Dipl.-Finw. (FH) Helmut Lehr
Leitsatz
Eine gesonderte und einheitliche Feststellung für Umsatzsteuerzwecke ist auch dann zulässig, wenn nur bei zwei Mitgliedern der Bauherrengemeinschaft Vorsteuerbeträge abziehbar sind und zahlenmäßig nur geringfügige Beträge aus an die Gemeinschaft adressierten Rechnungen angefallen sind.
Sachverhalt
Eine KG war im Streitzeitraum auf dem Gebiet der Sanierung und des anschließenden Verkaufs älterer Gebäude geschäftlich tätig. Sie schloss mit dem Eigentümer eines sanierungsbedürftigen Hausgrundstücks eine Kaufoption, die der KG das Recht gewährte, das Grundstück bzw. Miteigentumsanteile durch von ihr zu bestimmende Personen erwerben zu lassen. Die KG konnte sich auch selbst als Käufer benennen. Sodann wurden für den Erwerb und die Sanierung Kaufinteressenten gesucht und gefunden. Jeder von ihnen beteiligte sich an dem Projekt, indem er jeweils mehrere Verträge, die jedoch bei allen Erwerbern weitgehend inhaltsgleich waren, mit verschiedenen Personen und Firmen abschloss. Gemäß einem geschlossenen Gesellschaftsvertrag sollte zwischen den einzelnen Erwerbern eine reine Innengesellschaft namens "Sanierungsgesellschaft GbR Y, X-Straße" bestehen. Zweck der Gesellschaft war die Sanierung der Altbausubstanz und die Schaffung von Wohnungs- und Teileigentumsrechten auf dem Grundstück. Die Gesellschaft sollte mit Fertigstellung des Bauvorhabens beendet werden. Der Kläger stieß erst später zur Bauherrengemeinschaft hinzu und erwarb die Einheit 11 in dem Objekt (Gaststätte). Eine an ihn persönlich adressierte Rechnung wies einen Vorsteuerbetrag von rund 42.000 DM aus. Das Finanzamt stellte die Vorsteuerbeträge für das Sanierungsobjekt gesondert und einheitlich fest und ließ dabei die an den Kläger adressierte Rechnung außen vor, weil sie u.a. den Leistungszeitpunkt nicht enthielt und auch der Absender offenbar nicht klar bezeichnet war. Der Kläger argumentierte später, dass die gesonderte Feststellung bereits dem Grunde nach unzulässig gewesen sei, weil in dem Bescheid zu 99,68 % Vorsteuerbeträge einbezogen worden sind, die alleine auf ihn entfielen und nicht auf die "Bauherrengemeinschaft". Auch habe zwischen ihm und der feststellungsbeteiligten KG gar keine vertragliche Vereinbarung betreffend ein Gesamtobjekt bestanden. Die KG sei vielmehr Verkäuferin der Eigentumseinheiten gewesen und habe nie der Bauherrengemeinschaft angehört.
Entscheidung
Das Finanzgericht hat das Vorliegen der Voraussetzungen für eine gesonderte und einheitliche Feststellung für Umsatzsteuerzwecke bejaht. Das zu sanierende Gebäudegrundstück stellt ein Gesamtobjekt dar und ist mehreren Erwerbern getrennt zuzurechnen, denn diese erwarben jeweils Wohn- bzw. Teileigentum. Auch haben die Mitglieder der Sanierungsgemeinschaft gleichartige Rechtsbeziehungen zu Dritten unterhalten (insbesondere Treuhänder, Generalunternehmer, Architekt, Initiator der Kapitalanlage). Die jeweils abgeschlossenen Verträge unterscheiden sich im Bezug auf die jeweiligen Erwerber inhaltlich nicht, sie sind also gleichartig. Zudem empfingen die Erwerber jeweils Eingangsumsätze (insbesondere Bauleistungen) und erbrachten Ausgangsumsätze (Vermietungs- oder Verpachtungsleistungen) im Sinne des § 1 Abs. 2 VO. Dass die KG als am Gesamtobjekt beteiligte Person wohl nicht Gesellschafterin der Bauherrengemeinschaft war, ist insoweit unschädlich. Die Regelung des Verordnungsgebers erstreckt sich auch auf sonstige gesellschaftsähnliche Gemeinschaftsvorhaben, bei denen weder ein Gesellschaftsvertrag noch ein bürgerlich-rechtliches Gemeinschaftsverhältnis vorliegt. Die gesonderte und einheitliche Feststellung für Umsatzsteuerzwecke war deshalb zulässig.
Die (insbesondere) streitbefangene Rechnung berechtigte bereits deshalb nicht zum Vorsteuerabzug, weil sie keinen Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung ausweist. Außerdem ist der Lieferant des Grundstücks, nämlich die KG, offenbar nicht eindeutig bezeichnet.
Hinweis
Nach § 180 Abs. 2 AO i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 2 VO können Besteuerungsgrundlagen ganz oder teilweise gesondert festgestellt werden, wenn der Einkunftserzielung dienende Wirtschaftsgüter, Anlagen oder Einrichtungen mehreren Personen getrennt zuzurechnen sind, die bei der Planung, Herstellung, Erhaltung oder dem Erwerb dieser Wirtschaftsgüter, Anlagen oder Einrichtungen gleichartige Rechtsbeziehungen zu Dritten hergestellt oder unterhalten haben (Gesamtobjekt). Dies gilt für die Umsatzsteuer jedoch nur, wenn mehrere Unternehmer im Rahmen eines Gesamtobjekts Umsätze ausführen oder empfangen (§ 1 Abs. 2 VO). Nach § 4 VO entscheidet die Finanzbehörde nach pflichtgemäßem Ermessen, ob und in welchem Umfang sie ein Feststellungsverfahren durchführt. Nach der Entstehungsgeschichte und Sinn und Zweck des § 1 Abs. 2 VO soll es zu einer gesonderten und einheitlichen Feststellung kommen, wenn dadurch in Bezug auf den Vorsteuerabzug eine einheitliche Rechtsanwendung bei gleichen Sachverhalten sichergestellt und das Besteuerungsverfahren erleichtert werden kann. Diese Voraussetzungen ...