31. Januar 1988. Die Kündigung war gestützt auf behauptete erhebliche krankheitsbedingte Fehlzeiten, außerdem warf die Beklagte dem Kläger vor, er habe mehrfach unredlich durch Vortäuschen einer Krankheit versucht, den Einsatz auf einem ganz bestimmten Arbeitsplatz zu erzwingen. Schließlich soll der Kläger am 21. September 1987 unentschuldigt gefehlt und eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erst am 22. September 1987 eingereicht haben.
Im Verlaufe des Prozesses vor dem Arbeitsgericht S kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis erneut am 15. Oktober 1987 zum 31. Januar 1988 mit der Begründung, der Kläger habe am 8. Oktober 1987 unentschuldigt gefehlt und erst am 9. Oktober 1987 eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nachgereicht. Ein Attest ging unstreitig erst am 9. Oktober 1987 bei der Beklagten ein.
Durch Teilurteil vom 10. März 1988 hat das Arbeitsgericht die Kündigung vom 2. Oktober 1987 für unwirksam erklärt. Hinsichtlich des unentschuldigten Fehlens des Klägers hat das Arbeitsgericht nach Beweiserhebung festgestellt, der Kläger sei mit Schreiben vom 24. Oktober 1986 abgemahnt worden, weil er am 21. Oktober 1986 seiner Pflicht zur unverzüglichen Anzeige der Arbeitsverhinderung nicht nachgekommen sei. Eine zweite Abmahnung vom 11. Mai 1987 sei mit Schreiben der Beklagten vom 14. Mai 1987 zurückgenommen worden. Der Geschehensablauf vom 21./22. September 1987 reiche für eine Kündigung nicht aus. Der Kläger habe sich von der Arbeitsstelle aus zum Arzt abgemeldet und habe dort bis Schichtende warten müssen. Selbst wenn seine Tochter ihn nicht telefonisch krank gemeldet haben sollte, so habe die Beklagte infolge des Weggangs des Klägers von der Arbeit gewußt, daß eine Erkrankung möglich sei. Der Kläger hätte zudem eine zweite Abmahnung erwarten können. Der Vorwurf betreffend das Geschehen vom 21./22. September 1987 könne ohne zweite Abmahnung eine Kündigung nicht rechtfertigen.
Gegen dieses Teilurteil hat die Beklagte kein Rechtsmittel eingelegt.
Der Kläger hat betreffend die Kündigung vom 15. Oktober 1987 vorgetragen, er habe am 8. Oktober 1987 nicht unentschuldigt gefehlt, denn seine Tochter habe morgens zwischen 5.15 und 5.30 Uhr im Werk der Beklagten angerufen. Der Pförtner habe sie an einen anderen Herrn verwiesen, diesem habe sie mitgeteilt, daß ihr Vater erkrankt sei.
Der Kläger hat beantragt
festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 15. Oktober 1987 nicht beendet worden sei, sondern über den 31. Januar 1988 hinaus unverändert fortbestanden habe.
Die Beklagte hat Klagabweisung beantragt. Sie hat geltend gemacht, der Kläger habe sich am 8. Oktober 1987 nicht entschuldigen lassen. Es sei weder in der Pförtnerloge ein Gespräch registriert worden noch habe ein anderer Mitarbeiter des Betriebes mit der Tochter des Klägers gesprochen. Der Kläger habe auch gewußt, daß er den Betrieb sofort unterrichten müsse. Sie habe am 7. August 1986 an mehreren Stellen im Betrieb einen Aushang angebracht, der in türkischer Sprache bis April 1987 zu lesen gewesen sei (unstreitig). Darüber hinaus sei der Kläger am 24. Oktober 1986 wegen eines solchen Vorfalls abgemahnt worden, wovon auch das Arbeitsgericht ausgegangen sei. Die 2. Abmahnung liege jedenfalls in der Kündigung vom 2. Oktober 1987.
