Daniel Münster, Annette Meier-Behringer
1.1 Geschütztes Rechtsgut und Schutzbereich
Rz. 1
Bei § 331 HGB handelt es sich um ein Schutzgesetz i. S. d. § 823 Abs. 2 BGB, weshalb die Einordnung als geschütztes Rechtssubjekt im Hinblick auf einen zivilrechtlichen Schadensersatz eine besondere Rolle spielt. Jeder Verstoß gegen § 331 HGB, der zugleich auch zu einem kausalen Schaden führt, verhilft dem geschützten Personenkreis zu einem Schadensersatzanspruch. Hierdurch wird der durch die Strafnorm vermittelte Schutz zivilrechtlich abgesichert.
Rz. 2
Geschütztes Rechtsgut ist das Vertrauen in die Richtigkeit und die Vollständigkeit bestimmter Informationen über die Verhältnisse der KapG bzw. des Konzerns. Dabei sind KapG nach der Überschrift zum zweiten Abschnitt des dritten Buches die AG, die KGaA und die GmbH. Hinzu kommt die SE.
Rz. 3
Zu den durch die Norm geschützten Rechtssubjekten zählt nach hM auch die Ges. bzw. der Konzern selbst. Daneben sind auch alle Personen, die mit der KapG oder dem Konzern in irgendeiner wirtschaftlichen und/oder rechtlichen Beziehung stehen oder solche Beziehungen eingehen wollen, in den Schutzbereich der Norm einbezogen. Hierzu zählen insb. aktuelle und potenzielle Gesellschafter, Vertragspartner, Gläubiger, potenzielle Kreditgeber und Arbeitnehmer.
Rz. 4
Zuletzt wurde § 331 HGB durch das Finanzmarktintegritätsstärkungsgesetz (FISG) vom 3.6.2021 geändert. Insoweit werden die Straftatbestände nach § 331 Nr. 3a HGB in den neuen § 331a HGB ausgegliedert. Die Leichtfertige Begehung der Taten nach Nr. 1a und 3 HGB wird nun in dem neu eingefügten Absatz 2 geregelt.
1.2 Deliktsnatur
Rz. 5
Bei § 331 HGB handelt es sich um ein abstraktes Gefährdungsdelikt. Ein konkreter Erfolg, wie z. B. ein resultierender Schaden oder eine Vermögensgefährdung, ist für die Vollendung des Delikts nicht erforderlich. Das bloße Handeln des Täters genügt für die Strafbarkeit.
Rz. 6
§ 331 HGB ist in allen Tatbestandsalternativen ein echtes Sonderdelikt. Der Kreis der möglichen Täter wird durch das Gesetz selbst beschrieben und eingeschränkt. Andere Personen (z. B. Steuerberater und Abschlussprüfer) können daher lediglich Anstifter oder Gehilfe sein, selbst wenn sie mit der Bilanzerstellung beauftragt wurden. Insoweit ist auch die Strafe nach § 28 Abs. 1 StGB zu mildern, da es sich bei der Sonderdeliktseigenschaft um ein besonderes persönliches Merkmal handelt.
1.3 Normzusammenhang
Rz. 7
Der sechste Unterabschnitt des HGB enthält in den §§ 331–335c HGB Sanktionen für die Verletzung der im HGB niedergelegten Pflichten, soweit sie KapG betreffen. Dabei stellen die §§ 331–333a HGB Straftatbestände (sog. "reine Bilanzdelikte") dar, während § 334 HGB Ordnungswidrigkeiten ahndet. Die Regelung des § 335 HGB ist eine Ordnungsgeldvorschrift, um die Erfüllung bestimmter Pflichten zu erzwingen.
Rz. 8
Der Anwendungsbereich von § 331 HGB wird durch § 335b HGB auf PersG, die über keine natürliche Person als phG verfügen (KapCoGes.; § 264a HGB), erweitert. Die Vorschrift gilt demnach auch etwa für die GmbH & Co. KG. Zudem gilt die Vorschrift aufgrund besonderer Verweisungsvorschriften entsprechend für Kreditinstitute (§ 340m HGB) und Versicherungsunternehmen (§ 341m HGB) – jeweils unabhängig von deren Rechtsform. Vergleichbare Straftatbestände bzgl. Unt, die nicht in der Rechtsform einer KapG betrieben werden, finden sich in § 17 PublG und § 147 GenG.