Leitsatz
1. Nach einer von der Finanzverwaltung getroffenen Vereinfachungsregelung kann der Unternehmer bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Umsatzbesteuerung der nicht unternehmerischen Nutzung seines dem Unternehmen zugeordneten Fahrzeugs von dem ertragsteuerrechtlichen Wert der Nutzungsentnahme nach der sog. 1 %-Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG ausgehen und von diesem Wert für die nicht mit Vorsteuern belasteten Kosten einen pauschalen Abschlag von 20 % vornehmen.
2. Diese Vereinfachungsregelung ist eine einheitliche Schätzung, die von einem Unternehmer nur insgesamt oder gar nicht in Anspruch genommen werden kann.
3. Der Unternehmer darf nicht von dem ertragsteuerrechtlichen Wert der Nutzungsentnahme nach der sog. 1 %-Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG ausgehen und sodann den prozentualen Abschlag für die nicht mit Vorsteuern belasteten Kosten anhand der tatsächlichen Kosten ermitteln.
Normenkette
§ 3 Abs. 9a Nr. 1, § 10 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 UStG 1999, § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG, § 162 AO, § 96 Abs. 1 S. 1 2. Halbs. und S. 2 FGO
Sachverhalt
Der Gesellschafter X ist Mitglied einer aus vier Rechtsanwälten bestehenden GbR. Er legte im Streitjahr 2003 als Bemessungsgrundlage der unentgeltlichen Wertabgabe nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG durch die private Pkw-Nutzung den ertragsteuerrechtlichen Wert der Nutzungsentnahme nach der sog. 1 %-Regellung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG zugrunde. Die mit Vorsteuern belasteten Kosten berechnete er anhand der – seiner Berechnung nach – tatsächlich entstandenen Kosten und bezifferte diese auf 64,56 % der Gesamtkosten. Die USt berechnete er wie folgt: Listenpreis x 1 % × 12 Monate = 7 696,20 EUR × 64,56 % = 5 144,91 EUR × 16 % (USt-S. 2003) = 823,19 EUR.
Das FA war der Meinung, die nicht mit Vorsteuern belasteten Kosten könnten nur pauschal mit 20 % berücksichtigt werden.
Das FG Köln gab der Klage statt (Urteil vom 02.06.2008, 15 K 2935/05, Haufe-Index 2056515, EFG 2008, 1670).
Entscheidung
Die Revision des FA hatte Erfolg und führte zur Klageabweisung. Die Gründe ergeben sich aus den Praxis-Hinweisen.
Hinweis
1. Die private Nutzung eines dem Unternehmen zugeordneten Pkws unterliegt nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG als unentgeltliche Wertabgabe der USt.
Nach § 10 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 UStG sind als Bemessungsgrundlage der unentgeltlichen Wertabgabe die Kosten des Pkws anzusetzen, "soweit sie zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben". Das hat zur Folge, dass aus den gesamten Kosten des Pkws diejenigen, die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt haben, herauszurechnen sind (vgl. BFH, Urteil vom 11.03.1999, V R 78/98, BFH/NV 1999, 1178).
Soweit die Kosten des Pkws und der Umfang der privaten und unternehmerischen Fahrten vom Unternehmer nicht nachgewiesen werden, ist eine Schätzung vorzunehmen (§ 162 AO, § 96 Abs. 1 S. 1 2. Halbs. FGO).
2. Der ertragsteuerrechtliche Wert der Nutzungsentnahme nach der sog. 1 %-Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG ist für das USt-Recht kein geeigneter Maßstab, um die Kosten auf die Privatfahrten und die unternehmerischen Fahrten aufzuteilen (vgl. BFH, Urteil vom 11.03.1999, V R 78/98, BFH/NV 1999, 1178; vom 04.11.1999, V R 35/99, BFH/NV 2000, 759). Denn es handelt sich dabei um eine gesetzliche Typisierung, die für das ESt-Recht einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung bedurfte. Da diese Typisierung nicht in das UStG übernommen wurde, kann offenbleiben, ob eine derartige Regelung im UStG überhaupt mit dem Unionsrecht vereinbar wäre.
Um aber zu vermeiden, dass die Probleme, die mit der 1 %-Regelung im Ertragsteuerrecht vermieden werden sollten und auch weitgehend vermieden werden, im USt-Recht bestehen bleiben, hat die Finanzverwaltung es aus Vereinfachungsgründen zugelassen, bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage der unentgeltlichen Wertabgabe durch die private Pkw-Nutzung von dem nach der 1 %-Regelung ermittelten Wert auszugehen und von diesem Wert für die nicht mit Vorsteuern belasteten Kosten einen pauschalen Abschlag von 20 % vorzunehmen (BMF, Schreiben vom 27.04.2004, IV B 7 – S 7300 – 70/04, BStBl I 2004, 864, Tz. 2.1).
Wenn ein Steuerpflichtiger von dieser Vereinfachungsregelung der Verwaltung Gebrauch macht, hat der BFH dies nicht beanstandet (vgl. BFH, Urteil vom 04.11.1999, V R 35/99, BFH/NV 2000, 759).
3. Der Steuerpflichtige kann von dem Vereinfachungsangebot der Verwaltung aber nur insgesamt oder gar nicht Gebrauch machen. Denn die Ermittlung der Bemessungsgrundlage nach dem Listenpreis führt zu einer von den tatsächlichen Kosten im jeweiligen Jahr losgelösten Schätzung, die nicht dadurch richtiger wird, dass der Prozentsatz der nicht mit Vorsteuern belasteten Kosten konkret ermittelt wird. Der Vertrauensschutz des Steuerpflichtigen, der die Vereinfachungsregelung anwendet, kann nur soweit gehen, wie die Vereinfachungsregelung reicht. Es bleibt dem Steuerpflichtigen unbenommen, die tatsächlichen Kosten des Pkws, die zum Vorsteuerabzug berechtigt haben, zu ermitteln und den Anteil der Privatfahrten durch ein Fahrte...