1.1 Inhalt
Rz. 1
§ 274a HGB spricht kleinen KapG und kleinen KapCoGes i. S. d. § 267 Abs. 1 HGB Erleichterungen in Form der Befreiung von der Pflicht zur Anwendung von vier Regelungen zu. Die Vorschrift gilt – unabhängig von der Größe – nicht für Kreditinstitute und VersicherungsUnt (§§ 340a Abs. 1, 341a Abs. 1 HGB). Aus der Regelung der Norm ergibt sich ein Wahlrecht in Bezug auf die selektive Inanspruchnahme einzelner Befreiungen, sofern der Stetigkeitsgrundsatz (§ 265 Abs. 1 HGB) gewahrt bleibt. Die Wahlrechte können unter Beachtung der Stetigkeit einzeln ausgeübt werden. Konkret brauchen als klein klassifizierte KapG oder denen gleichgestellte PersG
- keine Erläuterungen zu erst nach dem Bilanzstichtag rechtlich entstehenden VG bzw. Verbindlichkeiten (§ 268 Abs. 4 Satz 2 und Abs. 5 Satz 3 HGB), soweit sie unter den sonstigen VG bzw. Verbindlichkeiten ausgewiesen sind und einen größeren Umfang haben, zu geben,
- kein aktiviertes Disagio auszuweisen oder im Anhang anzugeben (§ 268 Abs. 6 HGB) sowie
- keine (aktiven) latenten Steuern nach § 274 HGB zu bilden.
Rz. 2
Konflikte mit § 131 Abs. 1 Satz 3 AktG entstehen aufgrund der fehlenden Nennung des § 274a HGB in der Aufzählung der Norm nicht und auch die Informationsrechte des § 51a GmbHG sowie die Kontrollrechte gem. § 166 HGB werden von § 274a HGB nicht tangiert.
Rz. 3
Der wesentliche Zweck dieser Vorschrift liegt in der unterstellten Möglichkeit der Vereinfachung der Aufstellung des Jahresabschlusses und damit einhergehend in der Möglichkeit zur Reduzierung der damit verbundenen Kosten (größenabhängige Erleichterungen). Allerdings erlangt lediglich die Erleichterung im Bereich der (aktiven) latenten Steuern in der Praxis größere Relevanz. Obwohl die Befreiungen einen Informationsverlust für Abschlussadressaten darstellen, zu denen gerade bei kleinen Unt auch die Geschäftsführung selbst gehört, wird vonseiten der Literatur i. R. d. häufig engen Beziehungen zwischen Kapitalgeber und Kapitalnehmer bei kleinen KapG und PersG nicht mit wesentlichen Beeinträchtigungen gerechnet. Diese Einschätzung ist jedoch in vielen Fällen zu relativieren. Insb. die rechtlich erst später entstehenden sonstigen VG und Verbindlichkeiten, die primär aus Abgrenzungen resultieren, können gerade in kleineren Abschlüssen hohe Bedeutung erlangen. Ebenfalls ist die (aktive) Steuerabgrenzung auch schon für Zwecke der Selbstinformation vielfach sehr relevant und auch für außenstehende Adressaten, etwa zur Fundierung von Kreditvergabeentscheidungen, von großer Bedeutung. Mit dem Wahlrecht des § 274a HGB liegt es im Ermessen der Unt, die Informationen gesondert nur bestimmten Adressaten zukommen zu lassen oder gleich Allen im Jahresabschluss zu zeigen.
Rz. 4
Mit dem BilRUG ergaben sich Folgeänderungen aus der Aufhebung von § 268 Abs. 2 HGB a. F. bzgl. eines Anlagespiegels, dessen Regelungen in die Vorschriften zum Anhang, konkret § 284 Abs. 3 HGB, verlagert wurden, ohne dass an der größenabhängigen Befreiung, die vorher in § 274a Nr. 1 HGB a. F. geregelt war und nun über § 288 Abs. 1 Nr. 1 HGB erfolgt, im Ergebnis eine Veränderung eingetreten wäre.
1.2 Anwendungsbereich
Rz. 5
Relevant ist die Regelung des § 274a HGB nur für kleine KapG und KapCoGes, jeweils i. S. d. § 267 Abs. 1 HGB. Kreditinstitute und VersicherungsUnt haben grds. entsprechend großen KapG zu handeln und fallen daher nicht in den Anwendungsbereich des § 274a HGB.
1.3 Normzusammenhänge
Rz. 6
Die Norm relativiert Angabe- und Ausweispflichten der §§ 268 und 274 HGB und ergänzt bzw. erweitert größenabhängige Erleichterungen, die gem. den §§ 266, 276 und 288 HGB bereits für die Aufstellung gewährt werden.