Investmentfonds: Feststellungsverfahren für Alt-Anteile im Betriebsvermögen
Übergangsregelung für Alt-Anteile
Mit der Investmentsteuerreform ergab sich ein Systemwechsel für die Besteuerung laufender Investmenterträge und der Veräußerungsgewinne.
Bis 2017 waren die ausgeschütteten bzw. die ausschüttungsgleichen Erträge ertragsteuerlich zu erfassen. Die beim Anleger anzusetzenden Besteuerungsgrundlagen wurden nach den §§ 2-4 InvStG a.F. ermittelt, wobei bestimmte Ertragsbestandteile steuerbefreit waren. Die Veräußerungsgewinne waren nach den Regelungen des § 8 InvStG a.F. anzusetzen. Für betriebliche Anleger war der Veräußerungsgewinn in Höhe des besitzzeitanteiligen Aktien-/Immobiliengewinns (teilweise) steuerfrei.
Seit 2018 werden die im Kapitel 2 des InvStG aufgeführten Investmentfonds auf Anlegerebene nach einer neuen Systematik besteuert. Investmenterträge sind nach den §§ 16 ff InvStG die Ausschüttungen, unter bestimmten Voraussetzungen die Vorabpauschale sowie die Veräußerungsgewinne. Für Aktien-/, Misch-, Immobilien- und Auslandsimmobilienfonds werden diese Erträge teilweise anhand eines pauschalen Satzes steuerfrei gestellt (Teilfreistellung; § 20 InvStG). Für Spezial-Investmentfonds (Kapitel 3 des InvStG) gelten andere Regelungen, die an diese Stelle nicht weiter dargestellt werden.
Diesem Systemwechsel wird in Bezug auf die Veräußerungsgewinnermittlung Rechnung getragen, indem die Alt-Anteile mit Ablauf des 31.12.2017 als veräußert und mit Beginn des 1.1.2018 als angeschafft gelten. Als Veräußerungserlös und Anschaffungskosten ist der letzte im Kalenderjahr 2017 festgesetzte Rücknahmepreis anzusetzen. Der nach der Rechtslage bis zum 31.12.2017 zu ermittelnde fiktive Veräußerungsgewinn (einschließlich außerbilanzieller Hinzurechnungen und Abrechnungen) ist aber erst zu dem Zeitpunkt zu berücksichtigen, zu dem der Alt-Anteil tatsächlich veräußert wird.
D.h. der Gewinn bei der (späteren) Veräußerung setzt sich aus dem "Alt-Gewinn" und dem "Neu-Gewinn" zusammen, wobei die Wertänderungen bis 2017 der alten und die ab 2018 der neuen Rechtslage unterliegen.
Feststellungsverfahren nur für betriebliche Anleger
Für Privatanleger erfolgt die Ermittlung der Veräußerungsgewinne (einschließlich möglicher fiktiver Veräußerungsgewinne) regelmäßig über die Kreditwirtschaft im Rahmen des Steuerabzugs. Werden die Anteile in einem ausländischen Depot gehalten, erklärt der Anleger seine Veräußerungsgewinne im Rahmen der Einkommensteuererklärung. Hierzu sieht die Anlage KAP-INV auch eine besondere Zeile für den fiktiven Veräußerungsgewinn vor.
Lediglich für Anteile im Betriebsvermögen sieht der Gesetzgeber die gesonderte Feststellung des fiktiven Veräußerungsgewinns in § 56 Abs. 5 InvStG vor.
Die erstmalige Feststellungserklärung steht einer gesonderten Feststellung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleich, sie wirkt also wie eine Steueranmeldung. Der Veräußerungsgewinn ist durch den Anleger zu ermitteln. Eine berichtigte Feststellungserklärung gilt als Antrag auf Änderung i. S. des § 164 Absatz 2 Satz 2 AO.
Abgabefrist für die Feststellungserklärung
Die Feststellungserklärung ist frühestens nach dem 31.12.2019 und spätestens bis zum 31.12.2022 elektronisch ans Finanzamt zu übermitteln. Generell ist das Finanzamt des Anlegers für das Feststellungsverfahren zuständig. Die in § 56 Abs. 5 InvStG geregelte Abgabefrist endet damit Ende des Jahres 2022.
