Leitsatz
Die Umwandlung von Barlohn in Sachlohn setzt voraus, dass der Arbeitnehmer unter Änderung des Anstellungsvertrags auf einen Teil seines Barlohns verzichtet und ihm der Arbeitgeber stattdessen Sachlohn gewährt. Ob ein Anspruch auf Barlohn oder Sachlohn besteht, ist auf den Zeitpunkt bezogen zu entscheiden, zu dem der Arbeitnehmer über seinen Lohnanspruch verfügt.
Normenkette
§ 8, § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG
Sachverhalt
Die Klägerin betrieb in den Streitjahren 1997 bis 1999 mehrere Möbelhäuser. Die Arbeitnehmer hatten einen (tariflichen) Anspruch auf Urlaubsgeld i.H.v. rd. 1 800 DM pro Jahr.
1996 hatten die Klägerin und der Betriebsrat vereinbart, dass das jeweilige Urlaubsgeld von den Arbeitnehmern wahlweise ganz oder teilweise als Warengutschrift in Anspruch genommen werden konnte. Entschied sich ein Mitarbeiter dafür, erhielt er anstelle der Geldzahlung eine Warengutschrift über den betreffenden Betrag. Die Gutschrift konnte bis zum jeweiligen Jahresende in allen Filialen der Klägerin eingelöst werden; eine Barauszahlung war dann nicht möglich. Die Klägerin nahm bei den Lohnbesteuerungen für die Gutschriften den Rabattfreibetrag (§ 8 Abs. 3 EStG) in Anspruch.
Das FA beanstandete diese Sachbehandlung. Nach seiner Auffassung gehörten die geldwerten Vorteile aus den aufgrund der Gutschriften überlassenen Sachleistungen in voller Höhe zum steuerpflichtigen Arbeitslohn. Die hiergegen erhobene Klage blieb erfolglos (Haufe-Index 1338697, EFG 2005, 858).
Entscheidung
Der BFH wies die Revision der Klägerin zurück. Die Steuerbefreiung des § 8 Abs. 3 EStG finde nicht auf das nach Wahl der Arbeitnehmer in Form eines Warengutscheins ausgezahlte Urlaubsgeld Anwendung. Denn das in dieser Form zugewandte Urlaubsgeld sei – wie in den Hinweisen ausgeführt – als Barlohn zu behandeln. Im Streitfall sei der Anspruch des jeweiligen Arbeitnehmers nicht originär auf Sachlohn gerichtet gewesen. Vielmehr liege eine Verwendung des auf Geld gerichteten Lohnanspruchs vor.
Hinweis
1. Arbeitnehmern wird häufig angeboten, sich ihr Urlaubsgeld ganz oder teilweise in Form von Warengutscheinen auszahlen zu lassen. Auf diese Weise soll die für Waren (oder Dienstleistungen) geltende Sonderbewertung des § 8 Abs. 3 EStG bzw. der Rabattfreibetrag (S. 2 der genannten Vorschrift) zur Anwendung gelangen. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob eine wirksame Gehaltsumwandlung oder lediglich eine Lohnverwendungsabrede vorliegt.
2. Eine Gehaltsumwandlung liegt nicht schon vor bei einem schlichten Austausch bestimmter Bestandteile der Gesamtvergütung eines Arbeitnehmers. Vielmehr setzt sie eine Änderung der arbeitsrechtlichen Vergütungsabrede voraus. Inhalt der Vereinbarung ist regelmäßig die Herabsetzung der bisher vereinbarten Bezüge und – im zeitlichen Zusammenhang damit – die Vereinbarung einer anderweitigen Leistung des Arbeitgebers. Ebenso kann unter Verzicht auf eine anstehende Anhebung der Bezüge eine anderweitige Leistung vereinbart werden.
3. Die Unterscheidung zwischen Gehaltsumwandlung und (bloßer) Lohnverwendungsabrede bereitet – wie auch der Streitfall zeigt – häufig Schwierigkeiten. Der Unterschied besteht darin, dass die Lohnverwendungsabrede nicht die Vergütung, sondern nur die Art ihrer Auszahlung modifiziert. Bei der Gehaltsumwandlung ist infolge der arbeitsvertraglichen Herabsetzung des auszahlbaren Gehalts der künftige Gehaltsanspruch im Umfang des Minderungsbetrags endgültig untergegangen. Der umgewandelte Gehaltsanteil kann – da nicht mehr existent – nicht mehr "verwendet" werden. An die Stelle des Barlohnanspruchs tritt ein neuer Anspruch, den der Arbeitgeber als eigenständigen zu erfüllen hat (zum Erfordernis der rechtzeitigen Änderung der Vergütungsabrede vgl. auch BFH, Urteil vom 27.04.2001, VI R 2/98, BFH/PR 2001, 367).
4. Von diesen Grundsätzen ausgehend hat der BFH auch in der Besprechungsentscheidung betont, dass die Umwandlung von Bar- in Sachlohn voraussetzt, dass der Arbeitnehmer unter Änderung des Anstellungsvertrags auf einen Teil seines Barlohns verzichtet und ihm der Arbeitgeber stattdessen Sachlohn z.B. in Form eines Nutzungsvorteils oder Warenbezugsscheins gewährt. Dabei ist die Frage, ob ein Anspruch auf Barlohn oder Sachlohn besteht, auf den Zeitpunkt bezogen zu entscheiden, zu dem der Arbeitnehmer über seinen Lohnanspruch verfügt. Die Fiktion des § 263 Abs. 2 BGB lässt den Barlohnanspruch nicht nachträglich entfallen.
5. Im Streitfall stand den Arbeitnehmern nach einer Betriebsvereinbarung ein Wahlrecht zu, nach dem sie den tariflichen Urlaubsanspruch gegen einen bei der Klägerin einzulösenden Warengutschein austauschen konnten. Die Betriebsvereinbarung, die den Arbeitnehmern das Recht einräumte, zwischen Urlaubsgeld und Warengutschein zu wählen, ersetzte nicht von vornherein den Anspruch auf Urlaubsgeld durch einen solchen auf einen Warengutschein. Nach den tatsächlichen Feststellungen des FG ließ die Betriebsvereinbarung den Anspruch der Arbeitnehmer auf Barentlohnung unberührt. Es blieb vielmehr der E...