Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialversicherungsrecht: Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status eines GmbH-Geschäftsführers
Leitsatz (amtlich)
Ob ein Geschäftsführer einer GmbH abhängig beschäftigt ist oder nicht, richtet sich nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen.
Eine überlegene Fachkompetenz des Geschäftsführers (Herz und Seele des Betriebs) ist von untergeordneter Bedeutung, wenn der Geschäftsführer keinerlei Rechtsmacht besitzt, Weisungen der Gesellschafter zu verhindern.
Familiäre Beziehungen zum Inhaber der Mehrheitsbeteiligung (Vater des Klägers) können eine tatsächlich bestehende Weisungsabhängigkeit nicht beseitigen. Auf eine subjektive Schönwetter Selbständigkeit kann bei einer Statusfeststellung nicht abgestellt werden.
Bei einer Klage wegen einer Statusfeststellung nach § 7a SGB IV erfolgt eine einheitliche Kostenentscheidung nach § 193 SGG, wenn ein Beteiligter kostenprivilegiert ist und der andere nicht.
Tenor
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 29.Januar 2015 wird zurückgewiesen.
II. Die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob der Kläger zu 1 (künftig Kläger) in seiner Tätigkeit für die Klägerin zu 2 (künftig Klägerin) in der Zeit von 26.11.2013 bis 12.04.2015 wegen abhängiger Beschäftigung in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung sozialversicherungspflichtig war. Strittig ist insbesondere, ob der Kläger als GmbH-Geschäftsführer mit Minderheitsbeteiligung weisungsfrei war, weil er wegen beherrschender Fachkenntnisse und als Sohn des Mehrheitsbeteiligten der Klägerin faktisch weisungsfrei gearbeitet habe.
Der 1980 geborene Kläger hat nach Abschluss der Lehre zum Industrieelektroniker eine Ausbildung zum staatlich geprüften Informatik-Techniker absolviert. Von 2004 bis 2010 studierte er an der Fachhochschule mit Abschluss als Diplom-Informatiker. Ende 2005 gründete er die Einzelfirma E. Datentechnik.
Der Vater des Klägers, J. A., Maurermeister, war Alleingesellschafter der A. GmbH Vermögensverwaltung, gegründet 1988 für Bauvorhaben. Er war Inhaber aller Geschäftsanteile in Höhe von 50.000,- Deutsche Mark.
Mit notariellem Vertrag vom 26.11.2013 vereinbarten der Kläger und sein Vater, beide handelnd in eigenem Namen und für die Firma A. GmbH Vermögensverwaltung die Veräußerung eines Teilgeschäftsanteils von 10.000,- DM an den Kläger zum Preis von 5.112,91 Euro und die Bestellung des Klägers als neuer Geschäftsführer unter Ablösung der bisherigen Geschäftsführerin Frau B.
Vereinbart wurde, dass der Geschäftsführer stets einzelvertretungsberechtigt ist und ermächtigt ist, die Gesellschaft bei Rechtsgeschäften mit sich selbst oder als Vertreter eines Dritten zu vertreten (Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB). Ferner wurde vereinbart, dass das auf Euro umgestellte Stammkapital auf insgesamt 75.000,- Euro erhöht wird. Der Kläger erhielt einen Geschäftsanteil in Höhe von 15.000,- Euro (gleich 20 %), der Vater des Klägers die restlichen 60.000,- Euro. Die neuen Geschäftsanteile sind ab Beginn des bei Handelsregistereintragung der Kapitalerhöhung laufenden Geschäftsjahres gewinnbezugsberechtigt.
Zugleich wurde die Satzung der Gesellschaft insgesamt neu gefasst:
In § 1 erhielt die Klägerin den neuen Namen A. Datentechnik GmbH. § 2 legte als Gegenstand des Unternehmens Telekommunikationsdienstleistungen (Internet), Dienstleistungen im IT- und Internetbereich sowie Handel mit IT- und TK-Produkten fest. In § 5 wurde geregelt, dass Geschäftsführer alleinvertretungsberechtigt sind, wenn nur ein Geschäftsführer bestellt ist und dass ein Geschäftsführer nur aus wichtigem Grund abberufen werden kann. Für die Gesellschafter besteht gemäß § 13 kein Wettbewerbsverbot im Verhältnis zur Gesellschaft. Eine Bestimmung über die Beschlussfassung enthält die Satzung nicht.
Am 11.02.2014 beantragte der 1980 geborene Kläger die Feststellung seines sozialversicherungsrechtlichen Status für seine Tätigkeit für die Klägerin. Beginn der Tätigkeit sei der 26.11.2013 gewesen. Eine Treuhandvereinbarung zur Ausübung von Stimmrechten bestehe nicht. Der Kläger kann nach seinen Angaben mangels vertraglicher Sonderrechte Gesellschafterbeschlüsse weder herbeiführen noch verhindern. Darlehen oder Bürgschaften habe der Kläger nicht übernommen. Für die Führung des Unternehmens verfüge nur er über die erforderlichen einschlägigen Branchenkenntnisse. Zuvor sei er seit 01.10.2005 bis aktuell Inhaber einer Einzelfirma der IT-Branche gewesen. Die regelmäßige Arbeitszeit betrage 40 Wochenstunden. Er unterliege bezüglich Zeit, Ort oder Art der Beschäftigung keinem Weisungsrecht und könne seine Tätigkeit in der Gesellschaft frei bestimmen und gestalten. Die Gestaltung der Tätigkeit sei von den betrieblichen Erfordernissen abhängig. Er könne selbständig Personal einstellen oder entlassen. Urlaub müsse er sich nicht gen...