Gesetzliche Regelung und ergänzendes BMF-Schreiben
[Ohne Titel]
RiFG Dr. Sascha Bleschick
Zum 1.7.2021 dürfen lohnsteuerrechtliche Vorteile bei der Überlassung bestimmter Vermögensbeteiligungen (insbesondere bei Start-up-Unternehmen) nach Wahl des Arbeitnehmers vorerst nicht besteuert werden, bis dann ein die Besteuerung auslösendes Ereignis eintritt (sog. Besteuerungspause). Diese Steuervergünstigung dient der Verhinderung sog. "trockenen" Einkommens ("dry income"), also der Begrenzung des Steuerzugriffs auf Vermögensvorteile, die keinen Zuwachs an Liquidität zur Folge haben. Der Beitrag geht auf die Auslegung der neuen Regelung ein und bezieht dabei das jüngst erschienene Schreiben des BMF v. 16.11.2021 – IV C 5 - S 2347/21/10001 :006 – DOK 2021/1192053, EStB 2021, 19 (Apitz) ein.
1. Überblick über die Vergünstigungen
Auf einen Blick beinhaltet § 19a EStG folgende Steuervergünstigungen (dazu Näheres unter 6.):
2. Steuerfreibetrag nach § 3 Nr. 39 EStG
Zusammen mit § 19a EStG ist zur weiteren Stärkung der Attraktivität von Mitarbeiterkapitalbeteiligungen der nach § 3 Nr. 39 EStG gewährte Steuerfreibetrag für bestimmte Vermögensbeteiligungen auf 1.440 EUR angehoben worden (zur Berücksichtigung des Freibetrags bei § 19a EStG: dazu Näheres unter 5.g). Beide Vergünstigungen werden in einem eigens erstellten BMF-Schreiben behandelt. § 3 Nr. 39 EStG begünstigt dieselben Vermögensbeteiligungen wie § 19a EStG, wobei die Regelungen ansonsten keine identischen Voraussetzungen haben.
3. Sozialversicherungsrecht
Gleichzeitig mit der Reform von § 19a EStG wurde die sozialversicherungsrechtliche Regelung des § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Halbs. 2 SvEV verändert. Danach zählen lohnsteuerrechtliche Vorteile aus Vermögensbeteiligungen i.S.d. § 19a EStG zum sozialversicherungspflichtigen Arbeitsentgelt. Dies dient der sozialversicherungsrechtlichen Absicherung der Arbeitnehmer und führt darüber hinaus zur Stabilität der Sozialversicherungsbeiträge. Mit der (späteren) Besteuerung nach § 19a Abs. 4 EStG (dazu Näheres unter 6.) fließt dem Arbeitnehmer kein Arbeitsentgelt i.S.d. § 14 SGB IV zu, so dass dann keine Sozialversicherungsbeiträge anfallen.
Beachten Sie: Ein nach § 3 Nr. 39 EStG steuerfreier Anteil aus der zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn überlassenen Vermögensbeteiligung ist – wie bisher – nicht dem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsentgelt zuzurechnen.
4. Anwendungsbereich von § 19a EStG
Hinsichtlich des Anwendungsbereichs von § 19a EStG ist zu unterscheiden:
Zeitlicher Anwendungsbereich: § 19a EStG ist erstmals auf Vermögensbeteiligungen anzuwenden, die nach dem 30.6.2021 übertragen werden (§ 52 Abs. 27 EStG). Eine Übertragung verlangt den Übergang zumindest des wirtschaftlichen Eigentums i.S.d. § 39 Abs. 2 Nr. 1 S. 1 AO an der Vermögensbeteiligung auf einen Dritten. Die schuldrechtliche Zusage reicht mangels Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht nicht aus.
Persönlicher Anwendungsbereich: § 19a EStG betrifft Arbeitnehmer i.S.d. § 1 Abs. 1 LStDV – egal, ob diese (fiktiv) unbeschränkt steuerpflichtig (§ 1 Abs. 1, 3 EStG) sind oder wegen des Bezugs inländischen Sachlohns i.S.d. § 49 Abs. 1 Nr. 4, § 19a EStG beschränkt steuerpflichtig i.S.d. § 1 Abs. 4 EStG sind. Erforderlich ist ein gegenwärtiges oder zukünftiges Arbeitsverhältnis.
Sachlicher Anwendungsbereich: § 19a EStG privilegiert nur bestimmte Vermögensbeteiligungen i.S.d. 5. VermBG (dazu Näheres unter 5.c).
5. Besteuerungspause und ihre Voraussetzungen
Für den Eintritt in die Besteuerungspause müssen die nachfolgenden Voraussetzungen vorliegen.
a) Förderungsvoraussetzungen
Begünstigt ist die Vermögensübertragung an den Arbeitnehmer nur dann, wenn sie Arbeitgeber-Unternehmen einer bestimmten Größenklasse betrifft (sog. Förderungsvoraussetzungen). Dazu begrenzt § 19a Abs. 3 EStG die Förderung anhand von Kriterien, die typischer...