Entscheidungsstichwort (Thema)
Handelsregistersache. Zwangsgeldfestsetzung
Leitsatz (amtlich)
Ist ein Jahresabschluß tatsächlich aufgestellt und offengelegt worden, kommt auch im Falle seiner Nichtigkeit die Festsetzung eines Zwangsgelds gemäß § 335 HGB nicht in Betracht. Offenbleibt, ob dies auch nach einer gerichtlichen Feststellung der Nichtigkeit gemäß § 256 Abs. 7 AktG gilt.
Normenkette
AktG § 256; FGG § 132; HGB §§ 325, 333
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 24.02.2000; Aktenzeichen 17 HK T 2067/00) |
AG München |
Tenor
I. Die weitere Beschwerde gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 24. Februar 2000 wird zurückgewiesen.
II. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 10.000,– DM festgesetzt.
Gründe
I.
Der Beteiligte beantragte mit Schreiben vom 13.10.1999 als Aktionär der betroffenen Gesellschaft, die Mitglieder des Vorstands der Gesellschaft durch Festsetzung von Zwangsgeld gemäß § 335 HGB anzuhalten, die Jahresabschlüsse der Gesellschaft für das Geschäftsjahr 1998 und einer weiteren Aktiengesellschaft, die 1998 als übertragender Rechtsträger mit der Gesellschaft verschmolzen worden war, für das Geschäftsjahr 1997 einzureichen. Zur Begründung trug er vor, die dem Registergericht übermittelten Jahresabschlüsse seien nichtig. Der Vorstand habe damit seiner Publizitätspflicht gemäß § 325 HGB nicht genügt.
Mit Beschluß vom 14.12.1999 wies das Registergericht den Antrag zurück. Die Beschwerde des Beteiligten blieb erfolglos. Gegen den Beschluß des Landgerichts vom 24.2.2000 wendet sich die weitere Beschwerde des Beteiligten.
II.
Die zulässige Rechtsbeschwerde ist nicht begründet.
1. Das Landgericht hat ausgeführt, die verfahrensgegenständlichen Jahresabschlüsse seien entsprechend den gesetzlichen Vorschriften eingereicht worden. Die Prüfung der Unterlagen durch das Registergericht gemäß § 329 HGB sei rein formal und erstrecke sich nicht einmal auf offensichtliche Nichtigkeitsgründe.
2. Dies hält der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO) stand.
a) Ein registergerichtliches Einschreiten gemäß § 335 Nr. 6 HGB – anwendbar ist die bis 8.3.2000 geltende Fassung, Art. 48 Abs. 1 Satz 3 EGHGB – kommt nicht in Betracht. Danach sind Mitglieder des vertretungsberechtigten Organs einer Kapitalgesellschaft, die § 325 HGB über die Pflicht zur Offenlegung des Jahresabschlusses nicht befolgen, vom Registergericht durch Festsetzung von Zwangsgeld nach § 132 Abs. 1 FGG zur Offenlegung anzuhalten.
Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen hier jedoch nicht vor, da die betroffenen Gesellschaften für die fraglichen Geschäftsjahre Jahresabschlüsse zum Handelsregister eingereicht haben. Damit ist die Pflicht zur Offenlegung hinreichend erfüllt, selbst wenn die Jahresabschlüsse gemäß § 256 AktG nichtig sein sollten.
Dies ergibt sich aus der gesetzlichen Regelung der Prüfungspflicht des Registergerichts. Gemäß § 329 Abs. 1 HGB hat sich diese auf die Vollständigkeit und Vollzähligkeit der Unterlagen zu beschränken (Adler/Düring/Schmaltz Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen 6. Aufl. § 329 HGB Rn. 8; Baumbach/Hopt HGB 29. Aufl. § 329 Rn. 1; Claussen/Korth in KK-AktG 2. Aufl. § 329 HGB Rn. 2; Ellrott/Spremann in Beck Bil-Komm. 4. Aufl. § 329 HGB Rn. 5; Heymann/Herrmann HGB 2. Aufl. § 329 Rn. 3; Koller/Roth/Morck HGB 3. Aufl. § 329 Rn. 1; Lutter/Hommelhoff GmbHG 15. Aufl. Anh. § 42a Rn. 32; Scholz/Crezelius GmbHG 9. Aufl. Anh. § 42a Rn. 270). Auch die durch § 329 Abs. 2 HGB eröffnete Prüfungsmöglichkeit bezieht sich nur auf die Vollständigkeit der Unterlagen, nicht auf deren inhaltliche Richtigkeit (Baumbach/Hopt aaO). Die Entstehungsgeschichte der Vorschrift bestätigt das aus dem Wortlaut gewonnene Ergebnis. Im Gegensatz zum früheren Recht (vgl. § 177 Abs. 3 AktG a.F.) wurde bewußt darauf verzichtet, eine – offensichtliche – Nichtigkeit des Jahresabschlusses vom Registergericht prüfen zu lassen (vgl. BT-Drucks. 10/317 S. 99). Damit ergibt sich auch eine sinnvolle systematische Abgrenzung zwischen § 335 HGB einerseits und den übrigen Vorschriften dieses Unterabschnitts (§§ 331 ff. HGB) andererseits. Mit der Festsetzung von Zwangsgeld wird stets nur die formelle Erfüllung bestimmter Pflichten durchgesetzt, während die Nichteinhaltung der materiellen Einzelpflichten, etwa bei der Aufstellung des Jahresabschlusses die Beachtung der Ansatzvorschriften, als Ordnungswidrigkeiten und in schwerwiegenden Fällen als Straftaten verfolgt werden (Budde/Hense in Beck Bil-Komm. § 335 HGB Rn. 2).
b) Nichts anderes gilt für § 335 Nr. 1 HGB. Danach kann die Pflicht zur Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht mit Zwangsgeld durchgesetzt werden. Auch dies kommt im vorliegenden Fall selbst bei einer Nichtigkeit der Jahresabschlüsse nicht in Betracht, da die Pflicht jeweils formell erfüllt worden ist. Für das Zwangsgeldverfahren ist es grundsätzlich ohne Bedeutung, unter welchen Voraussetzungen dann eine erneute Aufstellung des Jahresabschlusses und des Lageberichts erforderlich ist (vgl. etwa Hüffer AktG 4. Au...