Leitsatz
→ Arbeitslohn liegt vor, wenn dem Arbeitnehmer Geld oder Güter in Geldeswert für eine Beschäftigung im privaten Dienst zufliessen. Der Zufluss einer Einnahme bestimmt sich nach dem Zeitpunkt, zu dem der Empfänger die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die Leistung erhält (BFH, Urteil v. 10. 12. 1985, BStBl 1986 II S. 342).
Für die Arbeitslohnqualität von Beitragsleistungen, die der Arbeitgeber zur Zukunftssicherung seiner Arbeitnehmer an einen Dritten (Versicherer) erbringt, bedeutet dies, dass die Annahme eines gegenwärtigen Lohnzuflusses davon abhängt, ob sich der Vorgang – wirtschaftlich betrachtet – so darstellt, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Mittel zur Verfügung stellt, die der Arbeitnehmer anschließend zum Erwerb der Zukunftssicherung verwendet. Nach ständiger Rechtsprechung ist hiervon immer dann auszugehen, wenn dem Arbeitnehmer gegen die Versorgungseinrichtung ein unentziehbarer Rechtsanspruch auf die Versicherungsleistung zusteht (vgl. zuletzt BFH, Urteil v. 27. 5. 1993, BStBl 1994 II S. 246). Leistet dagegen der Arbeitgeber Zuwendungen an eine Unterstützungskasse , die dem Arbeitnehmer keinen Rechtsanspruch auf Auskehrung der Versicherungsleistung einräumt, sind erst die laufenden, von der Versorgungseinrichtung an den Arbeitnehmer ausgezahlten Bezüge als Arbeitslohn zu qualifizieren.
Bei einer → Gruppenunfallversicherung handelt es sich um eine Fremdversicherung, bei der der Arbeitnehmer zwar materiell Inhaber des Versicherungsanspruches ist (§§ 179 Abs. 2, 75 Abs. 1 VVG), der Anspruch gegenüber dem Versicherungsunternehmen aber nur vom Arbeitgeber als Versicherungsnehmer geltend gemacht werden kann (§ 12 AUB). Ein solcher nur mittelbarer Anspruch des Arbeitnehmers genügt nicht für den Zufluss, auch wenn dem Arbeitgeber im Hinblick auf die an den Arbeitnehmer auszukehrende Versicherungsleistung im Ergebnis lediglich die Stellung einer Durchgangsperson zukommt. Bei einer Gruppenunfallversicherung, bei der die Ausübung der Rechte aus dem Versicherungsvertrag ausschließlich dem Arbeitgeber zusteht, fehlt es deshalb im Zeitpunkt der Beitragsleistung durch den Arbeitgeber am Lohnzufluss, auch wenn der Arbeitnehmer selbst Anspruchinhaber ist. Erst die Leistungen der Versicherung im Schadensfall können zu Arbeitslohn führen, dem aber außergewöhnliche Belastungen oder Werbungskosten gegenüber stehen können, je nach dem, ob es sich um einen privaten oder dienstlichen Unfall handelt.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 16.04.1999, VI R 60/96
Anmerkung: Nach den Grundsätzen der beiden Urteile und den in der Praxis getroffenen versicherungsvertraglichen Abmachungen sind Beiträge zu einer Gruppenunfallversicherung regelmäßig kein Arbeitslohn, auch wenn der Arbeitnehmer als versicherte Person selbst anspruchsberechtigt ist. In dem Urteil VI R 66/97 hat der BFH außerdem für eine Gruppenkrankenversicherung folgerichtig entschieden, dass die Beitragszahlungen steuerpflichtiger Arbeitslohn sind, weil die Arbeitnehmer im Krankheitsfall ihre Ansprüche selbst gegenüber dem Versicherer geltend machen konnten. Auswirkungen für die lohnsteuerliche Behandlung von Direktversicherungsbeiträgen ergeben sich durch die beiden Entscheidungen nicht. Anders als bei Unfallversicherungen ist nach den Bestimmungen des Versicherungsvertragsgesetzes bei dieser Versicherungsart der Arbeitnehmer nicht nur materiell anspruchsberechtigt, sondern auch derjenige, dem im Versicherungsfall die Ansprüche gegenüber der Versicherung unmittelbar zustehen (§ 166 Abs. 2 VVG).