Dr. Madelaine Isabelle Baade
1 Sinn und Zweck
Durch die Möglichkeit für die Beschäftigten, im Fall einer Benachteiligung eine Beschwerde anzubringen, sollen die Rechte von Diskriminierungsopfern gestärkt werden.
2 Einrichtung der Beschwerdestelle
§ 13 AGG (und § 12 Abs. 5 AGG) setzen die Existenz einer Beschwerdestelle voraus. Daraus ergibt sich, dass Arbeitgeber keine Wahl hinsichtlich der Einrichtung einer Beschwerdestelle nach AGG haben. Sie sind gesetzlich dazu verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht unabhängig von der Größe des Unternehmens. § 13 AGG findet auch in betriebsratslosen und auch in nicht betriebsratsfähigen Betrieben Anwendung.
2.1 Zuständige Stelle
Die Bestimmung der zuständigen Stelle fällt in die Organisationshoheit des Arbeitgebers. Gesetzliche Vorgaben hierfür bestehen nicht. Die personelle Besetzung der Beschwerdestelle obliegt damit allein dem Arbeitgeber. Er hat einen weiten Spielraum, welchen Personen er die Befugnisse der Beschwerdestelle einräumt.
"Stelle" i. S. d. Gesetzes kann eine einzelne Person sein, aber auch eine Mehrheit von Personen.
Personelle Besetzung
Grundsätzlich empfiehlt sich die Besetzung der Beschwerdestelle mit weiblichen und männlichen Personen, damit die Beschäftigten im Einzelfall aussuchen können, wem sie ihr Anliegen anvertrauen möchten.
Als Beschwerdestelle in Betracht kommen insbesondere:
- Die Personalabteilung / der Personalleiter,
- ein sonstiger Vorgesetzter, wie ein Bereichsleiter,
- Betriebsleiter,
- Geschäftsführung,
- der Gleichstellungsbeauftragte oder der Datenschutzbeauftragte,
- eine betriebliche Beschwerdestelle,
- eine Ombudsperson,
- der Arbeitgeber selbst.
Kenntnis des Arbeitgebers
Der Arbeitgeber muss nicht selbst die zuständige Stelle sein, sollte aber sicherstellen, dass er von begründeten Beschwerden Kenntnis erlangt. Ansonsten kann er die vom Gesetzgeber in § 12 AGG geforderten Maßnahmen nicht ergreifen. Dies ist gerade im Hinblick auf Schadensersatz- und Entschädigungsansprüche der Arbeitnehmer relevant.
Umstritten ist die Möglichkeit, als Beschwerdestelle den Betriebsratsvorsitzenden, den Betriebsrat oder die Schwerbehindertenvertretung einzusetzen. Dies wird teilweise bejaht, sofern die Übernahme der Funktion als Beschwerdestelle auf Freiwilligkeit beruht.
Der Arbeitgeber ist jedoch nicht verpflichtet, eine für Beschwerden nach dem AGG zuständige Stelle neu einzurichten. Er kann vielmehr im Rahmen seiner Organisationshoheit eine oder mehrere der bereits bestehenden Stellen als zuständig benennen. Die AGG-Beschwerdestelle kann mit anderen Beschwerdestellen (z. B. Compliance, Gleichstellung) verknüpft werden, sofern diese in der Lage ist, die Beschwerden zu bearbeiten.
Die Beschwerdestelle muss im Unternehmen sein. Für ausreichend erachtet wird dabei auch eine zentrale Stelle im Unternehmen, die für sämtliche Betriebe zuständig ist. Nicht ausreichend sind hingegen eine konzernweite Meldestelle oder externe Stellen, wie eine telefonische Hotline bei der Konzernzentrale.
2.2 Mitteilungspflichten des Arbeitgebers
Der Arbeitgeber muss den Text des AGG und des § 61b ArbGG sowie Informationen über die für die Behandlung von Beschwerden nach § 13 AGG zuständigen Stellen im Betrieb oder der Dienststelle bekannt machen. Die Bekanntmachung kann dabei gemäß § 12 Abs. 5 AGG durch Aushang oder Auslegung an geeigneter Stelle oder durch den Einsatz der im Betrieb oder der Dienststelle üblichen Informations- und Kommunikationstechnik erfolgen. Damit ist eine Veröffentlichung im Intranet möglich.
3 Beschwerdeverfahren
3.1 Beschwerdeberechtigte Personen
Beschwerdeberechtigt sind die Beschäftigten i. S. d. § 6 AGG und ggf. damit auch Heimarbeiter sowie arbeitnehmerähnliche Personen. Ausreichend zur Wahrnehmung des Beschwerderechts ist es, dass sich der Betroffene benachteiligt "fühlt". Ob der fragliche Vorfall tatsächlich eine Benachteiligung darstellt, ist für das Beschwerderecht unerheblich. Eine zulässige Beschwerde setzt stets eine eigene Betroffenheit voraus. Es gilt das Verbot der "Popularbeschwerde". Die Benachteiligung muss außerdem im Zusammenhang mit dem Beschäftigungsverhältnis erfolgt sein. Rein außerbetriebliche Vorgänge können nicht zum Gegenstand des Verfahrens gemacht werden.
3.2 Gesetzliche Vorgaben
Nähere Vorgaben in Bezug auf das Beschwerdeverfahren hat der G...