Optimierung auf Ebene der Einzelmaterialien
Weder die Formulierung von Zielen noch ein ausgeklügeltes Reporting helfen, geeignete Maßnahmen zur Bestandsoptimierung abzuleiten. Eine Optimierung des Bestands ist nur auf Ebene der Einzelmaterialien möglich, denn dort werden die Dispositionsparameter eingestellt, die zur Steuerung des Bestands beitragen. Das vorgestellte Bestandscontrolling-Instrumentarium erzeugt die notwendige Transparenz zur Plausibilisierung der Dispositionsparameter auf Materialebene.
4.1 Einflussfaktoren für den Bestand
Die Höhe des Bestands ist prinzipiell das Ergebnis von folgenden Einflussfaktoren:
Abb. 4: Einflussfaktoren der Bestandshöhe
Die Prozessqualität steuert die Bestände
Diese Einflussfaktoren spiegeln die Qualität der Beschaffungs-, Produktions- und Distributionsprozesse wieder. Insofern wirkt eine Verbesserung der Prozesse direkt auf diese Einflussfaktoren und damit auf die Höhe des Bestands. Daher ist die Höhe der Bestände immer auch ein Gradmesser für die Güte der Prozesse im Unternehmen.
Die Umsetzung von Maßnahmen kann in 2 Phasen unterschieden werden:
- Zuerst wird die Lieferkette auf Basis der bestehenden (realistischen) Einflussfaktoren Kundenbedarfsschwankungen, Losgröße und Prozessinstabilitäten optimiert. Konkret bedeutet dies die Berechnung und kontinuierliche Überprüfung von Sicherheits-, Melde- und Zielbeständen.
- Liefern diese Aktivitäten nicht das erwünschte Ergebnis, wird versucht, die Einflussgrößen durch weitere Maßnahmen zu beeinflussen.
Abb. 5: Maßnahmen als Folge der Einflussgrößenanalyse
4.2 Bevorratungsstrategien
4.2.1 Make-to-Stock (MTS) und Make-to-Order (MTO)
Differenzierte Strategien
Entsprechend der unterschiedlichen Kundenanforderungen muss auch das Sortiment differenzierten Bevorratungsstrategien unterworfen werden.
Für das Sortiment der Gesellschaft werden lediglich 2 Bevorratungsstrategien verwendet, die auch im IT-System hinterlegt sind und nach denen die Beschaffung der Artikel gesteuert wird:
- Make-to-Order (MTO): Man fertigt/beschafft den Artikel nur auf Kundenbestellung.
Make-to-Stock (MTS): Man entscheidet, dass der Artikel auf Lager zu legen ist. Innerhalb der MTS-Strategie werden noch 2 Varianten verwendet, die sich nur durch die zugrunde liegenden Entscheidungsparameter unterscheiden:
- Bei der verbrauchsgesteuerten MTS-Strategie bezieht man sich für die Disposition auf Vergangenheitsverbräuche. Die Bestellungen an die Produktion bzw. den Lieferanten wird durch das Unterschreiten festgelegter Meldepunkte ausgelöst.
Abb. 6: Bestandsverlauf bei verbrauchsgesteuerter MTS-Strategie
- Bei der plangesteuerten MTS-Strategie werden die sich aus den Planbedarfen ergebenden zukünftigen Verbräuche für die Disposition herangezogen. Voraussetzung für die Anwendung dieser Strategie ist das Vorhandensein von aussagekräftigen Umsatzplänen, z. B. Lieferpläne. Im plangesteuerten Szenario werden die Produktionsaufträge bzw. die Bestellungen beim Lieferanten durch das zukünftige, nach Ablauf der Wiederbeschaffungszeit anvisierte Unterschreiten eines festgelegten Sicherheitsbestands ausgelöst.
Abb. 7: Bestandsverlauf bei plangesteuerter MTS-Strategie
4.3 Kriterien für die Wahl der Bevorratungsstrategie
4.3.1 Generelle Auswahlregeln
Die ABC-XYZ-Analyse ist ein wichtiges Instrument zur Festlegung der oben beschriebenen Bevorratungsstrategie. Beispielsweise tragen die AX-klassifizierten Artikel zu einem nicht unbedeutenden Umsatzanteil bei und weisen darüber hinaus noch eine geringe Schwankungsbreite auf, sind insofern prädestiniert für eine verbrauchsgesteuerte, von den Kundenbedarfen losgelöste MTS-Strategie. Die betreffenden Artikel sollten nach Möglichkeit in einen festen Produktionsplan integriert werden, um die Produktion zu glätten.
Bei CZ-Artikeln gilt hingegen die Devise, diese so weit wie möglich nach MTO, also gemäß Kundenauftrag zu steuern. Allerdings kann es sich bei diesen Artikeln auch um Standardartikel handeln, die nur wenige Male im Jahr verkauft, aber trotzdem auf Lager gehalten werden, um eine hohe Lieferfähigkeit zu gewährleisten.
Abb. 8: Entscheidungsmodell zur Auswahl von Bevorratungsstrategien
Einen Vorschlag für die Auswahl von sortimentsumfassenden Bevorratungsstrategien zeigt Abb. 9.
Abb. 9: Matrix zur Auswahl von Bevorratungsstrategien
4.3.2 Zusätzliche Faktoren
Darüber hinaus wird die Wahl der Bevorratungsstrategie von zusätzlichen Faktoren beeinflusst:
- Geschäftsmodell (OEM-Produkte oder Standardprodukte)
- Kundenverträge: Stellen die Kunden explizite Anforderung an das Vorhalten bestimmter Sicherheitsbestände?
- Prozesssicherheit in der Produktion
- Beschaffungssicherheit beim Lieferanten
- Akzeptanz des Kunden für längere Lieferzeiten im Fall von MTO
Verbundeffekte beachten
Weiterhin ist es wichtig, immer Sortimentsgruppen im Auge zu behalten. Ein wesentliches Ziel ist die Wahl einfach zu handhabender Bevorratungsstrategien für leicht planbare Artikel, um sich dann umso mehr den Problemfällen widmen zu können. Insofern kann es durchaus Sinn machen, Artikel mit guten Plänen und regelmäßigen Verbräuchen trotzdem nicht plangesteuert, sondern verbrauchsgesteuert, d. h. von den Plänen unabhängig, abzufahren. Denn wenn die Verbräuche sowieso regelmäßig sind, kann man diese Artikel imm...