Prof. Dr. rer. pol. Karsten Paetzmann
3.1 Darstellung des Geschäftsverlaufs einschließlich Geschäftsergebnis und Lage der Gesellschaft (Abs. 1 Satz 1)
Rz. 24
Das HGB definiert die Begriffe "Geschäftsverlauf", "Geschäftsergebnis" und "Lage" nicht. Die Darstellung von Geschäftsverlauf und Lage der Ges. im Wirtschaftsbericht gehen Hand in Hand, denn zwischen beiden Angabepflichten bestehen Ursache-Wirkungs-Beziehungen. Während sich die Angaben zum Geschäftsverlauf auf die vergangene Periode beziehen, liegt bei den Angaben zur Lage der Ges. eine Zeitpunktbetrachtung zum Abschlussstichtag vor. Eine gemeinsame Berichterstattung ist zweckmäßig. Unter der "Lage" werden zumindest die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage nach § 264 Abs. 2 HGB (darüber hinaus in der Literatur teilweise etwa auch die Struktur der Ges. und wesentliche Entwicklungstendenzen) verstanden. Grds. soll die Betrachtung der Lage zum Zeitpunkt des Abschlussstichtags die zukünftige Entwicklung berücksichtigen. Die Lage der Ges. wird durch die Verhältnisse zum Stichtag wie auch durch Entwicklungserwartungen (insb. strategische Marktchancen und -risiken mit ihrer herausragenden Bedeutung) charakterisiert.
Durch das BilReG wurde in Abs. 1 Satz 1 die Pflicht expliziert, mit der Erläuterung des Geschäftsverlaufs im Wirtschaftsbericht auch das Geschäftsergebnis darzustellen. Während der zugrunde liegende europäische Art. 46 Abs. 1a der Bilanzrichtlinie i. d. F. d. Modernisierungsrichtlinie Geschäftsverlauf, Lage und Geschäftsergebnis gleichberechtigt nebeneinander nennt, hat der deutsche Gesetzgeber das Geschäftsergebnis in Abs. 1 Satz 1 als Annex zum Geschäftsverlauf ("Geschäftsverlauf einschließlich des Geschäftsergebnisses") formuliert. Hieraus kann geschlossen werden, dass nicht eine reine Wiederholung der Darstellung der Ertragslage aus der GuV, sondern vielmehr eine Darstellung, Einordnung und Wirkungsanalyse in Bezug auf den realwirtschaftlichen Geschäftsverlauf und ursächliche Ereignisse in der abgelaufenen Periode vom Gesetzgeber gewollt sind.
Rz. 25
Die Darstellung des Geschäftsverlaufs, des Geschäftsergebnisses und der Lage muss dem Adressaten vermitteln, wie das Gj aus Sicht der Ges. verlaufen ist und wie die Situation zum Abschlussstichtag eingeschätzt wird. Hierzu kann, muss aber nicht, eine Erläuterung anhand einzelner Segmente der Ges. erfolgen.
Rz. 26
Zunächst ist auf die gesamtwirtschaftlichen und branchenspezifischen Rahmenbedingungen einzugehen. Weiterhin kann die Darstellung anhand der einzelnen Funktionsbereiche der Ges. erfolgen. Hierzu gehören:
- Beschaffung: Wichtige Entwicklungen der Versorgungslage, Kosten für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe, Energiekosten, Vorratshaltung etc.
- Fertigung: Wesentliche Änderungen des Produktionsprogramms, Investitionen, Öffnung oder Schließung von Betriebsstätten, Beschäftigung, Auslastung etc.
- Produkt/Markt/Wettbewerb: Aufgliederung der Absatzmengen und des Umsatzes nach Produkten und geografischen Märkten, neue Produkte, neue Märkte, Marktanteile, Konkurrenzprodukte, Wettbewerbssituation, Marktwachstum, Auftragseingänge und -bestände etc.
Rz. 27
Weiterhin ist über wichtige Ereignisse im Gj (oder in naher Zukunft anstehende Ereignisse) zu berichten, wozu etwa der Erwerb oder die Veräußerung von Beteiligungen, die Eingehung oder Beendigung wichtiger Verträge, wichtige Prozesse und Rechtsformänderungen gehören können.
Rz. 28
Die im Gesetzgebungsprozess zum BilReG noch enthaltene Strategieberichterstattung im Konzernlagebericht, die gleichwohl nicht in die Gesetzesfassung des BilReG aufgenommen wurde, nahm der DSR im E-DRS 27 wieder auf, allerdings nur für den Konzernlagebericht kapitalmarktorientierter MU. Im DRS 20 haben kapitalmarktorientierte MU jedoch wie bisher lediglich freiwillig im Konzernlagebericht die wichtigsten strategischen Ziele und die zu ihrer Erreichung verfolgten Strategien (DRS 20.K39–K44), wesentliche Veränderungen im Vergleich zum Vj (DRS 20.K.44) sowie Aussagen zum Stand der Erreichung der strategischen Ziele (DRS 20.56) anzugeben.
3.2 Analyse des Geschäftsverlaufs und Lage der Gesellschaft (Abs. 1 Satz 2)
Rz. 29
Im Zuge des BilReG wurde in den Abs. 1 der Satz 2 aufgenommen, der eine Analyse fordert, die über eine reine Darstellung hinausgeht. Unter Analyse ist die Untersuchung von Geschäftsverlauf und Lage der Ges. (die Modernisierungsrichtlinie, nicht jedoch Abs. 1 Satz 2, nennt auch das Geschäftsergebnis) zu verstehen. Die Analyse muss
- ausgewogen und
- umfassend sowie
- dem Umfang und
- der Komplexität der Geschäftstätigkeit entsprechend sein.
Rz. 30
Auf wesentliche außerordentliche und/oder einmalige Faktoren, die einen Zeitvergleich oder eine Fortschreibung der historischen Lage auf die zukünftige Entwicklung beeinträchtigen, ist hinzuweisen, möglichst mittels quantitativer Angaben. Hierzu können auch Unt-Transaktionen gehören (DRS 20.63–64).
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