Kosten sparen im indirekten Einkauf: Ansätze und Kennzahlen
Was ist indirekter Einkauf?
In den meisten Betrieben konzentrieren sich die Einkaufsaktivitäten auf die möglichst günstige Beschaffung von Materialien, Teilen und Waren für die Produktion, den so genannten direkten Bedarf. Fast immer handelt es sich um A- und größere B-Artikel, für die ausgeklügelte Beschaffungsstrategien entwickelt werden, etwa Just-in-Time oder Just-in-Sequence.
Beim so genannten indirekten Bedarf, der Beschaffung von Gütern, die für das Funktionieren des Unternehmens als Ganzem wichtig sind, und die nicht direkt in ein Produkt eingehen, gibt es aber in den meisten Betrieben Nachholbedarf. Denn beim indirekten Bedarf handelt es sich um Büro- und Verbrauchsmaterialen oder die Beschaffung von Wartung und Reparaturleistungen mit bei den Einzelpositionen meist niedrigen Volumina. Meist sind es klassische C-Güter, bei denen die Anzahl der Beschaffungsgüter und oft auch die Zahl der Lieferanten deutlich größer ist. Und da wird dann mit Verweis auf den hohen Aufwand bei geringem Nutzen oft nicht so genau hingesehen. Dabei sind diese Artikel in der Summe oft für bis zu 20% der Beschaffungskosten verantwortlich – in Einzelfällen liegt der Anteil sogar noch höher.
Typische Probleme beim indirekten Einkauf
Daher verdient auch dieser Bereich, anders als es häufig bisher gehandhabt wird, mehr Beachtung. Die Digitalisierung, Automatisierung der Bestellungen mit kurzen Bearbeitungszeiten und künstliche Intelligenz sowie spezifische Unternehmen, die sich auch auf die Optimierung der Beschaffung des indirekten Bereichs konzentrieren, können dabei helfen. Auch eine Verbesserung der Prozesse trägt zu einer Kostenreduktion bei. Mögliche Gründe:
- Oft dürfen Artikel des indirekten Einkaufs dezentral beschafft werden, oder die Beschäftigten tun es einfach, weil das am schnellsten geht und der klassische Bestellprozess zu komplex ist und beispielsweise mehrere Personen „mitzeichnen“ müssen. Das führt aber dazu, dass Bestellungen nicht gebündelt und bessere Konditionen nicht erreicht werden können.
- Oft kaufen Mitarbeiter dann dort, wo es aus ihrer Sicht am einfachsten ist. Was aber höhere Preise zur Folge haben kann und auch die Anzahl der Bestellungen und Rechnungen steigt. Auch Doppelbestellungen bzw. -einkäufe oder Fehlmengen sind möglich („Ich dachte, die Bestellung ist noch nicht erfolgt.“ „Ich habe angenommen, Kollege X hat die Bestellung bereits vorgenommen.“).
- Außerdem kann hinzukommen, dass weniger zuverlässige Lieferanten kontaktiert werden. In letzter Konsequenz führt das auch häufig zu Budgetüberschreitungen, weil schlicht die Transparenz fehlt.
Dieses Vorgehen ohne Einbindung des Einkaufsbereichs wird auch als „Maverick Buying“ bezeichnet.
Ideen und Ansätze für Verbesserungen beim indirekten Einkauf
Daher sollte es auch für die indirekte Beschaffung Richtlinien und Anweisungen geben. Einige Ideen und Ansätze für Verbesserungen sind:
- Definition und Kommunikation dessen, was im Betrieb unter indirekter Beschaffung verstanden wird.
- Bestandsaufnahme zur Bestimmung des Volumens des indirekten Einkaufs, z.B. indem man im ersten Schritt vom Gesamtvolumen des Einkaufs den Wert der A- und (größeren) B-Artikel abzieht. Hinweis: Moderne Procurement-Programme erkennen über selbstlernende Algorithmen mittels KI, ob es sich um Artikel des direkten oder indirekten Bedarfs handelt. Für die Nutzung bzw. Umsetzung sollten der aktuelle oder potenzielle Anbieter gefragt werden. Inzwischen gibt es Lieferanten, die Lösungen auch für mittelständische Unternehmen bereitstellen (s. Externe Unterstützung einbinden).
- Festlegung eines Ziels, z.B. das die Kosten für die Beschaffung indirekter Güter gegenüber der Vorperiode um X% sinken sollen. Alternativ können relative Ziele formuliert werden, z.B. Anteil indirekter Beschaffungsgüter am Umsatz soll von X% auf Y% sinken oder nicht höher sein als Z%.
- Festlegung einer Person, die für die indirekte Beschaffung verantwortlich ist.
- Entwicklung von Bestimmungen, die regeln, dass grundsätzlich alle Güter über den Einkauf beschafft werden müssen. Dabei sollten Ausnahmen zulässig sein und definiert werden. Beispielsweise ist es bei einem Bauunternehmen meist günstiger, dass ein Arbeiter in einem Baumarkt Teile direkt beschafft, die vor Ort fehlen, statt diese über den Einkauf zu besorgen, und es zu Verzögerungen an der Baustelle kommt. Mitarbeiter können per Arbeitsanweisung dazu verpflichtet werden, sich an die Vereinbarungen zu halten.