Das Arbeitsgericht hat nach Beweiserhebung der Klage stattgegeben. Es hat ausgeführt, die Beklagte habe nicht nachgewiesen, daß der Kläger sich nicht entschuldigt habe. Die Aussage der Tochter sei klar und eindeutig gewesen, angesichts der Aussagen der Gegenzeugen sei es nicht auszuschließen, daß diese den Anruf der Tochter zwar erhalten hätten, sich daran jedoch nicht mehr erinnern könnten.
Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Berufung eingelegt. Sie hat sich unter erneuten Beweisantritten mit der Beweiswürdigung des Arbeitsgerichts auseinandergesetzt und ausgeführt, das Arbeitsgericht habe falsche Schlüsse aus der Aussage des Pförtners gezogen. Wenn dieser gesagt habe, er pflege sich ansonsten entsprechende schriftliche Notizen hinsichtlich von Telefonanrufen zu machen, so heiße dies, er habe sich immer eine Notiz gemacht, wenn ein Anruf eingegangen sei. Das habe dieser auch auf Vorhalt des Gerichts so zum Ausdruck gebracht. Auch könne hinsichtlich des Erinnerungsvermögens der Zeugen nichts aus dem längeren Zeitablauf zwischen Anruf und Zeugenvernehmung hergeleitet werden. Sie habe nämlich sofort nach dem Nichterscheinen des Klägers innerbetriebliche Nachforschungen anstellen lassen, ob der Kläger sich telefonisch entschuldigt habe. Dies sei nach den damaligen Ermittlungen nicht der Fall gewesen.
Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Revision der Beklagten.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil war aufzuheben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen.
I.
Das Landesarbeitsgericht ist zunächst zu Recht davon ausgegangen, nach Rechtskraft des Teilurteils des Arbeitsgerichts S könne die Kündigung vom 15. Oktober 1987 allein das Verhalten des Klägers am 8./9. Oktober 1987 rechtfertigen. Der Umfang der materiellen Rechtskraft und der mit dieser in Zusammenhang stehenden Präklusionswirkung richten sich nach dem Streitgegenstand der Kündigungsschutzklage (vgl. BAG Urteil vom 12. Juni 1986 - 2 AZR 426/85 - AP Nr. 17 zu § 4 KSchG, zu B I der Gründe, m.w.N.). Da das Arbeitsgericht festgestellt hat, dem Kläger sei aus seinem Verhalten vom 21./22. September 1987 kein Vorwurf zu machen, denn die Beklagte habe seine Erkrankung durch dessen erlaubtes Verlassen des Arbeitsplatzes erkennen können, kann dieses Geschehen nicht erneut zu Lasten des Klägers im Rahmen der vorliegend zu beurteilenden Kündigung berücksichtigt werden.
Dies gilt ebenso für den Vortrag der Beklagten, der Kläger habe Krankheiten vorgetäuscht, um auf einen anderen Arbeitsplatz umgesetzt zu werden. Das Arbeitsgericht hat im Rahmen der Prüfung der Kündigung vom 2. Oktober 1987 zu diesen Vorfällen festgestellt, es sei nicht erwiesen, daß der Kläger nicht krank gewesen sei.
II.
Die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts, dem Kläger sei hinsichtlich der Vorgänge vom 8./9. Oktober 1987 schon deshalb kein Vorwurf zu machen, weil er sich im Rahmen der Bestimmungen des Lohnfortzahlungsgesetzes gehalten habe, halten der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
1.a) Nach § 1 Abs. 2 KSchG ist die Kündigung u. a. sozial ungerechtfertigt, wenn sie nicht durch Gründe, die in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, bedingt ist. Die unverzügliche Anzeige der Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer durch den Arbeiter nach § 3 LFZG stellt eine arbeitsvertragliche Nebenpflicht dar. Ein Verstoß gegen diese Pflicht ist jedenfalls nach vorheriger Abmahnung geeignet, eine ordentliche Kündigung sozial zu rechtfertigen (vgl. BAG Urteil vom 7. Dezember 1988 - 7 AZR 122/88 - n. v.; Bleistein, HzA LFZG, S. 68; KR-Becker, 3. Aufl., § 1 KSchG Rz 273).
b) Gemäß § 3 Satz 1 LFZG ist der Arbeiter verpflichtet, dem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich anzuzeigen und vor Ablauf des dritten Kalendertages nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit eine ärztliche Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer nachzureichen.