Ausnahmen für "zeitnahe" Veräußerungen
Soweit Alt-Anteile bereits vor dem 1.1.2023 und vor der Abgabe der Feststellungserklärung veräußert wurden, ist eine Feststellungserklärung nicht abzugeben (§ 56 Abs. 5 Satz 11 InvStG). Für "zeitnahe" Veräußerungen hält der Gesetzgeber ein Feststellungsverfahren für nicht erforderlich. Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 19/4455 S. 74) ist die Feststellungserklärung keine Voraussetzung für die Besteuerung des fiktiven Veräußerungsgewinns im Zeitpunkt der tatsächlichen Veräußerung, sondern soll lediglich die Ermittlung der zutreffenden Bemessungsgrundlage erleichtern. Dies sei insbesondere dann geboten, wenn sehr lange Zeiträume zwischen dem Zeitpunkt der fiktiven Veräußerung und dem Zeitpunkt der tatsächlichen Veräußerung liegen.
Inhalt der Feststellungserklärung
Für die Erklärung zur gesonderten Feststellung des Gewinns aus der fiktiven Veräußerung von Alt-Anteilen zum 31.12.2017 gemäß § 56 Abs. 5 InvStG hat die Finanzverwaltung den amtlichen Vordruck InvSt VG veröffentlicht. Aufgrund der elektronischen Abgabeverpflichtung ist dieser nicht als Papierversion im Formular-Management-System der Finanzverwaltung eingestellt. Im Erklärungsvordruck sind folgende Angaben zu machen:
Zeilen 1-12 | Angaben zum Anleger / zum Empfangsbevollmächtigten u.a. |
Zeilen 13-15 | Allgemeine Angaben zu den Alt-Anteilen (u.a. Einstufung nach der bis 2017 geltenden Rechtslage – i.d.R. handelt es sich hierbei um "Investmentfonds“ Name, ISIN) |
Zeilen 16-17 | Letzter im Kalenderjahr 2017 festgesetzter Rücknahmepreis (ggf. Börsen- oder Marktpreis) pro Anteil |
Ab der Zeile 18 ist der Gewinn aus der fiktiven Veräußerung zu ermitteln:
Zeile 18 | Anzahl der zum 31.12.2017 gehaltenen Anteile |
Zeile 19 | Fiktiver Veräußerungserlös (Werte lt. Zeile 18 x Zeile 16/17) |
Zeile 20 | abzgl. Buchwert der Anteile zum 31.12.2017 |
Zeile 21 | abzgl. / zzgl. Ausgleichs-/Merkposten lt. gesonderter Einzelaufstellung |
Zeile 22 | abzgl. / zzgl. besitzzeitanteiliger Anleger-Immobiliengewinn |
Zeile 23 | Feststellungsergebnis Gewinn nach § 56 Abs. 3 Satz 1 InvStG |
Zeile 24 | darin enthalten: besitzzeitanteiliger Anleger-Aktiengewinn (§ 8b KStG) |
Zeile 25 | darin enthalten: besitzzeitanteiliger Anleger-Aktiengewinn (§ 3 Nr. 40 EStG) |
Zeile 26/27 | Weitere Angaben für fiktiver Veräußerungsgewinnermittlung bei Beteiligung an Kapital-Investitionsgesellschaften nach der bis 2017 geltenden Rechtslage (Ausnahmefall; regelmäßig handelt es sich bei den Alt-Anteilen um Investmentfonds) |
Hinweise zur Feststellungserklärung:
- Die Feststellungserklärung umfasst alle Alt-Anteile an Investmentfonds. Es ist also auch bei mehreren Investmentfonds nur eine Erklärung abzugeben.
- Der fiktive Veräußerungsgewinn wird ebenso ermittelt, wie sich die Veräußerung von Anteilen nach der bis 2017 geltenden Rechtslage dargestellt hätte. Die o.g. Berechnungen waren auch in diesem Fall erforderlich. Die im Zusammenhang mit den Investmentanteilen gebildeten Ausgleichs-/ Merkposten (z.B. aktiver Ausgleichsposten für ausschüttungsgleiche Erträge bzw. passive Ausgleichsposten für AfA oder für Substanzausschüttungen) waren bei der tatsächlichen Veräußerung gewinnwirksam aufzulösen. Der besitzzeitanteilige Aktien-/Immobiliengewinn (§ 8 InvStG a.F.) war außerbilanziell zu korrigieren.
- Eine jährliche Fortschreibung der Feststellung aufgrund von zwischenzeitlichen Veräußerungen von Alt-Anteilen ist gesetzlich nicht vorgesehen. Der Gesetzgeber sieht hierin einen unangemessenen administrativen Aufwand ( BT-Drs. 19/4455 S. 74).
- Bilanziell wird die fiktive Veräußerung dahingehend abgebildet, dass die für den 1. Januar 2018 ermittelten fiktiven Anschaffungskosten an die Stelle des Buchwerts treten. Dies erfordert die Bildung einer (gewinnneutralen) Rücklage (vgl. Rz. 56.49 ff des BMF-Schreibens v. 21.5.2019, BStBl 2019 I S. 527).
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