Leitsatz
Das FG Köln kommt zu der Ansicht, dass der Gewinn aus der Veräußerung von Anleihen, welche in Form von Finanzinnovationen vor dem 1.1.2019 erworben wurden, korrekterweise nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG zu versteuern sind. Die auszahlende Bank hat hier nach § 43a Abs. 2 Satz 2 EStG in Verbindung mit § 20 Abs. 4 EStG den Veräußerungsgewinn der Abzugsbesteuerung zu unterwerfen.
Sachverhalt
Streitig ist die Steuerbarkeit von Erträgen aus der Rückzahlung von Anleihen nach Ablauf der Spekulationsfrist nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG als nicht steuerbares Veräußerungsgeschäft oder als Einkünfte aus Kapitalvermögen. Der Kläger erwarb im Jahr 2008 Anleihen, welche zunächst eine Festverzinsung und ab einem bestimmten Zeitpunkt (2015) eine variable Vergütung in Abhängigkeit zum EURIBORS vorsahen. Eine Aufteilung in Ertrags- und Vermögensebene war unstreitig möglich. Mit Kündigung und Rückzahlung einer Anleihe im Jahr 2015 unterwarf die auszahlende Bank den Gewinn nach § 43 Abs. 2 Satz 2 EStG in Verbindung mit § 20 Abs. 4 EStG dem Kapitalertragsteuerabzug. In der Einkommensteuererklärung 2015 und 2016 stellte der Kläger sodann einen Antrag auf Erstattung der seiner Meinung nach fälschlich einbehaltenen Kapitalertragsteuer, da es sich seiner Meinung nach bei den Wertpapieren um nachrangig festverzinsliche Schuldverschreibung handele, welche nicht als echte Finanzinnovationen zu qualifizieren seien und damit eine Besteuerung nach Ablauf der Spekulationsfrist ausscheide. Da der Beklagte im Einkommensteuerbescheid 2015 und 2016 dieser Auffassung nicht folgte, legte der Kläger zulässig Einspruch ein. Nach Auffassung des Klägers handele es sich hier um bestandsgeschützte Anteile, da diese vor dem 1.1.2019 angeschafft wurden und daher außerhalb der Spekulationsfrist im Sinne des § 23 EStG nicht steuerbar seien. Auch war während der gesamten Laufzeit zu keiner Zeit eine variable Verzinsung gegeben. Es seien lediglich die in der Zeit des Innehabens der Anleihen zugeflossenen Zinsen zu versteuern, was nach Auffassung des Klägers unstreitig erfolgte. Nach Auffassung des Beklagten handele es sich um eine "unechte" Finanzinnovation, da vertraglich ab einem bestimmten Datum eine variable Verzinsung in Abhängigkeit zum EURIBOR gegeben und eine Trennung in Ertrags- und Vermögensebene möglich sei. Der Beklagte wies die Einsprüche für 2015 und 2016 mit Einspruchsentscheidung vom 25.1.2018 als unbegründet zurück. Bei der hiergegen eingelegten Klage brachte der Kläger nochmals vor, dass die Gewinne als nicht steuerbarer Wertzuwachs zu qualifizieren seien. Derartige, realisierte Wertveränderungen seien aufgrund einer gebotenen teleologischen Reduktion bzw. verfassungskonformen Auslegung des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 EStG a.F. nicht als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu qualifizieren. Darüber hinaus gebe es zur unterschiedlichen steuerlichen Behandlung ähnlich gelagerter Finanzinstrumente verfassungsrechtliche Bedenken. So wurde seiner Meinung nach für rentenähnliche Genussscheine und Gewinnobligationen der Bestandschutz gewährt, da diese ausdrücklich keine Finanzinnovationen darstellen.
Entscheidung
Die Klage ist unbegründet. Nach Auffassung des Finanzgerichts sind die Voraussetzungen zur Besteuerung des Vermögenszuwachses nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG n.F. erfüllt, da aufgrund der zivilrechtlichen Ausgestaltung eine Rückzahlung der Anleihe zum Nennwert und auch ein Entgelt für die Überlassung des Kapitals in Form einer Verzinsung zugesagt wurde. Darüber hinaus handelt es sich bei den veräußerten Anleihen um Kapitalforderungen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG n.F. Nach Auffassung des Gerichts ist die Ausnahme aus der Übergangsbestimmung nach §52 Abs. 28 Satz 16 EStG n.F. auf diesen Fall nicht anzuwenden, da der Gesetzgeber hier Kapitalforderungen nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG a. F. nicht aber Kapitalforderungen nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EStG, welche vor dem 1.1.2009 erworben wurde, freistellen wollte. Der Gesetzgeber hat diese Art von Anteilen absichtlich dem Abzugsverfahren zugeschrieben, da er erkannt hatte, dass ansonsten eine umfangreiche Einzelfallprüfung vorzunehmen wäre. Auch sieht das Gericht im Ergebnis des Streitfalles keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
Link zur Entscheidung
FG Köln, Urteil vom 03.07.2020, 12 K 449/18