Nach § 3 Satz 1 LFZG ist zu unterscheiden zwischen der Anzeige- und der Nachweispflicht. Die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer sind unverzüglich anzuzeigen. Der Begriff „unverzüglich” ist im Sinne des allgemeinen Rechtsverständnisses als „ohne schuldhaftes Zögern” (vgl. Legaldefinition in § 121 BGB) zu verstehen, wobei besondere Vorschriften über Form und Inhalt der Anzeige nicht bestehen, insbesondere verlangt das Gesetz nicht eine Unterrichtung durch den Arbeitnehmer selbst (vgl. Benedyczuk, LohnFG, 10. Aufl., S. 40; Hunold, Krankheit des Arbeitnehmers, 1987, S. 69; Thome, Lohnfortzahlung bei Arbeitsverhinderung, 1987, S. 221; Jäger, Krankheit des Arbeitnehmers, 5. Aufl., § 4 Rz 1, 2, S. 31; Kaiser/Dunkel, Die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, 2. Aufl., § 3 Rz 10; Feichtinger, Krankheit im Arbeitsverhältnis, 1981, S. 81). Die unverzügliche Anzeige soll es dem Arbeitgeber ermöglichen, sich auf das Fehlen des Arbeitnehmers einstellen zu können (so zutreffend Hunold, aa0, S. 65; Bleistein, aa0, S. 58; Feichtinger, aa0, S. 81). Die – spätere – Nachweispflicht steht daher hinter der Anzeigepflicht zurück. Wegen der Auswirkungen auf den Betriebsablauf hat der Arbeitgeber in aller Regel ein größeres Interesse an einer Schnellunterrichtung über die Arbeitsunfähigkeit als einem ärztlichen Nachweis darüber, ob die Behauptungen seines Arbeitnehmers zutreffen (so zutreffend bereits BAG Urteil vom 15. Januar 1986 - 7 AZR 128/83 - AP Nr. 93 zu § 626 BGB, zu 2 b der Gründe).
Es wird daher zu Recht verlangt, es müsse sichergestellt sein, daß der Arbeitgeber jedenfalls am ersten Tage unterrichtet werde, und zwar durch Zugang der Anzeige, so daß das bloße Absenden einer Erklärung nicht genügt (vgl. Bauer/Röder, Krankheit im Arbeitsverhältnis, 1987, S. 52: Briefliche Anzeige in der Regel zu spät; Dötsch/Schnabel/Paulsdorff, LohnFG, 6. Aufl., § 3 Rz 2; Feichtinger, aa0, S. 81; Kehrmann/Pelikan, LohnFG, 2. Aufl., § 3 Rz 2; Lepke, Kündigung bei Krankheit, 7. Aufl., S. 116: In den ersten Arbeitsstunden; Marienhagen, LohnFG, Stand Dezember 1988, § 3 Rz 3; Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 6. Aufl., § 98 VI, S. 646 f.: In den ersten Arbeitsstunden am ersten Tag; Schmatz/Fischwasser, Vergütung des Arbeitnehmers bei Krankheit und Mutterschaft, § 3 LFZG Rz 9).
Daß bei besonderen Fallkonstellationen etwas anderes gelten könnte, bedarf hier keiner Festlegung. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts war dem Kläger eine unverzügliche Meldung vor Arbeitsbeginn nicht nur möglich, der Kläger behauptet auch selbst unter richtiger Erkennung der Rechtslage, entsprechend gehandelt und seine Tochter mit einer Krankmeldung beauftragt zu haben.
