LfSt Bayern, Schreiben vom 18.12.2020, S 2342.1.1-22/12 St36
Anwendung des § 3 Nr. 41 Buchst. b) S. 1 EStG auf Veräußerungsgewinne i. S. d § 56 Abs. 2 InvStG
Nach der bis Ende 2017 geltenden Fassung des Investmentsteuergesetzes (InvStG 2004) unterfielen (ausländische) Kapital-Investitionsgesellschaften nicht der Investmentbesteuerung, so dass für diese die Vorschriften über die Hinzurechnungsbesteuerung gemäß §§ 7 – 14 AStG Anwendung fanden. Ab dem 01.01.2018 ist für die nunmehr als Investmentfonds qualifizierenden Kapital-Investitionsgesellschaften und deren Anleger ausschließlich die Besteuerung nach dem InvStG anzuwenden (§ 7 Abs. 7 AStG). Der Systemwechsel vollzieht sich auf Anlegerebene mittels einer fiktiven Veräußerung (§ 56 Abs. 2 S. 1 InvStG).
Auf Grund dieser fiktiven Veräußerung ergeben sich bei den Anlegern von ausländischen Kapital-Investitionsgesellschaften Fragen zur Berücksichtigung des aus der (letztmaligen) Anwendung der Hinzurechnungsbesteuerung nach § 10 AStG resultierenden und am 01.01.2018 als zugeflossen geltenden Hinzurechnungsbetrages.
Nach dem Ergebnis der Erörterungen durch die Einkommensteuer- und Außensteuer-Referatsleiter der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder gilt dabei zur Anwendung des § 3 Nr. 41 EStG im Rahmen der fiktiven Veräußerung nach § 56 Abs. 2 InvStG von Anteilen an Kapital-Investitionsgesellschaften Folgendes:
Grundsätzliche Anwendbarkeit von § 3 Nr. 41 Buchst. b) S. 1 EStG auf den fiktiven Veräußerungsgewinn nach § 56 Abs. 3 S. 1 InvStG:
Die fiktive Veräußerung von Anteilen an einer ausländischen Kapital-Investitionsgesellschaft nach § 56 Abs. 2 S. 1 InvStG erfüllt den Veräußerungstatbestand des § 3 Nr. 41 Buchst. b) S. 1 EStG. Die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 41 Buchst. b) S. 1 EStG ist im Rahmen der Ermittlung des fiktiven Veräußerungsgewinns (§ 56 Abs. 3 S. 1 InvStG) anzuwenden.
Anmerkung LfSt:
Die Ermittlung des fiktiven Veräußerungsgewinns erfolgt nach § 56 Abs. 3 S. 1 InvStG entsprechend den am 31.12.2017 geltenden Regelungen und beinhaltet auch die außerbilanziellen Hinzu- und Abrechnungen (Rz. 56.64 des BMF-Schreibens vom 21.05.2019, BStBl I 2019, 527). Davon umfasst ist auch die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 41 Buchst. b) S. 1 EStG (vgl. Zeile 27 des Vordrucks InvSt VG sowie die zugehörigen Ausführungen in der Anleitung InvSt VG).
Eine Anwendung von § 3 Nr. 41 Buchst. a) EStG für ab dem 01.01.2018 erfolgende Ausschüttungen scheidet dagegen aus (Rz. 56.4 des BMF-Schreibens vom 21.05.2019, a. a. O.). Die Besteuerung richtet sich nunmehr ausschließlich nach dem InvStG.
Billigkeitsregelung I:
Berücksichtigung des am 01.01.2018 zufließenden Hinzurechnungsbetrags bei der Ermittlung des fiktiven Veräußerungsgewinn nach § 56 Abs. 3 S. 1 InvStG:
Der am 01.01.2018 als zugeflossen geltende Hinzurechnungsbetrag nach § 10 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 S. 1 AStG für das mit Ablauf des 31.12.2017 endende steuerliche (Rumpf-)Geschäftsjahr bzw. (Rumpf-)Wirtschaftsjahr einer ausländischen Kapital-Investitionsgesellschaft ist aus Billigkeitsgründen im Rahmen der Ermittlung des fiktiven Veräußerungsgewinns nach § 56 Abs. 3 S. 1 InvStG steuermindernd nach § 3 Nr. 41 Buchst. b) S. 1 EStG zu berücksichtigen. Dies setzt insbesondere voraus, dass der unbeschränkt Steuerpflichtige eine Besteuerung dieses Hinzurechnungsbetrages nachweist.
Billigkeitsregelung II:
Vorrangige Berücksichtigung des am 01.01.2018 zufließenden Hinzurechnungsbetrags für Ausschüttungen der Kapital-Investitionsgesellschaft im zum 31.12.2017 endenden (Rumpf-)Wirtschaftsjahr:
Bei Gewinnausschüttungen einer ausländischen Kapital-Investitionsgesellschaft, die im Laufe des mit Ablauf des 31.12.2017 endenden steuerlichen (Rumpf-) Wirtschaftsjahres erfolgt sind, kann aus Billigkeitsgründen zusätzlich der am 01.01.2018 als zugeflossen geltende Hinzurechnungsbetrag steuermindernd nach § 3 Nr. 41 Buchst. a) EStG berücksichtigt werden. Die Gewinnausschüttung ist im Zuflussjahr zunächst vorläufig nach § 165 AO als nicht steuerbefreit zu erfassen, soweit sie auf den Hinzurechnungsbetrag entfällt, der am 01.01.2018 als zugeflossen gilt. Später kann unter Nachweis der Besteuerung dieses Hinzurechnungsbetrages die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 41 Buchst. a) EStG auch für die auf diesen entfallenden Betrag gewährt werden. Eine Berücksichtigung des Hinzurechnungsbetrages für Gewinnausschüttungen außerhalb des steuerlichen (Rumpf-) Wirtschaftsjahres ist nicht möglich. Ein verbleibender Teil des Hinzurechnungsbetrages ist nachranging bei der Ermittlung des fiktiven Veräußerungsgewinns i. S. d. § 56 Abs. 3 S. 1 InvStG für die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 41 Buchst. b) S. 1 EStG zu berücksichtigen.
Anmerkung LfSt:
Für verdeckte Gewinnausschüttungen und Vorabausschüttungen einer Zwischengesellschaft, die vor dem Zufluss des Hinzurechnungsbetrages vorgenommen werden, kann nachträglich im Billigkeitsweg die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 41 Buchst. a) EStG gewährt werden, wenn die spätere Besteuerung des Hinzurechnungsbetrages durch den unbeschränkt...