Entscheidungsstichwort (Thema)
Gründungszuschuss: Entscheidung über einen Folge-Gründungszuschuss. Tragfähigkeit der Existenzgründung. Prognose. Hohe Betriebsausgaben
Leitsatz (amtlich)
Die Tragfähigkeit einer Existenzgründung ist auch für die so genannte zweite Phase der Gewährung von Gründungszuschuss Tatbestandsvoraussetzung und nicht Ermessensgesichtspunkt.
Normenkette
SGB III § 93 Abs. 2 S. 1 Nr. 2, § 94 Abs. 2, § 422 Abs. 2
Tenor
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 26. August 2014 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten wegen der Weitergewährung von Gründungszuschuss (GZ) für die so genannte zweite Phase (Folge-GZ).
Die 1977 geborene Klägerin hatte von 2007 bis 2009 selbständig gearbeitet im Rahmen der Gestaltung von Modezeitschriften. Des Weiteren war sie in verschiedenen abhängigen Beschäftigungsverhältnissen als Redakteurin vor allem in Sachen Mode tätig. An Ausbildungen hatte sie ein Studium im Fach Modejournalismus/ Medienmarketing absolviert sowie eine Journalistenschule besucht. 2010 nahm die Klägerin eine bis 31.10.2011 befristete Beschäftigung bei einem Verlag als Modejournalistin auf. Angesichts des nahenden Ablaufs dieses Beschäftigungsverhältnisses begann sie im August 2011, Vorbereitungen für eine selbständige Tätigkeit zu treffen, die sich an die abhängige Beschäftigung anschließen sollte. Für die ersten drei Wochen im Monat November 2011 meldete sich die Klägerin arbeitslos und bezog Arbeitslosengeld.
Ebenfalls im November 2011 beantragte die Klägerin erstmals die Bewilligung eines GZ. Sie bezeichnete sich dabei als Creative Producer bzw. Fotoproduzentin. Im Dialog mit Kunden, so die Klägerin, würden Konzepte für Fotografie, Event und Print realisiert. Im Zusammenhang damit legte sie folgende Kalkulationen vor:
- Kostenplanung: Als Kosten für das erste Geschäftsjahr wurden 7.010 EUR eingeplant, für das zweite und dritte jeweils 6.820 EUR.
- Umsatzplanung: Für das erste Geschäftsjahr wurden 16.200 EUR an Umsätzen prognostiziert, für das zweite 21.000 EUR und für das dritte 23.600 EUR.
- In einer Rentabilitätsvorschau errechnete die Klägerin die Betriebsergebnisse (= Gewinne) dadurch, dass sie die für die drei Geschäftsjahre prognostizierten Kosten laut Kostenplan von den vorhergesagten Umsätzen subtrahierte.
- In einem Kapitalbedarfsplan und einem Finanzierungsplan stellte sie den Kapitalbedarf (einschließlich Kosten der privaten Lebensführung) mit 10.320 EUR dar. Sie gab an, ihr eigenes Guthaben in Höhe von 12.000 EUR dafür einsetzen zu wollen und kam so zum Ergebnis, sie sei in der Lage, ihren Kapitalbedarf zu decken.
Mit Bescheid vom 24.01.2012 bewilligte die Beklagte GZ für den Zeitraum 24.11.2011 bis 23.08.2012 in Höhe von monatlich 1.595,10 EUR.
Am 05.07.2012 beantragte die Klägerin einen Folge-GZ. Sie teilte in diesem Zusammenhang mit, im ersten Halbjahr 2012 habe sie einen Umsatz von ca. 6.000 EUR erzielt. Dem stünden Aufwendungen in Höhe von insgesamt 3.000 EUR gegenüber.
Mit Bescheid vom 19.07.2012 lehnte die Beklagte die Gewährung des Folge-GZ ab. Zur Begründung führte sie aus, um die Tragfähigkeit des Unternehmens bejahen zu können, werde vorausgesetzt, dass während der ersten Phase pro Monat ein Gewinn von mindestens 950 EUR erzielt worden sei. Dies erfülle die Klägerin nicht.
Am 12.08.2012 legte die Klägerin Widerspruch ein. Sie äußerte, sie selbst halte ihr Unternehmen durchaus für tragfähig. Bis zum heutigen Tag (Ende Juli 2012) habe sie 9.500 EUR Umsatz erzielt (ohne Mehrwertsteuer). Das entspreche einem Umsatz von 1.357 EUR pro Monat für den Zeitraum Januar bis Juli 2012. Sie trug vor, sie habe in den ersten sieben Monaten des Jahres 2012 einen Gewinn von 6.500 EUR erwirtschaftet. Den in der Rentabilitätsvorschau für das erste Geschäftsjahr prognostizierten Umsatz von 16.200 EUR werde sie auch erreichen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 06.11.2012 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. In der Begründung machte sie darauf aufmerksam, die Weitergewährung des GZ liege im behördlichen Ermessen. Eine Abwägung der Interessen der Klägerin mit denen der Versichertengemeinschaft falle zu Ungunsten der Klägerin aus. Es gehe darum zu erreichen, dass der Folge-GZ tatsächlich nur zur Sicherung der sozialen Absicherung benötigt und eingesetzt werde. Zudem habe sie, die Beklagte, sicherzustellen, dass die verfügbaren Haushaltsmittel ausreichen würden. Im Rahmen der Ermessensausübung fordere die Agentur für Arbeit grundsätzlich, dass aufgrund bisheriger Umsatzentwicklung und der weiteren unternehmerischen Tätigkeit von einer durchschnittlichen Gewinnerwartung von 950 EUR monatlich ausgegangen werden könne. Nach den Angaben der Klägerin im Widerspruch habe der durchschnittliche monatliche Gewinn bis Ende Juli jedoch nur 928,57 EUR (ergibt sich aus 6.500 EUR ./. 7 Monate) betragen.
Am 21.11.2012 hat die Klägerin beim Sozialgericht München Klage erhoben. In...