Zur Abgabe der Krankmeldung ist ein vorheriger Arztbesuch nicht notwendig. Es ist nämlich in diesem ersten Stadium der Anzeigepflicht nicht erforderlich, daß der Arbeitnehmer die Art der Erkrankung beschreibt (Kehrmann/Pelikan, aa0, Rz 2; Kaiser/Dunkel, aa0, § 3 Rz 13). Das Gesetz trägt dem auch in seiner Formulierung Rechnung. Es verlangt hinsichtlich des Nachweises der voraussichtlichen Dauer der Arbeitsunfähigkeit nicht den Beweis der Richtigkeit der früher erfolgten Anzeige des Arbeitnehmers, sondern fordert eine eigenständige – ärztliche – Bescheinigung der voraussichtlichen Dauer an sich. Wenn aus der Verpflichtung der Anzeige der „voraussichtlichen” Dauer der Arbeitsunfähigkeit gefolgert wird, der Arbeitnehmer könne mit der Anzeige bis zur ärztlichen Diagnose zuwarten, wird der Regelungsgehalt der Vorschrift verkannt. Mit der „Anzeige” verlangt das Gesetz vom Arbeitnehmer nicht eine ärztlich gesicherte Diagnose, sondern eine Selbstdiagnose. Der Arbeitgeber soll sich, da der Nachweis durch Attest ohnehin binnen drei Tagen zu erfolgen hat, darauf einstellen können, ob der Arbeitnehmer demnächst wieder am Arbeitsplatz erscheint oder nicht.
c) Es kann und es muß mangels entsprechender tatsächlicher Feststellungen vorliegend dahingestellt bleiben, ob die Parteien im Arbeitsvertrag oder ob Arbeitgeber und Betriebsrat im Rahmen einer Betriebsvereinbarung, wie die Revision meint, wirksam Art und Inhalt der Anzeigepflicht ausgestaltet haben. Die von der Beklagten zitierte Regelung enthält jedenfalls im Vergleich zu § 3 LFZG keine dem Kläger günstigere Regelung, denn auch unter Zugrundelegung des Vortrages der Beklagten hätte der Kläger „unbedingt so früh wie möglich den zuständigen Vorgesetzten/Betriebsleiter oder das Lohn- bzw. Betriebsbüro, notfalls den Pförtner, verständigen müssen”.
2. Eine Kündigung scheitert vorliegend auch nicht an einer fehlenden Abmahnung. Soweit das Arbeitsgericht hinsichtlich des unentschuldigten Fehlens am 21./22. September 1987 festgestellt hat, der Kläger hätte vor einer Kündigung noch eine zweite Abmahnung erwarten können, so treffen diese Erwägungen auf die Kündigung vom 15. Oktober 1987 nicht zu. Der Kläger mußte nach der Kündigung vom 2. Oktober 1987 davon ausgehen, er gefährde bei einer weiteren verspäteten Anzeige der Krankmeldung den Bestand des Arbeitsverhältnisses.
