Entscheidungsstichwort (Thema)
Gemeinschaftliches Testament
Leitsatz (redaktionell)
Eine letztwillige Verfügung von Ehegatten, die ein wirksames gemeinschaftliches Testament darstellt, ist grundsätzlich geeignet einen vorhergehenden Erbvertrag der Ehegatten aufzuheben.
Normenkette
BGB §§ 2258, 2290, 2292
Verfahrensgang
LG Regensburg (Beschluss vom 14.11.1990; Aktenzeichen 5 T 252/90) |
AG Regensburg (Aktenzeichen VI 1107/89) |
Tenor
I. Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen den Beschluß des Landgerichts Regensburg vom 14. November 1990 wird zurückgewiesen.
II. Der Beteiligte zu 1 hat die dem Beteiligten zu 2 durch die weitere Beschwerde erwachsenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
III. Der Geschäftswert der weiteren Beschwerde wird auf 340.000 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Erblasserin ist verstorben, ohne Abkömmlinge zu hinterlassen. Sie hatte fünf Geschwister. Von diesen sind vier vor ihr verstorben. Diese haben Abkömmlinge hinterlassen, darunter die beiden Beteiligten, die von verschiedenen Geschwistern abstammen. Die Mutter des Beteiligten zu 1, die Tochter einer Schwester der Erblasserin, lebt noch. Der Vater des Beteiligten zu 2, Sohn eines Bruders der Erblasserin, ist verstorben. Der Beteiligte zu 2 hat vier Geschwister.
Die Erblasserin hat mit ihrem Ehemann am 18.2.1970 vor dem Notar einen Erbvertrag abgeschlossen. Sie haben sich darin „gegenseitig zu alleinigen und unbeschränkten Erben” ihres „ganzen dereinstigen Nachlasses” eingesetzt und die gegenseitige Erbeinsetzung beiderseits angenommen. Sie haben weiter verfügt:
Der Längstlebende von uns bestimmt weiter mit einseitig testamentarischer Wirkung:
Alleiniger Erbe des Längstlebenden von uns soll der Sohn einer Nichte der Ehefrau nämlich … (Beteiligter zu 1), etwa 13 Jahre alt, sein. Ersatzerben sollen dessen Abkömmlinge oder, wenn keine vorhanden, dessen Geschwister sein.
Es wird ausdrücklich festgestellt, daß der Längstlebende von uns noch anderweitig auch von Todes wegen über den gesamten beiderseitigen Nachlaß verfügen kann.
Der Ehemann der Erblasserin hat im Jahre 1978 handschriftlich verfaßt und unterzeichnet:
Testament
auf Gegenseitigkeit
Wir Eheleute …
bestimmen für den Fall unseres Ablebens, setzen wir uns gegenseitig als Erben, unseren derzeitigen Nachlaßes ein.
Der Überlebende von uns ist berechtigt frei und unbeschränkt über den Nachlaß zu verfügen.
Es folgt die Unterschrift der Erblasserin und der von ihr geschriebene Zusatz:
Das vorstehende Testament meines Mannes, soll auch als mein Testament gelten.
Der Ehemann der Erblasserin verstarb am 14.3.1989, die Erblasserin am 20.5.1989. Der Beteiligte zu 1 beantragte beim Nachlaßgericht einen Alleinerbschein. Der Beteiligte zu 2, der sich darauf beruft. Miterbe kraft Gesetzes zu sein, ist dem Antrag entgegengetreten. Das Nachlaßgericht hat nach Beweisaufnahme den Erbscheinsantrag des Beteiligten zu 1 zurückgewiesen und die gesetzlichen Erben ermittelt. Der Beteiligte zu 1 hat gegen den Beschluß Beschwerde eingelegt. Das Landgericht hat den Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 2 zur Stellungnahme und Mitteilung aufgefordert, ob er auch die anderen bei gesetzlicher Erbfolge als weitere Miterben in Betracht kommenden Beteiligten vertrete. Der Verfahrensbevollmächtigte hat daraufhin erklärt, daß er nur den Beteiligten zu 2 vertrete.
Mit Beschluß vom 14.11.1990 hat das Landgericht die Beschwerde zurückgewiesen und angeordnet, daß der Beteiligte zu 1 die dem Beteiligten zu 2 im Beschwerdeverfahren erwachsenen Kosten zu erstatten habe. Den Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren hat das Landgericht am 11.12.1990 auf 342.319 DM festgesetzt. Gegen den Beschluß vom 14.11.1990 hat der Beteiligte zu 1 weitere Beschwerde mit dem Antrag eingelegt, den angefochtenen Beschluß und den des Nachlaßgerichts aufzuheben sowie zu bezeugen, daß die Erblasserin von dem Beteiligten zu 1 beerbt worden sei. Der Beteiligte zu 2 hat beantragt, die weitere Beschwerde zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II.
1. Die weitere Beschwerde ist zulässig. Dies wird nicht dadurch in Frage gestellt, daß der Beteiligte zu 1 beim Rechtsbeschwerdegericht beantragt, die von ihm in Anspruch genommene Erbfolge zu bezeugen, obwohl der Senat nur das allein zuständige Nachlaßgericht zur Erteilung des beantragten Erbscheins anweisen könnte (Palandt/Edenhofer BGB 50. Aufl. § 2353 Rn. 1); denn der Antrag ist dahin auszulegen.
2. Das Landgericht hat ausgeführt: Der Beteiligte zu 1 sei zwar zunächst wirksam als Erbe des Letztversterbenden eingesetzt worden; diese Erbeinsetzung sei jedoch durch das gemeinschaftliche Testament vom 25.10.1978 beseitigt worden. Diese letztwillige Verfügung der Ehegatten stelle ein wirksames gemeinschaftliches Testament dar, das geeignet sei, den Erbvertrag der Ehegatten aufzuheben. Damit sei „nach Überzeugung der Kammer” jedenfalls die Schlußerbeneinsetzung im Erbvertrag aufgehoben. Dies habe im Wege des Widerrufs oder durch widersprechende letztwillige Verfügung bewirkt werden können. Ein Widerruf würde voraus...