- Vereinfachung der Bestellprozesse, indem z.B. bei indirektem Bedarf nur eine Instanz mitzeichnen oder zuvor autorisierte Mitarbeiter zwar autonom, aber nur bei bestimmten Lieferanten beziehen dürfen, mit denen Rahmenverträge bestehen. Gleichzeitig sollten je autorisiertem Beschäftigten Höchstbeträge für Bestellungen festgeschrieben werden, um Budgetüberschreitungen zu vermeiden. Das mögliche Bestellvolumen kann in der Regel über moderne IT-Lösungen überwacht werden.
- Grundsätzliche Nutzung digitalisierter Lösungen, z.B. E-Procurement-Software, die das Beschaffen einfacher machen, indem z.B. übersichtliche Kataloge und Warenkörbe angeboten und die Abrechnung mit der Buchhaltung automatisch erfolgt (s. Externe Unterstützung einbinden).
- Definition von Kennzahlen und Indikatoren, mit dem sich auch der indirekte Einkauf steuern lässt und die dazu beitragen, dass das Thema auch in den Köpfen der Entscheider verankert bleibt, analog der Key-Performance-Indikatoren (KPI) beim direkten Einkauf.
Beispiele für Kennzahlen zur Steuerung des indirekten Einkaufs
Für den direkten Einkauf gibt es fast immer KPIs, wodurch dieser Teil des Einkaufs im Fokus der Verantwortlichen ist und bleibt. Für den indirekten Einkauf fehlen solche Indikatoren bislang häufig. Dabei kann und sollte auch der indirekte Bereich mit Kennzahlen wie vom Einkauf verantwortetes Volumen oder Einkaufsvolumen mit Rahmenvertrag gesteuert werden, wobei geprüft werden sollte, hier ggf. nach Kategorien (direkte / indirekte Beschaffung) zu unterscheiden. Je nach Intensität der Aktivitäten kann auch geprüft werden, ob weitere Kennziffern zum Einsatz gelangen sollen, etwa Beschaffungsgüter/-volumen durch Fachabteilungen oder Anzahl Lieferanten für indirekten Einkauf. Einige Vorschläge zeigt die Tabelle. Bei den Formeln handelt es sich um Vorschläge, die angepasst werden können.
Kennzahl | Formelvorschlag | Erläuterungen |
Anteil indirekter Einkauf | Volumen indirekter Einkauf * 100% / Umsatz (alternativ: gegenüber Vorperiode) | Als Ziel- und Steuerungsgröße nutzbar. Steigt der Anteil über einen definierten Wert, ist das ein Grund, sich noch intensiver mit dem Thema zu befassen |
Vom Einkauf verantwortetes Bestellvolumen | Wert Bestellungen durch Einkauf ausgelöst * 100 / Gesamtvolumen Bestellungen | Je höher dieser Wert, desto mehr Artikel werden zentral beschafft und desto eher können Produkte zentral bzw. mit Rahmenverträgen zu günstigeren Konditionen eingekauft werden. |
Lieferanten indirekte Artikel | Anzahl Lieferanten für indirekte Artikel * 100 / Gesamtzahl Lieferanten | Je höher die Anzahl indirekter Lieferanten, desto geringer die Möglichkeit, durch gebündelte Bestellungen günstige Konditionen zu erzielen. |
Anteil Artikel mit Materialnummern | Anteil Artikel mit Materialnummern * 100 / Gesamtzahl Artikel | Je mehr Artikel eine Materialnummer haben, desto geringer ist der Anteil „freihändiger“ Einkäufe und damit das Risiko, dass mit geringen Bestellvolumina zu hohe Preise akzeptiert werden. |
Anteil vom Einkauf verhandelter / abgeschlossener Verträge | Anteil Verträge, die vom Einkauf verhandelt wurden * 100 / Gesamtzahl Verträge | Je höher der Wert, desto mehr Artikel können mit günstigen Konditionen beschafft werden und bei sich ändernden Volumina in der Beschaffung ggf. nachverhandelt werden. |
Praxis-Tipp
Die Regelungen und Maßnahmen beim indirekten Einkauf sollten jährlich überprüft und angepasst werden, um weitere Verbesserungen zu erreichen: Müssen die Ausnahmefälle ergänzt werden? Wie sieht es mit der Vereinfachung von Prozessen aus? Muss hier nachgesteuert werden? Gibt es besser geeignete Kennzahlen? Usw.
Externe Unterstützung einbinden
Inzwischen gibt es verschiedene Anbieter, die sich darauf konzentrieren, Unternehmen bei der indirekten Beschaffung zu unterstützen. Sie versprechen Einsparungen beim indirekten Einkauf von zum Teil deutlich mehr als 10%.
Mögliche Anbieter und Unterstützer bei der Umsetzung können u.a. sein:
Grundsätzlich sollten aber alle Anbieter von Einkaufssoftware in der Lage sein, auch für Verbesserungen beim indirekten Einkauf zu sorgen. Da der Fokus in den meisten Betrieben aber oft bei A-Artikeln liegt, muss das im Zweifel konkret eingefordert werden.
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