Der Senat hat in der Entscheidung vom 10. November 1988 (- 2 AZR 215/88 - EzA § 611 BGB Abmahnung Nr. 18) ausgeführt, im individualrechtlichen Bereich fordere der Arbeitgeber mit der Abmahnung in kündigungsrechtlicher Hinsicht für die Zukunft vertragsgerechtes Verhalten und stelle für den Fall weiterer Vertragsverletzungen individualrechtlich Konsequenzen in Aussicht (Warnfunktion). Durch das Erfordernis einer Abmahnung vor Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung soll der mögliche Einwand des Arbeitnehmers ausgeräumt werden, er habe die Pflichtwidrigkeit seines Verhaltens nicht gekannt oder jedenfalls nicht damit rechnen müssen, der Arbeitgeber sehe dieses Verhalten als so schwerwiegend an, daß er zu kündigungsrechtlichen Konsequenzen greifen werde (BAG Urteil vom 18. November 1986 - 7 AZR 674/84 - AP Nr. 17 zu § 1 KSchG 1969 Verhaltensbedingte Kündigung). Die Funktion der Abmahnung erfüllt eine vorhergehende Kündigung jedenfalls dann, wenn die Tatsachen, auf die die Kündigung gestützt wird, feststehen und die Kündigung aus anderen Erwägungen als sozialwidrig erachtet wird (vgl. BAG Urteil vom 7. September 1988 - 5 AZR 625/87 - EzA § 611 BGB Abmahnung Nr. 17). Da die Beklagte im vorliegenden Fall wegen einer angeblich nicht richtigen Krankmeldung am 21./22. September 1987 gekündigt hat, ist jedenfalls durch die darauffolgende Kündigung dem Kläger deutlich geworden, im Falle einer nicht ordnungsgemäßen Anzeige setze er den Bestand seines Arbeitsverhältnisses aufs Spiel.
Der Kläger war somit durch die Kündigung vom 2. Oktober 1987, die u. a. auf eine Verletzung der Anzeigepflicht nach § 3 LFZG gestützt war, ausreichend gewarnt. Er konnte erkennen, daß die Beklagte ein weiteres Fehlverhalten in dieser Hinsicht nicht hinnehmen werde.
3. Das Landesarbeitsgericht wird daher zu prüfen haben, ob der substantiierte Vortag des Klägers, er habe sich am 8. Oktober 1987 durch seine Tochter entschuldigen lassen, unzutreffend ist und ob dieser Verstoß unter Abwägung der Interessen des Klägers am Bestand des Arbeitsverhältnisses und derjenigen des Arbeitgebers am ungestörten Betriebsablauf zur Kündigung genügt. Stellt sich zur Überzeugung des Landesarbeitsgerichts heraus, daß die Tochter des Klägers in der Firma nicht angerufen hat, so hat der Kläger seine Anzeigepflicht gemäß § 3 LFZG verletzt. Da die Beklagte die Beweiswürdigung des Arbeitsgerichts mit der Behauptung angreift, sie habe unmittelbar nach der entsprechenden Behauptung des Klägers eine Befragung innerhalb des Betriebes durchgeführt und kein in Frage kommender Mitarbeiter habe ein Telefonat bestätigt, insbesondere mache der Pförtner sich immer Notizen von Gesprächen, wird das Landesarbeitsgericht die Beweisaufnahme erneut durchzuführen haben.
Unterschriften
Triebfürst, Bitter, Dr. Ascheid, Dr. Bächle, Thieß
Fundstellen
Haufe-Index 60173 |
BB 1990, 559 |
BB 1990, 559-560 (LT1-3) |
DB 1990, 790 (LT1-3) |
SteuerBriefe 1990, 310-311 (KT) |
AiB 1990, 361-362 (LT1-2,ST1) |
BetrVG KSchG § 1, EnnR (14) (LT1-3) |
ARST 1990, 65-66 (LT1-3) |
EEK II/185, (LT3, ST1-3) |
EWiR 1990, 399 (L1-3) |
NZA 1990, 433-434 (LT1-3) |
RdA 1990, 124 |
RzK, I 5i 51 (LT1-3) |
USK, 8974 (ST1-3) |
WzS 1992, 757 (L) |
ZAP, EN-Nr. 345/90 (S) |
ZTR 1990, 213-214 (LT1-3) |
AP KSchG 1969 § 1, Nr. 23 Verhaltensbedingte Kündigung (LT1-3) |
Arbeitgeber 1990, 967 (LT1-3) |
AuA 1991, 25-26 (LT1-3) |
EzA KSchG § 1, Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 27 (LT1-3) |
EzBAT BAT § 53, Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 21 (LT1-3) |
VR 1990, 328 (K) |