Cornelia Linde, Andreas Dörschell
4.2.1 Gesetzliche Regelung
Rz. 104
§ 246 Abs. 2 Satz 2 HGB schreibt vor, dass "Vermögensgegenstände, die dem Zugriff aller übrigen Gläubiger entzogen sind und ausschließlich der Erfüllung von Schulden aus Altersversorgungsverpflichtungen oder vergleichbaren langfristig fälligen Verpflichtungen dienen, […] mit diesen Schulden zu verrechnen" sind. Die zugehörigen Aufwendungen und Erträge aus der Abzinsung und aus dem zu verrechnenden Vermögen sind ebenfalls zu verrechnen. Da es in der Disposition des Unt liegt, das sog. Zweckvermögen oder auch Deckungsvermögen zu deklarieren oder nicht, kann in dem Saldierungsgebot trotz der gesetzlich klaren Verrechnungsvorschrift ("… sind … zu verrechnen") praktisch ein Gestaltungswahlrecht gesehen werden.
Rz. 105
Flankiert wird die Regelung durch die Pflicht, die zu verrechnenden Vermögensgegenstände mit Zeitwerten zu bewerten (§ 253 Abs. 1 Satz 4 HGB). Zur Vermeidung des Ausweises und der Ausschüttung unrealisierter Gewinne wurde eine Ausschüttungs- und Abführungssperre in § 268 Abs. 8 HGB eingeführt (§ 268 Rz 50 ff.). Zu den gem. § 285 Nr. 25 HGB und § 314 Nr. 17 HGB erforderlichen Anhangangaben vgl. Rz 125.
Rz. 106
Die Einführung des § 246 Abs. 2 Satz 2 HGB trägt einer Forderung der Praxis nach einer Vorschrift Rechnung, die es – vergleichbar der Berücksichtigung von Planvermögen (sog. plan assets) beim Ausweis der Pensionsrückstellungen nach den internationalen Rechnungslegungsstandards – erlaubt, VG (als sog. Deckungsvermögen) mit Schulden zu verrechnen.
Zunächst widerspricht die Verrechnung zwar dem Verrechnungsverbot nach Art. 7 der 4. Bilanzrichtlinie. Gleichzeitig wird jedoch die durch die Bilanzrichtlinie verfolgte Zwecksetzung besser erreicht, den Abschlussadressaten ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage zu vermitteln. Soweit die VG ausschl. der Erfüllung bestimmter Verpflichtungen dienen, stellen die aus den Verpflichtungen resultierenden Schulden letztlich keine wirtschaftliche Belastung des Unt dar. Im Ergebnis soll somit nur noch diejenige Verpflichtung ausgewiesen werden, die das Unt wirtschaftlich trifft. Die gleichen Überlegungen gelten für die Verpflichtung zur Verrechnung der zugehörigen Aufwendungen und Erträge.
4.2.2 Deckungsvermögen
4.2.2.1 Anforderungen
Rz. 107
Vermögensgegenstände, die als Deckungsvermögen fungieren sollen, müssen zwei kumulative Voraussetzungen erfüllen:
(1) |
sie müssen dem Zugriff aller übrigen Gläubiger – also mit Ausnahme des Versorgungsberechtigten selbst – entzogen sein (Insolvenzsicherheit) und |
(2) |
sie dienen ausschl. der Erfüllung der zu deckenden Altersversorgungsverpflichtungen (Zweckexklusivität). |
4.2.2.2 Insolvenzsicherheit
Rz. 108
Das Kriterium der Insolvenzsicherheit ist stets erfüllt, wenn dem Versorgungsberechtigten im Fall der Insolvenz in Bezug auf den VG ein Aussonderungsrecht (§ 47 InsO) zusteht. Steht den Versorgungsberechtigten ein in der Praxis häufiger vorkommendes Absonderungsrecht (§ 49 InsO) zu, kann auch ein solches für das Vorliegen der Insolvenzsicherheit hinreichend sein. Dieses kann bspw. bei speziellen Treuhandmodellen oder bei der Verpfändung von Wertpapierdepots oder Rückdeckungsversicherungsansprüchen der Fall sein (Rz. 110 ff.).
Dem Zugriff aller übrigen Gläubiger sind nur VG entzogen, die im Verhältnis zu anderen als dem Versorgungsberechtigten unbelastet sind. Bleibt dem Unt die Verwertung vorbehalten, muss sich das Pfandrecht auch auf das Surrogat (z. B. den Verwertungserlös) erstrecken (Surrogatsklausel).
Für Zwecke des § 246 Abs. 2 Satz 2 HGB kann auf jeden Fall davon ausgegangen werden, dass die VG dem Zugriff der übrigen Gläubiger entzogen sind, soweit die Voraussetzungen des § 7e Abs. 2 SGB IV zur Insolvenzsicherung der Wertguthaben von Zeitwertkonten vorliegen.
Rz. 109
Die neben der Insolvenzsicherheit geforderte Zweckexklusivität des Deckungsvermögens bedingt, dass die VG jederzeit zur Erfüllung der gedeckten Verpflichtungen zur Verfügung stehen und dass auch etwaige laufende Erträge sowie Erträge aus der Realisierung von stillen Reserven der VG der Erfüllung der Verpflichtungen dienen. Im Falle einer Verpfändung von Wertpapieren müssen z. B. auch die Zins-, Dividenden- oder sonstigen Erträge aus diesen Wertpapieren an den Versorgungsberechtigten verpfändet sein.
Die Zweckexklusivität von Deckungsvermögen ist bei Treuhandverhältnissen (z. B. bei sog. CTA-Strukturen, Rz 111) nur dann gewahrt, wenn die Rückgewähr des Vermögens an den Treugeber ausgeschlossen ist. Davon ausgenommen sind Erstattungen durch den Treuhänder an das Unt fü...