2.1 Anwendungsvoraussetzungen
Rz. 2
Die Stichprobeninventur ist unter folgenden Voraussetzungen anwendbar:
- Verwendung einer anerkannten mathematisch-statistischen Methode (Rz 3),
- das angewandte Verfahren entspricht den GoB (Rz 7),
- der Aussagewert des Inventars ist dem einer Stichtagsinventur gleichwertig (Rz 14) und
- es liegt eine bestandszuverlässige Lagerbuchführung vor (Rz 10).
2.2 Anerkanntes mathematisch-statistisches Verfahren
Rz. 3
Es dürfen nur anerkannte mathematisch-statistische Verfahren verwendet werden. Der Gesetzgeber definiert nicht, was als anerkannt gilt. Anerkannt sind Verfahren, für die die Mathematik beweisen kann, dass sie bei sachgerechter Anwendung mit hinreichend großer Wahrscheinlichkeit eine zutreffende Aussage erlauben.
Rz. 4
Anerkannte mathematisch-statistische Verfahren sind Schätz- oder Testverfahren, die sich folgendermaßen unterscheiden:
- Schätzverfahren ermitteln auf der Grundlage einer Stichprobe eine unbekannte Größe des Gesamtbestands (bspw. Fehleranteil, Fehleranzahl, durchschnittlicher Wert etc.).
- Testverfahren untersuchen auf Grundlage einer Stichprobe, ob der Buchbestand bestandszuverlässig ist. Dazu darf die festgestellte Bestandsabweichung in der Stichprobe einen bestimmten Wert nicht überschreiten. Trifft dies zu, ist der Buchbestand mit einer hinreichend großen Wahrscheinlichkeit richtig.
Rz. 5
Zu den zugelassenen Verfahren gehören auch die freie und gebundene Hochrechnung, die einfache und geschichtete Mittelwertschätzung, die Differenzen-, Verhältnis- und Regressionsschätzung und der Sequenzialtest. Nicht zugelassen ist das Monetary-Unit-Sampling-Verfahren, da es eine Tendenz zur Über- oder Unterschätzung aufweist.
Rz. 6
Mathematisch-statistische Verfahren sind stets mit einer Fehlerwahrscheinlichkeit behaftet; dies bedeutet, dass die getroffene Aussage (bspw. tatsächlicher Bestand entspricht dem Buchbestand) mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit falsch ist. Der Kfm. muss deshalb die Stichprobe so wählen, dass diese Fehlerwahrscheinlichkeit hinreichend klein ist. In der Literatur werden ein Sicherheitsgrad von 95 % bzw. ein (relativer) Stichprobenfehler von 1 % als noch hinnehmbar genannt.
2.3 Einhaltung der GoB
Rz. 7
Das mathematisch-statistische Verfahren muss den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entsprechen. Die Vorschrift hat klarstellenden Charakter, da der Einsatz ordnungswidriger Verfahren ohnehin unzulässig ist.
Rz. 8
Zu den Anforderungen an ein Inventurverfahren betreffend Einhaltung der GoB siehe § 240 Rz 9 ff.
Rz. 9
Die Anwendung von Stichprobenverfahren ist kein Verstoß gegen den Grundsatz der Einzelerfassung, der Vollständigkeit oder der Einzelbewertung (§ 252 Rz 54). Bei Anwendung der Stichprobenverfahren ergibt sich die Einzelerfassung nicht durch die körperliche Bestandsaufnahme der einzelnen Bestände. Vielmehr kommt es entweder zu einer sachgerechten Hochrechnung der Bestände oder das Stichprobenverfahren bestätigt die Bestandszuverlässigkeit der Lagerbuchführung, die die Bestände einzeln erfasst.
2.4 Bestandszuverlässigkeit der Lagerbuchführung
Rz. 10
Anwendungsvoraussetzung für die Inventurvereinfachungsverfahren des § 241 HGB ist die dauerhafte Bestandszuverlässigkeit. Für die vor- bzw. nachverlegte Stichtagsinventur muss Bestandszuverlässigkeit lediglich für den Fortschreibungszeitraum gegeben sein. Dazu muss das Bestandsführungssystem permanent die Bestände so erfassen, fortschreiben und korrigieren, dass die Buchbestände zu jedem Zeitpunkt nicht mehr als unwesentlich von den tatsächlichen Beständen im Lager abweichen. Dazu ist die Einrichtung eines sachgerecht aufgebauten und funktionsfähigen internen Kontrollsystems erforderlich; dies erfordert, dass der Kfm. auf der Grundlage einer Analyse der Bestandszuverlässigkeitsrisiken ein System von Sicherungsmaßnahmen und Kontrollen einrichtet.
Rz. 11
Zu den Sicherungsmaßnahmen gehören bspw. physische und logische Zugangskontrollen sowie bauliche Sicherungsmaßnahmen (bspw. Tresor, Mauer, Alarmanlage, Behälter) oder organisatorische Sicherungsmaßnahmen (bspw. Verfahrensabläufe, Werkschutz). Auf Grundlage der eingerichteten Sicherungsmaßnahmen und einer Einschätzung der verbleibenden Risiken für die Bestandszuverlässigkeit unter Berücksichtigung von in der Vergangenheit ermittelten Bestandsabweichungen muss der Kfm. entscheiden, welche Kontrollen erforderlich sind, um die Bestandszuverlässigkeit dauerhaft zu gewährleisten.
Rz. 12
Die erforderlichen Kontrollen beziehen sich sowohl auf die eingerichteten Sicherungsmaßnahmen als auch auf die in den Büchern verzeichneten Bestände. Das Gesetz enthält keine Vorschrift, wie häufig die Kontrollen vorzunehmen sind. Die gesetzliche Regelung muss deshalb in Abhängigkeit vom erforderlichen Niveau der Bestandszuverlässigkeit ausgelegt werden. Trotzdem wird übereinstimmend die Auffassung vertreten, alle Bestände seien zumindest einmal pro Jahr zu erfassen. Bei einer solchen Orientierung an der Dauer des Gj von normalerweise zwölf M...