Leitsatz
Sprechen konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Anteile an einer ausländischen Basisgesellschaft treuhänderisch für Dritte gehalten werden, kann das FA gem. § 160 Abs. 1 Satz 1 AO deren Benennung verlangen.
Normenkette
§ 160 Abs. 1 AO , § 16 Abs. 1 AStG
Sachverhalt
Die Klägerin, eine GmbH, betrieb den Groß- und Außenhandel mit technischen Erzeugnissen, im Wesentlichen den Verkauf von bestimmten Waren. Sie erwarb diese Waren bei einem spezialisierten Hersteller und liefert sie an verschiedene Abnehmer weiter. Hauptabnehmer in den Streitjahren war eine Firma P in Belgien.
Im Rahmen einer Außenprüfung stellte der Prüfer u.a. fest, dass die Klägerin in den Jahren 1989 bis 1992 Vermittlungsprovisionszahlungen an eine Firma C geleistet hatte. Zum Nachweis wurden entsprechende Rechnungen vorgelegt, die die Anschrift einer Firma C in London enthielten. Die Provisionen sollten auf ein Konto bei einer inländischen Bank gezahlt werden. Nach Auskunft des BfF ließ sich indessen eine Firma unter der angegebenen Londoner Adresse nicht ausfindig machen.
Darauf forderte das FA die Klägerin unter Hinweis auf § 160 AO auf, die tatsächlichen Empfänger der Provisionszahlungen zu benennen. Die Klägerin bezeichnete nunmehr die C mit Sitz in Guernsey, Channel Islands, als Empfängerin. Zum Nachweis legte sie eine Kopie des Zertifikats über deren Registrierung in Guernsey, Regierungsdokumente und die Liste der Gesellschafter und Geschäftsführer vor sowie eine Bestätigung der Bank, dass die C alleinige Inhaberin des inländischen Bankkontos sei. Zudem war eine Erklärung der C beigefügt, wonach kein Anteilseigner seine Anteile treuhänderisch für eine in Deutschland ansässige Person halte und keine Zahlungen an oder für eine in Deutschland ansässige Person geleistet worden seien.
Das FA ließ die Provisionszahlungen nicht zum Abzug zu. Die dagegen gerichtete Klage blieb ohne Erfolg (EFG 2002, 1067).
Entscheidung
Auch die Revision war erfolglos. Der BFH bestätigte das FG und das FA. Er sah den klagenden Steuerpflichtigen zur Offenlegung der wirtschaftlichen Hintermänner der auf den Kanalinseln residierenden Firma als verpflichtet an. Weil dies unterblieben sei, habe das FA den BA-Abzug der Zahlungen versagen dürfen. Die Behörde ihrerseits sei zwar berechtigt (§ 160 Abs. 1 Satz 2 AO), nicht aber verpflichtet, aufzuklären, wer wirklich hinter der Basisgesellschaft stehe.
Abweichendes folge unter den Gegebenheiten des Streitfalls nicht aus dem BFH-Urteil vom 1.6.1994, X R 73/91 (BFH/NV 1995, 2). Auch dieser Entscheidung sei der Grundsatz zu entnehmen, dass bei Zwischenschaltung einer ausländischen Basisgesellschaft der Steuerpflichtige dem Benennungsverlangen nach § 160 Abs. 1 Satz 1 AO nur dann nachkommt, wenn er die hinter der Gesellschaft stehenden Personen bezeichnet, denen die Zahlung tatsächlich zugeflossen ist. Der dort weiter aufgestellte Rechtssatz, der Steuerpflichtige habe nicht die Möglichkeit auszuschließen, dass die – als hinter der Basisgesellschaft stehend – benannten Personen Treuhänder für Dritte seien, beruhe auf den Umständen des entschiedenen Einzelfalls unter besonderer Berücksichtigung des Gesichtspunkts der mangelnden Zumutbarkeit, einen "Negativnachweis" für bestehende Treuhänderschaften zu erbringen, weil ein solcher Nachweis "kaum zu führen sein dürfte".
Im Urteilsfall seien hingegen konkrete Anhaltspunkte für das Bestehen eines Treuhandverhältnisses festgestellt worden. Würde man auch in solchen Fällen die Benennung der eingetragenen Anteilseigner der Basisgesellschaft genügen lassen, wäre der mit § 160 Abs. 1 Satz 1 AO verfolgte Zweck nur erheblich eingeschränkt erreichbar. Daher handele ein FA in diesen Fällen jedenfalls nicht ermessensfehlerhaft, wenn es das Benennungsverlangen auf die tatsächlichen Empfänger der Zahlungen (Treugeber der Anteile) erstrecke.
Weitere Einzelheiten zur Begründung ergeben sich aus den Praxis-Hinweisen.
Hinweis
1. Das Urteil bestätigt eigentlich nur, was allen bekannt sein sollte- wie immer wieder neue Verfahren vor den FG zeigen, tatsächlich aber wohl nicht ist: Der Abzug von Geldausgaben als BA setzt voraus, dass der "wahre" oder "wirkliche", kurz der wirtschaftliche Geldempfänger benannt wird. Nach § 160 AO sind BA nicht zu berücksichtigen, wenn der Steuerpflichtige dem entsprechenden – und zumutbaren – Verlangen des FA nicht nachkommt. (Siehe zu alledem z.B. BFH, Urteil vom 17.10.2001, I R 19/01, BFH-PR 2002, 108.)
Das kann sich sogar – und darin lag die Besonderheit des Streitfalles – auf etwaige Treuhandverhältnisse erstrecken, die zwischen den Gesellschaftern einer Basisgesellschaft und Dritten bestehen. Derartige "nachgelagerte" Verhältnisse lassen sich für den (inländischen) Geschäftspartner zwar regelmäßig nur schwer aufspüren, weshalb er sich einem entsprechenden Ansinnen des FA zumeist mit Fug und Recht den Einwand der Unzumutbarkeit entgegenhalten kann.
Anders liegen die Dinge jedoch, wenn auch für ihn bei Eingehen der Geschäftsbeziehung konkreter Anlass bestand, von der Ex...