Dipl.-Kfm. Tobias Dreixler
Rz. 27
Die Befreiung kann auch dann nicht in Anspruch genommen werden, wenn Minderheitsgesellschafter die Aufstellung eines (Teil-)Konzernabschlusses beantragen. § 291 Abs. 3 Nr. 2 HGB beinhaltet einen rechtsformabhängigen Minderheitenschutz für an dem zu befreienden MU beteiligte Minderheiten.
Andere Gesellschafter können spätestens sechs Monate vor dem Ablauf des Konzern-Gj die Aufstellung eines Konzernabschlusses und eines Konzernlageberichts beantragen, wenn ihnen mindestens 10 % der Anteile an der zu befreienden AG/KGaA bzw. mindestens 20 % der Anteile an der zu befreienden GmbH als MU gehören. Maßgeblich für die vorgenannte Sechs-Monatsfrist zur Antragstellung ist der Stichtag des Konzernabschlusses des unteren MU. Nach dem Ablauf der Frist stattfindende Veräußerungen lassen nicht erneut ein Antragsrecht für den Erwerber unter dem Gesichtspunkt der Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand aufleben. Daher ist die Frist eine materielle Ausschlussfrist. Sofern hingegen ein Minderheitsgesellschafter fristgerecht die Aufstellung eines Konzernabschlusses beantragt, nach Ablauf der Frist seinen Anteil veräußert und der Erwerber erklärt, er habe kein Interesse an der Aufstellung eines Teil-Konzernabschlusses, muss nach dem Schutzzweck der Rechtsnorm ein Zurückziehen des Antrags durch den Erwerber noch möglich sein. Ein Teil-Konzernabschluss braucht dann nicht aufgestellt werden. Dies gilt ebenso, wenn die gestellten Anträge nach Ablauf der Frist nur ein Votum erzielen, das die Schwellenwerte nicht erreicht. Eigene Anteile sind analog § 16 Abs. 2 Sätze 2, 3 AktG abzuziehen.
Umgekehrt ist bei einer 100 %igen Beteiligung des den befreienden Konzernabschluss aufstellenden MU eine Befreiung nach Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 generell möglich, sofern die Ausnahme nach Abs. 3 Nr. 1 nicht greift.
Die Beteiligungsverhältnisse beziehen sich auf den Tag des Endes der Sechs-Monatsfrist. Maßgeblich ist die Höhe der zurechenbaren Stimmrechte, die sich entsprechend § 290 Abs. 4 HGB bestimmen lässt.
Für die Zurechnung der Stimmrechte ist entweder auf das rechtliche oder auf das wirtschaftliche Eigentum abzustellen (§ 290 Abs. 2, 3 HGB; § 290 Rz 55 ff.). Da das Gesetz nur von Anteilen im Allgemeinen spricht, ist es zutreffend, die Quote nach § 291 Abs. 3 Nr. 2 HGB unter Einbezug der nicht stimmberechtigten Anteile zu berechnen.
Ein bestimmtes Antragsverfahren ist nicht vorgesehen. Einschlägig und zu beachten sind die gesellschaftsrechtlichen Grundlagen des zu befreienden MU. Inhaltlich gewährt § 291 Abs. 3 Nr. 2 HGB ein sonst gesellschaftsrechtlich nicht vorgesehenes Minderheitenrecht.
Bei einer Beteiligungsquote von mindestens 5 % am Grundkapital einer AG/KGaA besteht nach § 122 Abs. 1 AktG ein Recht auf Einberufung der HV. Das Verlangen ist durch Schreiben an den Vorstand geltend zu machen. In diesem Fall kann die HV sich auch bei antragenden Minderheiten von weniger als 10 % zu einer Aufstellung eines (Teil-)Konzernabschlusses entschließen, sofern die entsprechende Mehrheit von mindestens 10 % ein solches Votum abgibt. Auch ohne eigens eine HV einzuberufen, rechtfertigt eine Anteilshöhe von wenigstens 10 % in diesem Fall das Recht, den Antrag schriftlich dem Vorstand der zu befreienden AG/KGaA zur Kenntnis zu bringen. In diesem Fall ist der Vorstand zur Aufstellung eines (Teil-)Konzernabschlusses verpflichtet.
Bei einer GmbH als zu befreiendes MU greift das Recht, eine GesV einzuberufen, wenn eine Beteiligung von mindestens 10 % am Stammkapital besteht (§ 50 Abs. 1 GmbHG). Für Zwecke des § 291 HGB ist jedoch eine Beteiligung von mindestens 20 % erforderlich (§ 291 Abs. 3 Nr. 2 HGB). Im Übrigen gelten die Ausführungen zur AG/KGaA entsprechend. Bei KapCoGes als zu befreiende MU ist vorrangig auf die Bestimmungen im Gesellschaftsvertrag zu achten. Andernfalls ist u. E. im Umkehrschluss bei der AG/KGaA & Co. KG eine Beteiligung von 10 % und bei der GmbH & Co. KG eine Beteiligung von 20 % erforderlich.
Das Antragsrecht ist nach h. M. jedes Jahr neu auszuüben.