Zusammenfassung
Darf eine Arbeitnehmerin wegen mehrerer unmittelbar aufeinanderfolgender mutterschutzrechtlicher Beschäftigungsverbote praktisch bis zum Ende ihres Arbeitsverhältnisses nicht arbeiten, muss der Arbeitgeber den angesammelten Urlaub abgelten.
Hintergrund
Eine Zahnärztin, die von 2017 bis Ende März 2020 angestellt war, konnte aufgrund von Mutterschutz und weiteren Beschäftigungsverboten nicht arbeiten. Der Vertrag gewährte ihr 28 Tage Urlaub pro Jahr. Wegen ihrer Schwangerschaften und der anschließenden Kinderbetreuung war sie ab Dezember 2017 nicht mehr tätig.
Zum Ende ihrer Anstellung forderte sie die Abgeltung von 68 Urlaubstagen:
- 5 Tage Resturlaub von 2017
- 28 Tage für 2018
- 28 Tage für 2019
- 7 Tage anteilig für 2020
Der Arbeitgeber weigerte sich, da er davon ausging, es seien keine neuen Urlaubsansprüche während der durchgängigen Beschäftigungsverbote entstanden.
Entscheidung
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat entschieden, dass der Arbeitgeber die 68 Urlaubstage abgelten muss. Arbeitgeber müssen Urlaub abgelten, der wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden kann.
Bei Beschäftigungsverboten handelt es sich um gesetzlich geregelte Verbote, die es dem Arbeitnehmer untersagen, seine Arbeit auszuführen, beispielsweise aufgrund von Krankheit oder Mutterschutz. In solchen Fällen entstehen trotz des Beschäftigungsverbots vollwertige Urlaubsansprüche, da die Ausfallzeiten als Arbeitszeiten behandelt werden.
Daraus folgt, dass auch während eines Beschäftigungsverbots der Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers weiterläuft und sich entsprechend erhöht. Diese Vorgehensweise wird als "Beschäftigungsfiktion "bezeichnet, da die Zeit des Beschäftigungsverbots als tatsächlich geleistete Arbeitszeit angesehen wird.
Eine weitere wichtige Regelung im Zusammenhang mit Beschäftigungsverboten und Urlaubsansprüchen ist, dass diese nicht verfallen, wenn sie vor dem Beginn des Beschäftigungsverbots nicht genommen wurden. Das bedeutet, dass der Arbeitnehmer auch nach dem Ende des Beschäftigungsverbots noch Anspruch auf die nicht genommenen Urlaubstage hat. Maßgeblich ist allein, dass der Urlaub vor Beginn des (jeweils neuen) Beschäftigungsverbots nicht genommen werden konnte.
Insgesamt ist also festzuhalten, dass trotz Beschäftigungsverboten vollwertige Urlaubsansprüche entstehen und diese nicht verfallen, sofern sie vor dem Beschäftigungsverbot nicht genommen wurden. Der Arbeitnehmer behält somit auch während des Beschäftigungsverbots seinen Anspruch auf bezahlten Urlaub und kann diesen auch nach dem Ende des Verbots noch in Anspruch nehmen.