OFD Niedersachsen, Verfügung v. 16.9.2011, S 0270 - 8 - St 143
Die Bescheinigung in Steuersachen wird auf Antrag ausgestellt und dient insbesondere zur Vorlage in Verfahren zur Erlangung gewerberechtlicher Erlaubnisse (z.B. nach dem Gaststättengesetz, zur Beförderung von Gütern und Personen nach dem Güterkraftverkehrsgesetz bzw. Personenbeförderungsgesetz), in Ausländerangelegenheiten (zur Erlangung einer Aufenthaltsgenehmigung) und – soweit die Vergabebehörden eine entsprechende Bescheinigung fordern – auch bei der Vergabe öffentlicher Aufträge. Sie kann aber auch in allen anderen Fällen, in denen Behörden oder private Auftraggeber des Antragstellers im Rahmen ihrer Entscheidung auf die steuerliche Zuverlässigkeit abstellen, ausgestellt werden.
Mit der Bescheinigung in Steuersachen wird einer Rechtsprechung Rechnung getragen, nach der die Entscheidung über die (auch steuerliche) Zuverlässigkeit oder Unbedenklichkeit des Antragstellers oder des Bewerbers in Genehmigungs- und Vergabeverfahren der verfahrensführenden Behörde und nicht dem FA obliegt.
Der Inhalt der Bescheinigung beschränkt sich auf die wertungsfreie Angabe steuerlicher Fakten wie vorhandener Steuerrückstände, Zahlungs- und Abgabeverhalten des Steuerpflichtigen. Durch den Inhalt der Bescheinigung wird derjenige, der die vom Steuerpflichtigen begehrte Maßnahme (z.B. Erteilung der Gaststättenkonzession) treffen soll, in die Lage versetzt, das steuerliche Verhalten des Steuerpflichtigen selbst zu bewerten und die ihm obliegende Einschätzung der Zuverlässigkeit des Steuerpflichtigen selbst zu treffen. Da mit der Bescheinigung in Steuersachen keine (positiv) wertende Aussage über das steuerliche Verhalten des Antragstellers getroffen wird, ist eine Ermessensentscheidung über die Erteilung der Bescheinigung nicht mehr erforderlich. Die Bescheinigung stellt daher auch keinen Verwaltungsakt im Sinne des § 118 AO dar. Folglich ist gegen eine Bescheinigung mit dem Inhalt, dass der Antragsteller seinen steuerlichen Pflichten nicht nachkommt, der Einspruch nicht statthaft.
Die Bescheinigung bezieht sich auf den aktuellen Sachstand unter Berücksichtigung des Verhaltens des Antragstellers in der Vergangenheit. Eine Prognose über das zukünftige Verhalten ist nicht abzugeben. Daher enthält die Bescheinigung keine Gültigkeitsdauer oder Befristung. Es obliegt allein der entgegennehmenden Behörde bzw. dem Auftraggeber, ob und für welchen Zeitraum die begehrte Genehmigung/der Auftrag aufgrund der aktuellen steuerlichen Tatsachen erteilt wird.
Die steuerliche Bescheinigung ist vom zuständigen FA auf Antrag kostenlos unter Verwendung der Vorlagen aus dem Vorlagenverzeichnis „Abgabenordnung_OFD” AO (S) 49 und AO (S) 49a auszustellen. Wird der Antragsteller steuerlich bei mehreren Finanzämtern geführt, so hat das FA, bei dem der Antrag gestellt worden ist, die Erteilung ergänzender steuerlicher Bescheinigungen durch die anderen Finanzämter zu veranlassen.
Die Bearbeitung der Anträge auf Erteilung einer steuerlichen Bescheinigung obliegt dem zuständigen Amtsprüfer, der sich dabei regelmäßig auf das Ausfüllen der Vorlagen AO (S) 49 und AO (S) 49a anhand von zeitnahen Kontenabfragen beschränken kann.
Die bescheinigten Verhältnisse sind durch das Steuergeheimnis geschützt. Das Bescheinigungsverfahren geht daher davon aus, dass die Bescheinigung dem Antragsteller oder einem berechtigten Vertreter zur Weiterleitung an die Behörde oder den Auftraggeber übersandt wird. Eine unmittelbare Übermittlung an die andere Behörde oder einen Auftraggeber kann nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Antragstellers erfolgen, wenn er zuvor auf den Inhalt der Bescheinigung hingewiesen wurde.
Wird eine entsprechende Bescheinigung direkt von einer anderen Behörde oder einem Auftraggeber verlangt, ist auf das vorgesehene Verfahren zu verweisen. Eine direkte Mitteilung kommt nur in Betracht, wenn und soweit dies nach den Voraussetzungen der §§ 30, 31, 31a und 31b AO zulässig ist.
Normenkette
AO 1977 § 111