Prof. Dr. Stefan Müller, PD Dr. Markus Philipp Kreipl
2.1 Begriff des Gemeinschaftsunternehmens
Rz. 6
Verallgemeinert handelt es sich bei GemeinschaftsUnt um rechtlich selbstständige Unt mit vertraglichen Vereinbarungen über die Durchführung wirtschaftlicher Aktivitäten unter gemeinsamer Leitung zwischen zwei oder mehreren voneinander unabhängigen Parteien, wobei die wirtschaftliche Zusammenarbeit und somit die Verfolgung gemeinsamer Interessen im Vordergrund steht. Es handelt sich um Unt, die von einem in den Konzernabschluss einbezogenen MU oder TU und einem oder mehreren anderen, nicht zum Konzern gehörenden Unt gemeinsam geführt werden. DRS 27.7 definiert ein GemeinschaftsUnt als "Unternehmen, dessen Geschäfts- und Finanzpolitik gemeinsam von zwei oder mehr voneinander unabhängigen Unternehmen geführt wird, wobei eines der Unternehmen das Mutterunternehmen oder ein Unternehmen sein muss, das im Wege der Vollkonsolidierung gem. §§ 300ff. HGB in den Konzernabschluss des Mutterunternehmens einbezogen wird." Für die Erfüllung einer gemeinsamen Führung ist dabei die tatsächliche gleichberechtigte Ausübung des beherrschenden Einflusses auf die Finanz- und Geschäftspolitik des GemeinschaftsUnt durch das MU oder ein in den Konzernabschluss einbezogenes TU gemeinsam mit mind. einem nicht in den Konzernabschluss einbezogenen Unternehmen auf Basis einer auf Dauer angelegten vertraglichen Vereinbarung zur gemeinsamen Führung (DRS 27.10b) durch die Gesellschafter notwendig.
Rz. 7
Unter dem Aspekt der Intensität der Einflussnahme bildet diese Gesellschaftsform die erste Übergangsstufe vom Kern der Unternehmensgruppe zur Umwelt. Im Gegensatz zum Beherrschungskonzept des § 290 HGB, das seinen Ausdruck darin findet, dass bei TU allein das Interesse des MU durchgesetzt werden kann, erfordern GemeinschaftsUnt einen Interessenausgleich der gleichberechtigten Gesellschafter.
Rz. 8
Für die Einstufung als GemeinschaftsUnt sind weder die Beteiligungsquoten noch die Gesellschafterzahl bestimmend. Konstitutive Merkmale sind vielmehr die tatsächlich ausgeübte gemeinsame Führung, die sich darin ausdrückt, dass die Geschäftspolitik in wesentlichen Fragen gemeinsam bestimmt wird, keinem Beteiligten besondere Leitungsbefugnisse zustehen, die Gesellschafter voneinander unabhängig sind und eine i. d. R. auf Dauer ausgerichtete Zusammenarbeit vorliegt. Nach DRS 27.18 hängt die Mindestdauer der vertraglichen Vereinbarung von der vom GemeinschaftsUnt verfolgten Geschäftstätigkeit ab. Das Merkmal der Dauerhaftigkeit schließt nicht aus, dass das GemeinschaftsUnt von vornherein nur für eine gewisse Dauer, z. B. zur Abwicklung eines Großprojekts, errichtet wird.
Die Möglichkeit zur Ausübung der gemeinschaftlichen Leitung in Analogie zum Beherrschungskonzept des § 290 HGB ist somit nicht ausreichend. Denkbar ist jedoch, dass sich die Gesellschafter die Führungsrollen aufteilen, etwa in technische und kaufmännische Führung, wobei aber sichergestellt sein muss, dass bei unterschiedlichen Auffassungen einvernehmliche Entscheidungen herbeigeführt werden. DRS 9.3 unterstellte, dass eine gemeinschaftliche Führung dann gegeben sei, wenn die Gesellschafter strategische Geschäftsentscheidungen sowie Entscheidungen über Investitions- und Finanzierungstätigkeiten einstimmig treffen. Auch nach DRS 27.21 liegt eine gemeinsame Führung nicht vor, sofern sich einer der beteiligten Gesellschafter in Fragen der Finanz- und Geschäftspolitik in Konfliktfällen oder Pattsituationen einseitig durchsetzen kann; dann wäre eine Mutter-Tochter-Beziehung zu einem Gesellschafter anzunehmen. Konkretisierend werden nach DRS 27.25 faktische Gesellschaftsverhältnisse, z. B. paritätische Beteiligungen, alleine als nicht für eine gemeinsame Führung i. S. d. § 310 Abs. 1 HGB ausreichend angesehen. Gleiches wird selbst dann angenommen, wenn die Gesellschafter eines Unt erkennbar gleichgerichtete Interessen in Bezug auf dessen Geschäftstätigkeit haben, darüber hinaus aber keine vertraglichen Vereinbarungen zur gemeinsamen Führung der Finanz- und Geschäftspolitik des betreffenden Unt bestehen. Eine reine Finanzbeteiligung, die sich lediglich auf die Ausübung der mitgliedschaftlichen Rechte beschränkt, ist für eine gemeinsame Führung i. S. d. § 310 Abs. 1 HGB nicht ausreichend (DRS 27.27). GemeinschaftsUnt liegen nach DRS 27.24 sinnvollerweise auch dann nicht vor, wenn durch Vereinbarungen im Innenverhältnis Gesellschafter eines Unt die Mehrheit der Risiken und Chancen aus der Geschäftstätigkeit für einen bestimmten Bereich tragen (sog. Silo- oder Zebra-Gesellschaften). Dann ist regelmäßig nach § 290 Abs. 2 Nr. 4 HGB von einem TU in Form einer Zweckgesellschaft auszugehen, was i. R. d. VollKons einzubeziehen ist (§ 290 Rz 46 ff.).
Rz. 9
Auch wenn der Wortlaut von § 310 Abs. 1 HGB explizit eine Unternehmereigenschaft bei den anderen Gesellschaftern unterstellt, ist denkbar, dass auch eine Privatperson die Rolle eines "nicht in den Konzernabschluss einbezogenen Unternehmens" ausfüllen kann. Dagegen hat das GemeinschaftsUnt selbst stets die Unternehmenseigenschaften zu erfüllen, wob...