Entscheidungsstichwort (Thema)
Pflichtteilsrecht
Leitsatz (redaktionell)
In der Geltendmachung des Auskunftsanspruchs liegt noch nicht die Forderung eines Pflichtteilsanspruchs, so dass grundsätzlich eine Pflichtteilsklausel nicht greift.
Normenkette
BGB § 2314
Verfahrensgang
LG Landshut (Beschluss vom 25.07.1990; Aktenzeichen 3 T 960/90) |
AG Landshut (Aktenzeichen VI 1162/89) |
Tenor
I. Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2 gegen den Beschluß des Landgerichts Landshut vom 25. Juli 1990 wird zurückgewiesen.
II. Der Beteiligte zu 2 hat die der Beteiligten zu 1 im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.
III. Der Beschluß des Landgerichts Landshut vom 25. Juli 1990 wird in Nr. II dahin abgeändert, daß die Entscheidung über den Geschäftswert der Beschwerde zurückgestellt wird.
Tatbestand
I.
Die Erblasserin, im 82. Lebensjahr verstorben, hat am 26.6.1968 vor dem Notar mit dem Vater der Beteiligten zu 1, der damals rechtskräftig geschieden war, einen Ehe- und Erbvertrag geschlossen und ihn dann am 11.7.1968 geheiratet. Der notarielle Vertrag lautet unter IV:
1.
Wir setzen uns hiermit gegenseitig zu alleinigen und ausschließlichen Erben ein.
2.
Erbe des Längstlebenden von uns ist unsere Tochter bzw. Stieftochter … (= Bet. zu 1)
3.
Über die Bestimmungen des Pflichtteilsrechts sind wir eingehend unterrichtet.
4.
Bin ich, … (= Ehemann) … der Erstversterbende, und verlangt meine Tochter bei meinem Ableben den Pflichtteil, so entfällt die Erbeinsetzung durch den Längstlebenden und der Längstlebende ist in diesem Fall berechtigt, über das Ererbte und über sein Vermögen frei zu verfügen.
5.
Weitere Bestimmungen wollen wir heute nicht treffen.
Der Ehemann der Erblasserin ist am 24.7.1974 verstorben. Die Erblasserin hat am 12.8.1974 vor dem Nachlaßgericht die Erbschaft angenommen. Die Beteiligte zu 1 hat beim Nachlaßgericht ein Nachlaßverzeichnis und eine Inventaraufstellung durch die Erbin mit eidesstattlicher Versicherung „ob seiner Richtigkeit” erbeten und Fristsetzung beantragt. Das Nachlaßgericht hat der Erbin eine Frist zur Errichtung eines Nachlaßinventars gesetzt und, nachdem es eingereicht war, auf Antrag der Beteiligten zu 1 eine Frist zur „Berichtigung bzw. Ergänzung”. Dies hat die Erblasserin abgelehnt. Nachdem die Beteiligte zu 1 das Verfahren des Nachlaßgerichts beanstandet hatte, erklärte sie diesem gegenüber mit Schreiben vom 30.1.1975: „Bitte nehmen Sie zur Kenntnis, daß ich hiermit auf den Anspruch meines gesetzlichen Pflichtteils verzichte”.
In notarieller Urkunde vom 22.1.1978 erklärte die Erblasserin, daß ihre Stieftochter, die Beteiligte zu 1, gegen sie den „Pflichtteilsanspruch erhoben” habe und sie daher über den „Gesamtnachlaß” frei verfügen könne. Sie widerrufe die Erbeinsetzung ihrer Stieftochter und setze ihren Bruder zum alleinigen und ausschließlichen Erben ein. Zu Ersatzerben berief sie dessen Abkömmlinge. Die Erblasserin hat am 24.3.1986 noch ein handschriftliches Testament errichtet, in dem sie ihren Neffen, den Beteiligten zu 2 als ihren Erben eingesetzt hat.
Die beiden Beteiligten haben beim Nachlaßgericht Alleinerbscheine beantragt, die Beteiligte zu 1 einen, der sie, der Beteiligte zu 2 einen, der ihn als Erben ausweist. Das Nachlaßgericht hat am 21.6.1990 beschlossen, daß ein Erbschein bewilligt werde, wonach die Beteiligte zu 1 die Erblasserin allein beerbt habe, falls gegen diesen Beschluß binnen zwei Wochen keine Beschwerde eingelegt werde. Der Beteiligte zu 2 hat dagegen Beschwerde erhoben. Das Landgericht Landshut hat diese durch Beschluß vom 25.7.1990 zurückgewiesen und in Nr. II dieses Beschlusses den „Beschwerdewert” auf 20.000 DM festgesetzt. Dagegen richtet sich die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2.
Entscheidungsgründe
II.
1. Die weitere Beschwerde ist zulässig. Das Nachlaßgericht hat den angekündigten Erbschein noch nicht erteilt, so daß die weitere Beschwerde nicht auf Einziehung des Erbscheins gerichtet sein muß (Bassenge/Herbst FGG/RPflG 5. Aufl. § 84 FGG Anm. I 3 d bb).
2. Das Landgericht hat ausgeführt: Die Erblasserin sei von der im Erbvertrag festgelegten Bindung hinsichtlich ihrer Testierfreiheit nicht frei geworden. Nach den bisherigen Ermittlungen sei davon auszugehen, daß die Beteiligte zu 1 nach dem Tode ihres Vaters den Pflichtteilsanspruch nicht geltend gemacht habe. Dafür spreche zusätzlich die gegenüber dem Nachlaßgericht abgegebene Erklärung, den Pflichtteil nicht geltend machen zu wollen. Es handle sich zwar nicht um einen wirksamen Pflichtteilsverzicht, da bereits die Form nicht gewahrt werde. Dies sei jedoch ein Hinweis darauf, daß der Pflichtteil auch nicht geltend gemacht wurde. Allein in der Geltendmachung des Auskunftsanspruchs könne dies nicht gesehen werden. Die Beteiligte zu 1 mußte Gelegenheit haben zu überprüfen, ob sie ihren Pflichtteilsanspruch geltend machen oder ihre Erbenstellung bewahren sollte. Dies habe sie sinnvollerweise nur nach Kenntnis des Nachlaßinventars gekonnt. Der „Beschwerdewert” sei entsprechend dem Interesse a...