Prof. Dr. Harald Kessler, Dr. Jochen Cassel
Rz. 33
Die in die Bewertungseinheit einbezogenen Grundgeschäfte und Sicherungsinstrumente müssen vergleichbaren Risiken ausgesetzt sein. Maßgeblich sind allein die abzusichernden Risiken. Das erfordert
- eine klare Bestimmbarkeit der Risiken, die abgesichert werden sollen,
- eine verlässliche Bewertbarkeit der Zeitwert- bzw. Zahlungsstromrisiken und
- den Nachweis einer hohen Korrelation nicht identischer Risiken.
Da keine Identität der Risiken von Grundgeschäft und Sicherungsinstrument gefordert ist, kommt die Bildung einer Bewertungseinheit auch dann in Betracht, wenn die beiden Komponenten vergleichbaren Risiken ausgesetzt sind, die hoch korreliert sind. So mag sich das Zinsänderungsrisiko aus einem zum 1-Monats-Euribor plus Credit Spread verzinsten Darlehen wirksam durch Abschluss eines Payer-Zinsswaps auf Basis des 6-Monats-Euribor begrenzen lassen. Die hohe Korrelation der beiden Zinssätze ist bei Begründung der Bewertungseinheit plausibel zu machen. Dazu eignet sich bspw. eine Regressionsanalyse (vgl. Beispiel in Rz 41).
Rz. 34
Der Forderung nach einer Betragsidentität ist entsprochen, wenn die Volumina von Grundgeschäft und Sicherungsinstrument sich gegenseitig ausgleichende Wert- oder Zahlungsstromänderungen erwarten lassen. Sie definiert sich nicht zwingend über die Mengeneinheiten von Grundgeschäft und Sicherungsinstrument, sondern über den erwarteten Risikoausgleich. Bei ungleichen Beträgen ist der übersteigende Betrag nach den allgemeinen GoB zu behandeln.
Rz. 35
In den meisten Fällen erfordert die Bedingung der Betragsidentität ein Hedge Ratio von 1 : 1. Das ist etwa der Fall, wenn Fremdwährungsverbindlichkeiten durch Devisentermingeschäfte in der entsprechenden Währung oder variable verzinsliche Darlehen durch Zinsswaps abgesichert werden. Ein abweichendes Hedge Ratio ist dann zu definieren, wenn Grundgeschäft und Sicherungsinstrument keine identischen Risiken aufweisen. Um eine möglichst hohe Risikokompensation zu erzielen, kann es in diesen Fällen geboten sein, unterschiedliche Mengeneinheiten von Grundgeschäft und Sicherungsinstrument zu einer Bewertungseinheit zusammenzufassen (z. B. bei der Absicherung von Forderungen auf US-Dollar durch einen Forward über Kanada Dollar).
Rz. 36
Grundgeschäft und Sicherungsinstrument müssen einen zeitgleichen Eintritt der gegenläufigen Wert- und Zahlungsstromänderungen erwarten lassen. Ist diese Fristenkongruenz aufgrund abweichender Laufzeiten von Grundgeschäft und Sicherungsinstrument nicht erfüllt, muss eine Überbrückung der zeitlichen Inkongruenzen durch Anschlussgeschäfte möglich und beabsichtigt sein.
U plant für das kommende Jahr Exporte in die USA im Volumen von 2 Mio. USD. Das Fremdwährungsrisiko will U durch Abschluss von Devisentermingeschäften begrenzen. Zu diesem Zweck hat U einen Forward mit einem Nominalbetrag von 2 Mio. USD abgeschlossen, der im März des Folgejahrs fällig wird.
Die Fremdwährungsbeträge aus den Exporten werden tw. vor und tw. nach Fälligkeit des Devisentermingeschäfts eingehen. Um eine Fristenkongruenz zwischen Grundgeschäft und Sicherungsinstrument herzustellen, bietet es sich an, die vor Fälligkeit des Termingeschäfts eingehenden Dollarbeträge auf einem Währungskonto anzulegen. Reichen die bis zur Fälligkeit des Forward eingegangenen Dollarbeträge nicht aus, um das Termingeschäft zu erfüllen, kann U den Fehlbetrag über Devisenswaps beschaffen, die ihrerseits bei Fälligkeit aus den Dollarzuflüssen der Grundgeschäfte bedient werden.