4.1 Hinweis auf Bestandsgefährdungen (Abs. 2 Satz 3)
Rz. 100
Während im Prüfungsbericht gem. § 321 Abs. 1 Satz 3 HGB auf bestandsgefährdende und entwicklungsbeeinträchtigende Risiken i. R. d. Redepflicht zu berichten ist, ergibt sich im Bestätigungsvermerk eine Hinweispflicht nur für bestandsgefährdende Risiken gem. § 322 Abs. 2 Satz 3 HGB.
Mit dieser Hinweispflicht hat der Gesetzgeber die Warnfunktion des Bestätigungsvermerks betont. Es erfolgt eine Hervorhebung der Bestandsgefährdung, die den Bestätigungsvermerk nicht einschränkt. Sie kann deshalb auch nicht eine unzureichende Risikodarstellung in Jahresabschluss und Lagebericht ersetzen, sondern soll an prominenter Stelle dem Leser des zusammen mit dem geprüften Jahresabschluss und Lagebericht offengelegten Bestätigungsvermerk die Situation der Ges. verdeutlichen.
Rz. 101
Da ein uneingeschränkter Bestätigungsvermerk nur erteilt werden kann, wenn im Jahresabschluss die notwendigen Angaben enthalten und im Lagebericht die bestandsgefährdenden Risiken angemessen dargestellt worden sind, kann der Abschlussprüfer bei der Formulierung des Hinweises auf die Ausführungen im Jahresabschluss und Lagebericht Bezug nehmen. Der im Anschluss an den Abschnitt "Grundlage für die Prüfungsurteile" in einem gesonderten Abschnitt des Bestätigungsvermerks aufzunehmende Hinweis kann bspw. wie folgt formuliert werden:
Wesentliche Unsicherheit im Zusammenhang mit der Fortführung der Unternehmenstätigkeit
Wir verweisen auf Angabe A im Anhang sowie die Angaben in Abschnitt B des Lageberichts, in denen die gesetzlichen Vertreter beschreiben, dass ... [bspw. sich die Gesellschaft in Liquiditätsschwierigkeiten befindet]. Wie in Angabe A und Abschnitt B dargelegt, deuten diese Ereignisse und Gegebenheiten [ggf. zusammen mit den anderen dort genannten Sachverhalten] auf das Bestehen einer wesentlichen Unsicherheit hin, die bedeutsame Zweifel an der Fähigkeit der Gesellschaft zur Fortführung der Unternehmenstätigkeit aufwerfen kann und die ein bestandsgefährdendes Risiko i. S. d. § 322 Abs. 2 Satz 3 HGB darstellt. Unsere Prüfungsurteile sind bez. dieses Sachverhalts nicht modifiziert.
Zu Beispielen für mögliche bestandsgefährdende Tatsachen vgl. § 321 Rz 59.
Rz. 102
Soweit bestandsgefährdende Risiken im Anhang und Lagebericht nicht dargestellt sind, die Einschätzung der gesetzlichen Vertreter über die Anwendung des Grundsatzes der Fortführung der Unternehmenstätigkeit im Jahresabschluss aber angemessen ist, hat der Abschlussprüfer im Bestätigungsvermerk die von ihm i. R. d. Abschlussprüfung festgestellten Bestandsrisiken und ihre möglichen Auswirkungen anzugeben und die Prüfungsurteile zum Jahresabschluss und Lagebericht einzuschränken. Wird im Jahresabschluss und Lagebericht zwar über bestandsgefährdende Tatsachen berichtet, werden diese aber nicht deutlich und unter Nennung der Gründe bzw. Anhaltspunkte dargestellt, und wird durch die Darstellungsform und Wortwahl ein irreführendes Bild vermittelt, sodass die Bestandsgefährdung nicht erkennbar wird, erfolgt die Lagedarstellung nicht in Übereinstimmung mit den Anforderungen des § 289 Abs. 1 HGB, sodass die Prüfungsurteile zum Jahresabschluss und Lagebericht einzuschränken sind.
Rz. 103
Soweit im Einzelfall neben dem gesetzlich zwingenden Hinweis auf Bestandsgefährdung gem. § 322 Abs. 2 Satz 3 HGB ein weiterer Hinweis zur Hervorhebung eines Sachverhalts oder auf einem sonstigen Sachverhalt gem. Abs. 3 Satz 2 (Rz 105) im Bestätigungsvermerk aufgenommen werden soll, sollte zunächst der Hinweis auf die bestandsgefährdenden Risiken und dann im Anschluss der Hinweis zur Hervorhebung eines Sachverhalts oder auf einen sonstigen Sachverhalt gegeben werden.
Rz. 104
Zu bestandsgefährdenden Risiken bei TU im Bestätigungsvermerk zum Konzernabschluss und Konzernlagebericht des MU vgl. Rz 142.
4.2 Hinweis zur Hervorhebung eines Sachverhalts bzw. auf einen sonstigen Sachverhalt (Abs. 3 Satz 2)
Rz. 105
Die in § 322 Abs. 2 Satz 2 HGB enthaltene Anforderung nach einer allgemein verständlichen und problemorientierten Beurteilung wird ergänzt durch Abs. 3 Satz 2, wonach der Abschlussprüfer zusätzliche Hinweise auf Umstände aufnehmen kann, auf die er in besonderer Weise aufmerksam machen möchte. Mit diesen Regelungen wollte der Gesetzgeber dem Abschlussprüfer die Abkehr vom reinen "Formeltestat" zum problemorientierten Bestätigungsvermerk ermöglichen (Rz 2), indem über das eigentliche Prüfungsurteil hinaus eine weitere Beurteilung des Prüfungsergebnisses vorgenommen wird. Der Hinweis auf besondere Umstände wird gelegentlich auch als "sonstiger ergänzender Hinweis" bezeichnet.
Rz. 106
Es handelt sich bei der Regelung um eine "Kann-Vorschrift", während der Hinweis auf Bestandsgefährdungen gem. § 322 Abs. 2 Satz 3 HGB obligatorisch ist (Rz 100). Die Formulierung "besondere Umstände" verdeutlicht, dass im Regelfall keine derartigen Hinweise erforderlich sind. In Einzelfällen können Hervorhebungen von Sachverhalten oder weitergehende Erläuterungen zum Inhalt der Rechnungslegung oder zur Trag...