Dipl.-Finanzwirt Werner Becker
Leitsatz
Der an eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts übermittelte Umsatzsteuerbescheid ist hinreichend bestimmt, wenn er an einen Gesellschafter mit dem Zusatz "für GbR …" ergeht und sich aus dem Steuerfahndungsbericht die einzelnen Gesellschafter, der aus Sicht der Behörde, bestehenden Gesellschaft ergeben.
Sachverhalt
Im Rahmen von Ermittlungen der Steuerfahndungsstelle stellte sich die Finanzbehörde auf den Standpunkt, dass die 4 natürlichen Personen B, C, D und E eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) bildeten und in diesem Rahmen Umsätze erzielten. Diese GbR erfasste die Finanzbehörde unter der Bezeichnung "A GbR", vergab insoweit eine Steuernummer und nahm eine Schätzung der Umsatzsteuer vor.
Die Umsatzsteuerbescheide wurden nebst Steuerfahndungsbericht an die Personen versandt, die nach Auffassung der Finanzbehörde der GbR zugehörig waren. Unterhalb des Empfängerfeldes, in dem Adressat und Adresse aufgeführt waren, befand sich dabei der Zusatz: "Für Ges. bürgerlichen Rechts (...) Festsetzung und Abrechnung". Die einzelnen Namen der Personen, welche nach Auffassung der Behörde die Gesellschafter der GbR waren, fanden sich dort nicht.
Die Gesellschafter B und C legten gegen die Umsatzsteuerbescheide Einsprüche ein, die das Finanzamt mit der Begründung als unzulässig verwarf, dass die Umsatzsteuerbescheide ihnen jeweils nur als Bekanntgabeadressaten bekannt gegeben worden seien. Inhaltsadressat der Bescheide sei die GbR gewesen. Für die wirksame und zulässige Anfechtung der Bescheide sei ein Einspruch der GbR erforderlich, welcher ein gemeinschaftliches Handeln aller Gesellschafter voraussetze.
Entscheidung
Das FG hat die durch B und C erhobenen Klagen als unzulässig verworfen.
Gemäß § 40 Abs. 2 FGO sei eine Klage nur zulässig, wenn mit ihr vom Kläger bzw. der Klägerin geltend gemacht werde, durch den Verwaltungsakt in seinen bzw. ihren Rechten verletzt zu sein. Eine Verletzung in "eigenen" Rechten könne regelmäßig nur der jeweilige Inhaltsadressat des Verwaltungsakts geltend machen, also derjenige, gegen den sich der Verwaltungsakt seinem Regelungsgehalt nach richte. Dies sei bei Steuerbescheiden derjenige, gegen den als Steuerschuldner die Steuer festgesetzt werde. Die Gesellschafter einer GbR – als umsatzsteuerlich eigenständiges Steuersubjekt – seien durch einen Umsatzsteuerbescheid, der sich gegen die – sei es bestehende oder sei es vermeintliche – Gesellschaft richte, nicht beschwert, weil eine Vollstreckung aus diesem Bescheid nur in das Gesellschaftsvermögen der GbR erfolgen könne.
Die Vollstreckung in das Privatvermögen der Gesellschafter ermöglichten erst etwaige ergangene oder später noch ergehende Haftungsbescheide, gegen welche die Gesellschafter dann jeweils gesondert Rechtsbehelfe (Einsprüche und ggf. Klage) einlegen könnten.
Hinweis
Bei nicht rechtsfähigen Personengemeinschaften (nicht rechtsfähiger Verein, GbR, Erben- und Grundstücksgemeinschaft) ist der Verwaltungsakt grundsätzlich an die Gesellschafter bzw. Gemeinschafter zu richten. Bekanntzugeben ist insoweit grundsätzlich an den Geschäftsführer oder an den Verfügungsberechtigten (§§ 34, 35 AO). Sind solche nicht vorhanden, dann kann das Finanzamt wahlweise an jeden Gesellschafter bzw. Gemeinschafter bekanntgeben (§ 34 Abs. 2 Satz 2 AO). Sind mehrere Vertreter bestellt, kann das Finanzamt ebenfalls wahlweise an einen von ihnen den Verwaltungsakt bekanntgeben
Das Finanzamt hat die Bescheide an einen aus seiner Sicht der GbR zughörigen Gesellschafter und – obgleich dies nach den oben genannten Grundsätzen nicht erforderlich war – zudem an die weiteren aus Sicht der Behörde der GbR zugehörige Personen bekanntgegeben.
Der insoweit ordnungsgemäß bekannt gemachte Bescheid war auch inhaltlich hinreichend bestimmt. Ein Steuerbescheid muss angeben, wer die Steuer schuldet. Es ist ausreichend, wenn der an den Bekanntgabeadressaten adressierte Bescheid einen Zusatz enthält, für welche Gesellschaft oder welche Personenvereinigung der Bescheid gemeint ist. Denn mit einem solchen Zusatz wird hinreichend zum Ausdruck gebracht, dass die darin benannte Personenvereinigung oder Personengesellschaft Inhaltsadressatin sein soll, während der Adressat lediglich Bekanntgabeadressat ist.
Für eine hinreichend klare Bestimmung des Inhaltsadressaten ist im Falle von Gesellschaften bürgerlichen Rechts grundsätzlich jeder Gesellschafter im Einzelnen zu benennen, sofern sich die GbR keinen ihrer Identifizierung dienenden Namen zugelegt hat. Es reicht allerdings auch aus, wenn in weiteren Unterlagen – wie etwa dem den Bescheiden beigefügten Steuerfahndungsbericht – die an der GbR beteiligten Personen jeweils mit Vor- und Nachnamen sowie der Adresse im Einzelnen benannt sind.
Link zur Entscheidung
Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil v. 07.07.2022, 4 K 122/20