Das vereinfachte Ertragswertverfahren wird angewandt zur Ermittlung des gemeinen Werts von
- nicht notierten Anteilen an Kapitalgesellschaften sowie
- Betriebsvermögen und Anteilen daran (z. B. Einzelunternehmen oder Anteile an Personengesellschaften).
Sind branchentypisch ertragswertorientierte Verfahren ausgeschlossen, z. B. wenn Multiplikatoren- oder Substanzwertverfahren zur Anwendung kommen, kann das vereinfachte Ertragswertverfahren nicht angewandt werden.
Beim Ertragswertverfahren wird der zukünftig nachhaltig erzielbare Jahresertrag mit einem Kapitalisierungsfaktor multipliziert. Dabei bietet für die Ermittlung dieses Jahresertrags der in der Vergangenheit tatsächlich erzielte Durchschnittsertrag eine wichtige Beurteilungsgrundlage. Dieser ist regelmäßig aus den Betriebsergebnissen der letzten 3 vor dem Bewertungsstichtag abgelaufenen Wirtschaftsjahre herzuleiten.
Bei der Bewertung ausländischer Unternehmen sind die Regelungen des vereinfachten Ertragswertverfahrens entsprechend, insbesondere hinsichtlich der Ermittlung des nachhaltig erzielbaren Jahresertrags, anzuwenden, wenn dies nicht zu offensichtlich unzutreffenden Ergebnissen führt
Abweichung vom Wert nach Ertragswertverfahren
Der durch das vereinfachte Ertragswertverfahren ermittelte Wert wird vom Finanzamt immer dann zugrunde gelegt, wenn das Ergebnis nicht offensichtlich unzutreffend ist.
Erkenntnisse über eine offensichtlich unzutreffende Wertermittlung zum gemeinen Wert können z. B. in den nachstehenden Fällen hergeleitet werden:
- Es liegen zeitnahe Verkäufe vor, wenn diese nach dem Bewertungsstichtag stattgefunden haben.
- Es liegen Verkäufe vor, die mehr als ein Jahr vor dem Bewertungsstichtag stattgefunden haben.
- Es wurden Erbauseinandersetzungen durchgeführt, bei denen die Verteilung der Erbmasse Rückschlüsse auf den gemeinen Wert zulässt.
Will das Finanzamt von dem durch das vereinfachte Ertragswertverfahren gefundenen Wert abweichen, trägt es die Feststellungslast für die Ermittlung eines abweichenden Werts. Will jedoch der Steuerpflichtige abweichen, trägt dieser die Feststellungslast für die Ermittlung eines abweichenden Werts.
Nach dem BFH, Urteil v. 2.12.2020 hat für die Ermittlung des gemeinen Werts von Anteilen an einer nicht börsennotierten Kapitalgesellschaft allein der Steuerpflichtige die Wahl zwischen einem individuellen Ertragswertverfahren und der Anwendung des vereinfachten Ertragswertverfahrens.
Auch bei ausländischen Unternehmen kann das vereinfachte Ertragswertverfahren angewandt werden. Dies gilt insbesondere zur Ermittlung des nachhaltig erzielbaren Jahresertrags- sofern dies nicht zu einem offensichtlich unzutreffenden Ergebnis führt.
Darüber hinaus kann das vereinfachte Ertragswertverfahren auch bei der Bewertung von ausländischen Kapitalgesellschaften und bei ausländischem Betriebsvermögen genutzt werden.