Leitsatz
1. Tätigt eine Kapitalgesellschaft ohne angemessenes Entgelt verlustträchtige Geschäfte, die im privaten Interesse ihrer Gesellschafter liegen, so kann dies zu einer vGA führen. Ob eine Kapitalgesellschaft ein Verlustgeschäft im eigenen Gewinninteresse oder im Interesse der Gesellschafter durchgeführt hat, ist nach denjenigen Kriterien zu prüfen, die zur Abgrenzung zwischen Einkunftserzielung und "Liebhaberei" entwickelt worden sind (Bestätigung des Senatsurteils vom 4.12.1996, I R 54/95, BFHE 182, 123).
2. Erwirbt und unterhält eine GmbH ein Einfamilienhaus und vermietet dieses an ihren Gesellschafter-Geschäftsführer zu dessen privaten Wohnzwecken, bemisst sich die anzusetzende Miete regelmäßig nach den Grundsätzen der Kostenmiete zuzüglich eines angemessenen Gewinnzuschlags. Vorteile der GmbH aus der Inanspruchnahme begünstigter Aufwendungen für Baudenkmäler nach § 82i EStDV 1990 sind nicht einzubeziehen.
Normenkette
§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG
Sachverhalt
Die Klägerin, eine GmbH & Co. KG, war Gesamtrechtsnachfolgerin einer GmbH, deren Unternehmensgegenstand es u.a. war, Beteiligungen an Gesellschaften der Werbewirtschaft zu verwalten und Werbetreibende zu beraten. Die Anteile an der GmbH wurden von JS gehalten. Bis zum 31.12.1990 war die GmbH alleinige Komplementärin einer GmbH & Co. KG (KG II); zum 1.1.1991 erwarb sie sämtliche Anteile an dieser Gesellschaft.
Die KG II hatte ein Einfamilienhaus erworben. Der Kaufpreis für das 297 qm große Grundstück und das unter Denkmalschutz stehende Gebäude mit einer Wohnfläche von 214,37 qm betrug 1,6 Mio. DM. In den Streitjahren 1991 und 1992 wurde das Einfamilienhaus von der GmbH mit einem Aufwand von (brutto) 1.026.982 DM umgebaut; unter anderem wurde ein Schwimmbad eingebaut.
Aufgrund eines Mietvertrags vom 31.10.1991 vermietete die GmbH mit Wirkung vom 1.11.1991 eine Teilfläche des Gebäudes von 144,54 qm (= 67,43 % der Gesamtfläche) für einen monatlichen Mietzins von 3.115,05 DM an JS. Die verbleibende Fläche von 69,83 qm (= 32,57 % der Gesamtfläche) wurde von ihr selbst als Büro- und Konferenzraum genutzt.
Das FA vertrat unter Hinweis auf das Senatsurteil vom 4.12.1996, I R 54/95 (BFHE 182, 123) die Ansicht, ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer wäre nicht bereit gewesen, aus der Vermietung des Einfamilienhauses einen laufenden Verlust zu tragen. In Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen den vereinnahmten Mieten und den in den Streitjahren entstandenen Aufwendungen lägen deswegen vGA vor. Außerdem sei ein Gewinnaufschlag von jährlich 10 % vorzunehmen.
Die anschließend erhobene Klage blieb letztlich erfolglos (EFG 2003, 1405).
Entscheidung
Der BFH hob das FG-Urteil auf und ve?wies die Sache an das FG zurück. Zwar zögen die aufgelaufenen Verluste aus der Vermietung nicht automatisch vGA nach sich. Allerdings müsse die GmbH mit den in den Praxis-Hinweisen aufgezeigten Korrekturen vom Gesellschafter-Mieter volle Kostenerstattung auf Basis einer sog. Kostenmiete verlangen. Nur soweit dies nicht geschehen sei, gelange man zur Annahme von vGA.
Hinweis
1. Der BFH bekräftigt einmal mehr (vgl. z.B. BFH-PR 2002, 14; 2002, 427; zuletzt 2004, 443):
- Eine Kapitalgesellschaft hat keine außerbetriebliche Sphäre. Alles Tun ist gewerblich.
- Tätigt eine GmbH aber ohne angemessenes Entgelt Geschäfte, die im privaten Interesse der Gesellschafter liegen und die für die Gesellschaft selbst zu Verlusten führt, dann kann darin eine vGA liegen.
- Allerdings: Nicht jede verlustbehaftete und risikoreiche Aktivität der Gesellschaft befriedigt private Interessen der Gesellschafter. Wäre das so, dann würde man schlankerhand zu einer Art Soll-Gewinnbesteuerung gelangen. Zur vGA gelangt man immer nur dann, wenn die Gesellschaft nicht aus eigenem Gewinnstreben, sondern nur zur Befriedigung privater Interessen der Gesellschafter handelt.
- Maßstab dafür, ob dies der Fall ist, können diejenigen Kriterien sein, die zur Abgrenzung zwischen Einkunftserzielung und sog. Liebhaberei entwickelt worden sind. Einzelheiten dazu ergeben sich aus dem Urteil vom 15.5.2002, I R 92/00 (BFH-PR 2002, 427).
2. Im Ergebnis wachsen Kapitalgesellschaften, die sich einem "liebhabereiverdächtigen" Zweck verschrieben haben, sonach nicht nolens volens in eine vGA hinein. Wäre solches richtig, würde die vGA zum allseits einsetzbaren steuerlichen Instrument gegen ein nach Auffassung der Finanzbehörden wirtschaftlich "unvernünftiges" unternehmerisches Verhalten mutieren. Es bedarf vielmehr einer recht aufwendigen und einzelfallbezogenen Prüfung und Untersuchung, ob tatsächlich private Interessen der Gesellschafter im Vordergrund stehen. Das ist zwingend zu beachten.
3. Vor diesem Entschei?ungshintergrund ging es in dem dem BFH vorliegenden Urteilsfall um den Ankauf, den Ausbau und die Unterhaltung eines aufwendig ausgestatteten Einfamilienhauses durch eine GmbH, deren Unternehmensgegenstand Beratung und Beteiligungen in der Werbebranche waren. Das Haus wurde zu einem Drittel von ihr selbst als Büro- und Konferenzraum genut...