Klaus Bertram, Prof. Dr. Sabine Heusinger-Lange
Rz. 186
Die Wahl der Abschreibungsmethode stellt ein gewichtiges bilanzpolitisches Instrument dar. Seit der Aufgabe der umgekehrten Maßgeblichkeit ist eine Übernahme rein steuerlich orientierter Abschreibungsmethoden und Nutzungsdauern in die Handelsbilanz (HB) nicht mehr der Regelfall und aufgrund konkurrierender Rechtsvorschriften tw. auch nicht mehr möglich (vgl. hierzu das Beispiel in Rz 187). Durch sachgerechte Bestimmung von Nutzungsdauern, Abschreibungsmethoden und der Berücksichtigung etwaiger Restwerte sind handelsrechtlich deutlich realitätsnähere Aufwandsverläufe bei den Abschreibungen möglich. C. p. reduziert dies die Notwendigkeit der Vornahme außerplanmäßiger Abschreibungen. Mit der Entkopplung der Handels- von der Steuerbilanz verbunden ist im Bereich des AV die Führung zweier separater Anlagenbuchführungen; eine für handelsrechtliche und eine für steuerliche Zwecke (§ 5 Abs. 1 Satz 2 EStG).
Rz. 187
Zu beachten ist bei der Wahl der Abschreibungsmethode der Grundsatz der Bewertungsstetigkeit (§ 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB). Danach ist es in der HB nicht zulässig, gleiche Sachverhalte unterschiedlich zu bewerten (§ 252 Rz 141).
Ein Unt erwirbt im Gj 2021 einen Pkw. Der Pkw wird mit seinen AK aktiviert und über die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer – die nach den AfA-Tabellen für allgemein verwendbare Anlagegüter bestimmt wird – abgeschrieben. Das Unt entscheidet sich für die degressive Abschreibungsmethode, da diese den tatsächlichen Nutzenverbrauch in dem Unt annahmegemäß am besten widerspiegelt.
Im Gj 2023 erwirbt das Unt einen weiteren vergleichbaren Pkw. Nach dem Grundsatz der Bewertungsstetigkeit ist dieser in der HB ebenfalls degressiv abzuschreiben, soweit sich kein abweichender Nutzenverbrauch begründen lässt und kein begründeter Ausnahmefall i. S. d. § 252 Abs. 2 HGB vorliegt, der einen Methodenwechsel rechtfertigt. In der Steuerbilanz ist dagegen gem. § 7 Abs. 1 EStG zwingend die lineare Abschreibungsmethode zu verwenden. Aufgrund der unterschiedlichen Abschreibungsmethoden kommt es zu unterschiedlichen Wertansätzen in Handels- und Steuerbilanz und somit zu einem (möglichen) Ansatz latenter Steuern.
Rz. 188
Es empfiehlt sich, ähnlich den amtlichen AfA-Tabellen, betriebsindividuelle Abschreibungstabellen zu entwickeln, in denen Nutzungsdauer, Abschreibungsmethode etc. für die im Betrieb vorhandenen VG des AV normiert werden. Insb. in Fällen einer Konzernzugehörigkeit ist dies zur Sicherstellung der einheitlichen Bilanzierung und Bewertung (§ 300 Abs. 2 HGB) im Konzernabschluss zumeist unerlässlich.
Rz. 189
Losgelöst von der gewählten Abschreibungsmethode, sind für handelsrechtliche Zwecke wegen des Stetigkeitsgrundsatzes (§ 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB) eine einmal gewählte Abschreibungsmethode und mithin ein einmal gewählter Abschreibungsplan beizubehalten. Nur in begründeten Ausnahmefällen darf eine Änderung des Abschreibungsplans vorgenommen werden. Ein solcher begründeter Ausnahmefall liegt etwa vor, wenn aufgrund neuer Erkenntnisse oder sich verändernder Verhältnisse ersichtlich wird, dass der ursprüngliche Abschreibungsplan nicht (mehr) korrekt ist. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn eine Fehleinschätzung der Nutzungsdauer und/oder eine Fehlvorstellung über den Entwertungsverlauf des Anlageguts oder eine Veränderung der Abschreibungsbemessungsgrundlage vorliegt.
Rz. 190
Eine Änderung des Abschreibungsplans ist bspw. erforderlich, wenn eine bislang im Einschichtbetrieb genutzte Maschine durch eine dauerhafte Verwendung im Mehrschichtbetrieb deutlich schneller verbraucht wird, als dies bei der Bestimmung der Nutzungsdauer (auf Basis des erwarteten Einschichtbetriebs) geschätzt worden ist. Die Praxis berücksichtigt eine mehrschichtige Nutzung bei Anwendung der linearen Abschreibung verbreitet mit Zuschlägen von 25 bis 50 % auf die im Normalbetrieb verrechneten (linearen) Abschreibungen.
Eine Durchbrechung des Grundsatzes der Stetigkeit ist gem. § 284 Abs. 2 Nr. 2 HGB im Anhang anzugeben.
Rz. 191
Nicht als Änderung des Abschreibungsplans ist ein Übergang von der degressiven auf die lineare Abschreibung anzusehen, wenn dieser Übergang bereits bei Aufstellung des Abschreibungsplans entsprechend berücksichtigt wurde. Gem. § 7 Abs. 3 EStG ist ein solcher Übergang auch steuerlich möglich.