Entscheidungsstichwort (Thema)
Hinreichende Bestimmtheit eines an eine BGB-Gesellschaft übermittelten Umsatzsteuerbescheids
Leitsatz (amtlich)
Der an eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts übermittelte Umsatzsteuerbescheid ist hinreichend bestimmt, wenn er an einen Gesellschafter mit dem Zusatz "für GbR …" ergeht und sich aus dem Steuerfahndungsbericht die einzelnen Gesellschafter der aus Sicht der Behörde bestehenden Gesellschaft ergeben. Zur Auslegung von daraufhin eingelegten Einsprüchen einzelner Gesellschafter, welche - fachkundig vertreten - nicht ausdrücklich im Namen der GbR handeln. Die Gesellschafter selbst sind durch den Bescheid nicht beschwert.
Normenkette
AO § 125; BGB §§ 133, 157; FGO § 40 Abs. 2
Tatbestand
Die Kläger wenden sich gegen Umsatzsteuerbescheide betreffend die Jahre 2017 und 2018.
Die Klägerin zu 1.) ist die A GbR; der Kläger zu 2.) ist Herr B, der Sohn der Klägerin zu 3.), Frau C. Im Rahmen von Ermittlungen der Steuerfahndungsstelle und des Zollfahndungsamtes stellte sich die Finanzbehörde auf den Standpunkt, dass die Personen
Herr B
Frau C
Herr D
Herr E
in den Streitjahren eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) bildeten und in diesem Rahmen Umsätze aus dem Vertrieb von (…) erzielten. Diese GbR erfasste die Finanzbehörde unter der Bezeichnung "A GbR", vergab insoweit eine Steuernummer und nahm eine Schätzung der Umsatzsteuer vor. In dem Bericht heißt es dazu u.a.:
"Die o.a. Personen haben nach Erkenntnissen der Zollfahndung das gemeinschaftliche Ziel, produzierte (…) fortlaufend gewinnbringend abzusetzen. Zu diesem Zweck haben sich diese Personen zusammengeschlossen und bilden damit im steuerlichen Sinne eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). (…) Gesellschaftsinterne Absprachen zeigen, dass B als der organisatorische Kopf der Gesellschaft gilt. (...) Als Ort der Geschäftsleitung ist der tatsächliche Aufenthaltsort des B anzusehen und damit die Wohnung der Lebensgefährtin in Y. Das Finanzamt Z ist damit für die "A GbR" zuständig. (...) Insgesamt ergeben sich folgende Mengen an (…) (…) Es ist bei der Schätzung der übrigen Verkaufspreise davon auszugehen, dass diese mindestens (…) € betragen (...)."
In Ansehung dessen ermittelte die Steuerfahndung eine Mehrwertsteuerschuld in Höhe von (…) € für das Jahr 2017 und in Höhe von (…) € für das Jahr 2018. Mit Datum vom 12. Dezember 2019 erließ das Finanzamt die angegriffenen Umsatzsteuerbescheide 2017 und 2018. Die Umsatzsteuerbescheide wurden nebst Bericht an die Personen versandt, die nach Auffassung der Finanzbehörde der GbR zugehörig waren; unterhalb des Empfängerfeldes, in dem Adressat und Adresse aufgeführt waren, befand sich dabei der Zusatz: "Für Ges. bürgerlichen Rechts (…) Festsetzung und Abrechnung". Die einzelnen Namen der Personen, welche nach Auffassung der Behörde die Gesellschafter der GbR waren, fanden sich dort nicht.
Mit Datum vom 23. Dezember 2019 bzw. 27. Dezember 2019 legte der frühere Verfahrensbevollmächtigte für die Klägerin zu 3.) bzw. den Kläger zu 2.) jeweils Einspruch ein und legte mit den Einsprüchen jeweils eine Vollmacht vor. In der Betreffzeile der beiden Einsprüche war u.a. die Steuernummer, der Name und die Adresse der Klägerin zu 1.) und die beiden streitigen Umsatzsteuerbescheide angegeben. Im Text hieß es jeweils u.a.: "In obiger Angelegenheit zeige ich an, dass mich Frau C (bzw. im anderen Einspruch: Herr B), mit der Wahrnehmung ihrer (bzw. seiner) Interessen beauftragt hat. Meine Vollmacht füge ich anliegend bei. Namens und im Auftrage meiner Mandantin (bzw. meines Mandanten) lege ich hiermit gegen die im Betreff näher bezeichneten Steuerbescheide Einspruch ein. (…)."
Daraufhin wandte sich das Finanzamt an den Kläger zu 2.) und die Klägerin zu 3.) jeweils mit inhaltsgleichen Schreiben vom 29. Januar 2020. In den an den Rechtsanwalt adressierten Schreiben führte das Finanzamt u.a. aus, dass der Rechtsanwalt ausdrücklich namens und im Auftrag der Mandantin bzw. des Mandanten Einspruch eingelegt habe. Die Umsatzsteuerbescheide seien jedoch den Mitgesellschaftern jeweils lediglich als Bekanntgabeadressaten bekannt gegeben worden; Inhaltsadressat der Bescheide sei die GbR. Die GbR auf der einen Seite und ihre Gesellschafter auf der anderen Seite seien getrennte Rechtssubjekte. In den eingereichten Einsprüchen seien lediglich der Gesellschafter Herr B bzw. die Gesellschafterin C Einspruchsführer bzw. Einspruchsführerin. Erforderlich sei jedoch ein Einspruch der GbR, für welchen ein gemeinschaftliches Handeln aller Gesellschafter erforderlich sei. Die jeweils vorliegenden Einsprüche seien damit nicht zulässig, und es werde insoweit um Stellungnahme gebeten.
Darauf erwiderte der damalige Rechtsanwalt jeweils mit inhaltsgleichen Schreiben vom 4. Februar 2020 wie folgt: Die Ausführungen des Finanzamts habe er zur Kenntnis genommen. Die im Betreff benannten Bescheide hätten jedoch seinen Mandanten Herrn B (bzw. seine Mandantin Frau C) betroffen, für den (bzw. für die) er gegen die Umsatzsteuerbescheide jeweils au...