Rz. 39
Die Vorschrift eröffnet ein Widerspruchsrecht, das im Regelfall mehreren Personen zusteht, nämlich dem Insolvenzverwalter und den gesetzlichen Vertretern der insolventen Ges. Jede dieser Personen hat ein eigenes Widerspruchsrecht und darf dieses unabhängig von den anderen Widerspruchsberechtigten ausüben.
Über das Vermögen der T-GmbH wird im August 01 das Insolvenzverfahren eröffnet. Im Oktober 01 meldet ein Gläubiger sein Einsichtnahmerecht beim Insolvenzverwalter an. Der Abschlussprüfer möchte sein Erläuterungsrecht ausüben und fragt den Insolvenzverwalter, ob dieser sein Widerspruchsrecht in Anspruch nimmt.
Neben dem Insolvenzverwalter sind die Geschäftsführer der T-GmbH ebenfalls widerspruchsberechtigt. Da diese den Einsicht begehrenden Gläubiger üblicherweise besser kennen als der Insolvenzverwalter, können diese auch eher Gründe für einen Widerspruch erkennen, weil es sich bei dem Gläubiger z. B. gleichzeitig um einen direkten Konkurrenten handelt.
Rz. 40
Sobald einer der Berechtigten Widerspruch erhebt, darf dem Einsichtnehmenden der Prüfungsbericht nur insoweit zugänglich gemacht werden, dass die geheimhaltungsbedürftigen Tatsachen nicht erkennbar sind. Dies kann bspw. durch Schwärzen bzw. Herausnahme der Berichtspassagen oder durch Vorlage von Teilkopien des Prüfungsberichts erreicht werden.
Rz. 41
Den Widerspruchsberechtigten untereinander stehen gegenseitig keine Rechtsmittel zu, wenn sie der Auffassung sind, ein geltend gemachter Widerspruch sei unzulässig. Der einsichtnehmende Gläubiger oder Gesellschafter kann allerdings seinen Anspruch auf Einsichtnahme der durch Widerspruch entzogenen Berichtsteile durch Leistungsklage geltend machen. Ob auch Zwangsmittel wie ein Ordnungsgeld gem. § 335 HGB geltend gemacht werden können, ist strittig.
Rz. 42
Obwohl es sich nach dem Gesetzeswortlaut um ein Widerspruchsrecht handelt, besteht in den Fällen, in denen die Einsichtnahme zugelassen und dadurch der im Gesetz genannte erhebliche Nachteil für die Ges. bewirkt wird, faktisch eine Widerspruchspflicht, da sich bei Nichtausübung des Widerspruchsrechts der Insolvenzverwalter bzw. die gesetzlichen Vertreter gegenüber der insolventen Ges. ggf. schadensersatzpflichtig machen.
Rz. 43
Das Widerspruchsrecht stellt ab auf Geheimnisse, insb. Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse, deren Offenlegung geeignet ist, der insolventen Ges. einen erheblichen Nachteil zuzufügen. Geheimnisse stellen wohl stets solche Informationen dar, die bei Offenlegung im regulären Geschäftsbetrieb zu einem Verstoß von Geheimhaltungsverpflichtungen der gesetzlichen Vertreter oder des Aufsichtsrates geführt hätten. Dies können bspw. im Prüfungsbericht angeführte Herstellungsverfahren, Liefer- oder Absatzbeziehungen oder Kennzahlen (z. B. Deckungsbeiträge, Margen einzelner Produktlinien) sein. Der Begriff des erheblichen Nachteils ist gesetzlich nicht geregelt und daher auf den Einzelsachverhalt zu beziehen. Es dürfte im Regelfall ausreichend sein, die Eignung zur Nachteilszufügung geltend zu machen, um das Widerspruchsrecht auszuüben. Der Begriff ist eher eng auszulegen und es ist von einer hohen Wahrscheinlichkeit der Nachteilszufügung auszugehen.