Leitsatz
1. Mit der Umstellung der Besteuerung der Alterseinkünfte auf die sog. nachgelagerte Besteuerung hat der Gesetzgeber die Grenzen seines weiten Gestaltungsspielraums nicht überschritten.
2. Die Besteuerung der Renteneinkünfte eines vormals Selbstständigen im Rahmen der Übergangsregelung des AltEinkG begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, sofern nicht gegen das Verbot der Doppelbesteuerung verstoßen wird.
Normenkette
§ 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a, § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG, Art. 3 Abs. 1 GG
Sachverhalt
Der Kläger erhielt seit dem Jahr 2001 Altersrenten des Rechtsanwaltsversorgungswerks und der Deutschen Rentenversicherung. Für die Veranlagungszeiträume 2001 bis 2004 wurden die Leibrenten des Klägers jeweils mit einem Ertragsanteil von 27 % berücksichtigt, die Renteneinnahmen des Jahrs 2005 wurden mit einem Besteuerungsanteil von 50 % der Besteuerung unterworfen. Den für das Jahr 2005 ermittelten steuerfreien Anteil der Renten legte das FA auch der Besteuerung der Renten des Jahrs 2006 zugrunde.
Weder die Vorverfahren, mit denen der Kläger begehrte, die angefochtenen ESt-Bescheide dahingehend abzuändern, dass die angesetzten Ertrags- bzw. Besteuerungsanteile seiner Renten außer Betracht bleiben, noch die Klage hatten Erfolg (Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil vom 23.04.2007, 3 K 148/05, Haufe-Index 1748434, EFG 2007, 1077).
Entscheidung
Die Revision war ebenfalls erfolglos. Die Gründe ergeben sich aus den Praxis-Hinweisen.
Hinweis
Mit diesem Urteil hat der BFH die Neuregelung der Besteuerung der Alterseinkünfte ab 2005 durch das Alterseinkünftegesetz grundsätzlich verfassungsrechtlich abgesegnet. Das Urteil hatte sich dabei mit drei Zeiträumen zu beschäftigen:
1. Rechtslage vor 2005
Die "alte" Rechtslage ist einer verfassungsrechtlichen Überprüfung entzogen und muss von den Steuerpflichtigen akzeptiert werden. Insofern bestätigt der BFH hier seine frühere Rechtsprechung (vgl. zuletzt BFH, Urteil vom 17.07.2008, X R 29/07, BFH/PR 2008, 501, BFH/NV 2008, 1834).
2. Rechtslage in 2005
Im Rahmen der Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Übergangsregelung, die seit 2005 die Besteuerung der Alterseinkünfte normiert, bejaht der BFH – als vorgelagerte Frage der Folgerichtigkeit – die Verfassungsmäßigkeit des angestrebten Endzustands, des Übergangs zur nachgelagerten Besteuerung der Alterseinkünfte. Der Gesetzgeber war im Rahmen seines Gestaltungsspielraums berechtigt, die Grundsätze der Ertragsanteilsbesteuerung neu zu regeln und die vollständige Besteuerung der Alterseinkünfte anzuordnen, zumindest sofern die entsprechenden Beitragsleistungen "steuerfrei" gestellt wurden. Ob die Begrenzung der abzugsfähigen Vorsorgeaufwendungen auf den Höchstbetrag von 20 000 Euro verfassungsrechtlich zulässig ist, brauchte in diesem Rechtsstreit nicht entschieden zu werden.
Auch die Übergangsregelung selbst ist im Grundsatz verfassungsmäßig. Sie verstößt nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz, obwohl die Alterseinkünfte vormals selbstständiger Rentner – trotz unterschiedlicher steuerlicher Entlastung der Vorsorgeaufwendungen – genauso besteuert werden wie die Altersrenten vormals angestellter Rentner.
Bei der verfassungsrechtlichen Überprüfung sind jedoch nicht nur die nominalen Entlastungsbeträge, sondern auch bestehende Systemunterschiede zwischen den gesetzlichen Rentenversicherungen und den berufsständischen Versorgungseinrichtungen zu berücksichtigen. Dabei ist die neuere Rechtsprechung des BVerfG (vom 13.02.2008, 2 BvL 1/06, BFH/NV Beilage 2008, 228) zu beachten, wonach vom Steuergesetzgeber angesichts der zahlreichen unterschiedlichen Variablen in den Vorsorgesystemen, nach denen Vor- und Nachteile auf die Vielzahl der Versicherten verteilt werden, kein annähernd exaktes "Nachzeichnen" solcher unterschiedlichen Wirkungen verlangt werden kann. Es reicht vielmehr aus, dass der Gesetzgeber die unterschiedliche Minderung der subjektiven Leistungsfähigkeit durch Beiträge der Arbeitnehmer zur gesetzlichen Rentenversicherung und der Selbstständigen zur berufsständischen Versorgungseinrichtung nicht willkürlich ignoriert.
Da die vorhandenen Unterschiede zwischen der gesetzlichen Rentenversicherung und den berufsständischen Versorgungswerken jedoch nicht so groß sind, dass sie jede Ungleichbehandlung rechtfertigen könnten, rücken die Aspekte der Administrierbarkeit und Praktikabilität in den Vordergrund, denen der Gesetzgeber im Rahmen des ihm vom BVerfG eröffneten weiten Entscheidungsspielraums die entscheidende Bedeutung zubilligen durfte, ohne dass dies verfassungsrechtlich zu beanstanden ist.
Als strikte verfassungsrechtliche Grenze ist aber das Verbot der Doppelbesteuerung zu beachten. Wann eine Doppelbesteuerung vorliegt, ist jedoch ungeklärt – und bleibt es auch, da der BFH die meisten Streitfragen unbeantwortet lassen konnte, weil im konkreten Fall eine Doppelbesteuerung auf keinem Fall gegeben war – unabhängig davon, welche Berechnungsmethode zugrunde gelegt wurde.
3. Rechtslage in 2006
Das Problem der Ren...