OFD Frankfurt, Verfügung v. 7.8.2012, S 0184 A - 17 - St 53
Bezug: FinMin Hessen, Erlass vom 4.8.2004, S 0184 A – 17 – II 4a
Durch das Gesetz zur Förderung der Ausbildung und Beschäftigung schwerbehinderter Menschen vom 23.4.2004 (BStBl 2004 I S. 474) ist § 68 Nr. 3 AO neu gefasst worden. Die Neufassung ist grundsätzlich ab dem 1.1.2003 anzuwenden (Art. 97 § 1e Abs. 3 EGAO). § 68 Nr. 3 Buchst. c AO ist auch für vor diesem Zeitraum beginnende Veranlagungszeiträume anzuwenden, soweit Steuerfestsetzungen noch nicht bestandskräftig sind oder unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehen.
Nach der Gesetzesänderung werden die besonders auf die Bedürfnisse behinderter Menschen zugeschnittenen Beschäftigungsmöglichkeiten weitgehend von § 68 Nr. 3 AO erfasst. So ist die im AEAO, Tz. 7 zu § 68 Nr. 3 enthaltene Definition der arbeitstherapeutischen Einrichtungen in § 68 Nr. 3 Buchst. b AO aufgenommen worden. Die Regelung des § 68 Nr. 3 Buchst. c AO ermöglicht es, Integrationsprojekte als Zweckbetriebe i.S. des § 68 AO zu beurteilen.
Integrationsprojekte i.S. des § 132 SGB IX sind rechtlich und wirtschaftlich selbstständige Unternehmen (Integrationsunternehmen) oder unternehmensinterne oder von öffentlichen Arbeitgebern i.S. des § 71 Abs. 3 SGB IX geführte Betriebe (Integrationsbetriebe) oder Abteilungen (Integrationsabteilungen) zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, deren Teilhabe an einer sonstigen Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt aufgrund von Art oder Schwere der Behinderung oder wegen sonstiger Umstände voraussichtlich trotz Ausschöpfens aller Fördermöglichkeiten und des Einsatzes von Integrationsfachdiensten auf besondere Schwierigkeiten stößt.
Eine Schwerbehinderung i.S. des § 132 SGB IX setzt einen Grad der Behinderung von wenigstens 50 % voraus (§ 2 Abs. 2 SGB IX). Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt sind behinderte Menschen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50 %, aber wenigstens 30 %, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz i.S. des § 73 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen). Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt sind auch behinderte Jugendliche und junge Erwachsene während der Zeit einer Berufsausbildung in Betrieben und Dienststellen, auch wenn der Grad der Behinderung weniger als 30 % beträgt oder ein Grad der Behinderung nicht festgestellt ist. Der Nachweis der Behinderung wird durch eine Stellungnahme der Agentur für Arbeit oder durch einen Bescheid über Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erbracht (§ 68 Abs. 4 SGB IX).
Aufgabe der Integrationsprojekte ist es, den schwerbehinderten Menschen Beschäftigung und arbeitsbegleitende Betreuung und soweit erforderlich auch Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung oder Gelegenheit zur Teilnahme an entsprechenden außerbetrieblichen Maßnahmen anzubieten (§ 133 SGB IX).
Während Integrationsprojekte i.S. des § 132 SGB IX jedoch mindestens 25 % und in der Regel nicht mehr als 50 % schwerbehinderte Menschen beschäftigen sollen, bedarf es für die steuerliche Beurteilung als Zweckbetrieb nach § 68 Nr. 3 Buchst. c AO einer Beschäftigungsquote von mindestens 40 % Es ist also durchaus möglich, dass ein Projekt zwar die Anforderungen des § 132 SGB IX erfüllt, nicht jedoch zur Annahme eines Zweckbetriebs i.S. des § 68 Nr. 3 Buchst. c AO führt, weil der Anteil der schwerbehinderten Menschen zwar über 25 % nicht aber mindestens 40 % beträgt.
Gem. den Erörterungen der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder wird die Beschäftigungsquote nach den Grundsätzen des § 75 SGB IX berechnet. Es werden also grundsätzlich nur die Beschäftigten des Integrationsprojektes berücksichtigt, die auf Arbeitsplätzen im Sinne des § 73 SGB IX beschäftigt sind (siehe § 75 Abs. 1 SGB IX). Teilzeitbeschäftigte die mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von weniger als 18 Stunden beschäftigt sind, sind damit nicht berücksichtigungsfähig. Ein über diese Grenze hinausgehender Teilzeitbeschäftigter wird voll angerechnet. Verfügt ein Integrationsprojekt über wenigstens 20 Arbeitsplätze und ist damit beschäftigungspflichtig (vgl. § 71 Abs. 1 SGB IX), kann das Vorliegen der Voraussetzungen der 40 %-Quote über die Anzeige nach § 80 Abs. 2 SGB IX geführt werden.
Für die vorgenannten Einrichtungen sind die Grundsätze der Selbstlosigkeit (§ 55 Abs. 1 Satz 1 AO) zu beachten.
Normenkette
AO 1977 § 68 Nr. 3;
KStG § 5;
SGB IX § 132