Grünes Licht für das Zukunftsfinanzierungsgesetz
Insbesondere Start-ups, Wachstumsunternehmen sowie kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) soll damit der Zugang zum Kapitalmarkt und die Aufnahme von Eigenkapital erleichtert werden. Neben finanzmarktrechtlichen Anpassungen und der Fortentwicklung des Gesellschaftsrechts sollen auch die steuerrechtlichen Rahmenbedingungen verbessert werden. Dadurch soll die Attraktivität von Aktien und börsennotierten Wertpapieren als Kapitalanlage und die Anzahl börsennotierter Unternehmen in Deutschland erhöht werden.
Aus steuerlicher Sicht enthält das Gesetz im Wesentlichen Änderungen bei der Mitarbeiterkapitalbeteiligung.
Mitarbeiterkapitalbeteiligung: Freibetrag
Mitarbeiterkapitalbeteiligungen sollen ausgebaut werden. Dafür wird der Freibetrag für Mitarbeiterkapitalbeteiligungen (§ 3 Nr. 39 Satz 1 EStG) von derzeit 1.440 EUR auf 2.000 EUR erhöht und Begleitregelungen zur Gewährleistung der zweckgerechten Wirkung dieser Vorschriften eingeführt. Im Regierungsentwurf des Gesetzes war dagegen noch eine Erhöhung auf 5.000 EUR vorgesehen.
Wegen der geringeren Anhebung seien bezüglich der Entgeltumwandlungen die im Regierungsentwurf noch vorgesehen Einschränkungen (wie etwa Zahlung "zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn") nicht mehr erforderlich. Die vom Freibetrag abgedeckten Mitarbeiterkapitalbeteiligungen können daher auch durch Entgeltumwandlung finanziert werden. Verzichtet wurde gegenüber dem Regierungsentwurf auch auf die 3-jährige Haltefrist (§ 20 Abs. 4b EStG). Danach sollten die steuerfreien geldwerten Vorteile nicht zu den Anschaffungskosten bei der Ermittlung des Gewinns bei den Kapitaleinkünften gehören, wenn die Vermögensbeteiligung innerhalb von drei Jahren veräußert oder unentgeltlich übertragen wurde.
Gilt ab 1.1.2024
Mitarbeiterkapitalbeteiligung: Aufgeschobene Besteuerung
Außerdem werden die Vorschriften zur aufgeschobenen Besteuerung der geldwerten Vorteile aus Vermögensbeteiligung von Arbeitnehmern in § 19a EStG ausgeweitet. Die Änderungen haben das Ziel, Startup- und KMU-Unternehmen durch Verbesserung der Mitarbeitergewinnung und -bindung zu fördern und zudem die sog. dry-income-Problematik für die Arbeitnehmer zu entschärfen. Folgendes wird hier im Einzelnen geändert:
- In der Praxis werden die Gesellschaftsanteile typischerweise nicht vom Arbeitgeber selbst, sondern den (Gründungs-)Gesellschaftern gewährt. Durch eine entsprechende die Ergänzung von § 19a Abs. 1 Satz 1 EStG wird klargestellt, dass auch diese Fallgestaltung ein begünstigter Sachverhalt ist (§ 19a EStG Abs. 1 Satz 1 EStG).
- Nach dem Regierungsentwurf sollten als Unternehmen des Arbeitgebers im Sinne des Satzes 1 auch Unternehmen gelten, die dem gleichen Konzern im Sinne des § 18 AktG angehören. Diese Konzernklausel ist aber in der verabschiedeten Fassung gestrichen worden.
- Neu in der verabschiedeten Gesetzesfassung ist gegenüber dem Regierungsentwurf, dass ein Vorteil im Sinne des Satz 1 auch dann als zugeflossen gilt, wenn es dem Arbeitnehmer rechtlich unmöglich ist, über die Vermögensbeteiligung zu verfügen (§ 19a EStG Abs. 1 Satz 3 EStG). Denn bei Start-ups werden nahezu ausschließlich vinkulierte Anteile als Mitarbeiterkapitalbeteiligung gewährt, die sonst nicht unter die Regelung fallen würden.
- Künftig wird nicht mehr auf den einfachen, sondern auf den doppelten KMU-Schwellenwert abgestellt. Bei der Mitarbeiterzahl ist sogar der vierfache KMU-Schwellenwert heranzuziehen (§ 19a Abs. 3 EStG). Die Unternehmen müssen danach weniger als 1.000 (bisher 250) Mitarbeiter beschäftigen und dürfen einen Jahresumsatz von höchstens 100 Mio. (bisher 50 Mio. EUR) oder eine Jahresbilanzsumme von höchstens 86 Mio. EUR (bisher 43 Mio. EUR) erzielen.
- Zudem wird die zeitliche Komponente des Schwellenwerts von zwei auf sieben Jahre erweitert werden. Die Förderung kann danach gewährt werden, wenn die Schwellenwerte im Zeitpunkt der Übertragung der Vermögensbeteiligung oder in einem der sechs vorangegangenen Kalenderjahre nicht unterschritten wurden (§ 19a EStG Abs. 3 EStG).
- Außerdem wird der maßgebliche Gründungszeitraum des Unternehmens von 12 auf 20 Jahre vor dem Beteiligungszeitpunkt ausgeweitet (§ 19a EStG Abs. 3 EStG).
- Die Besteuerung des geldwerten Vorteils aus Vermögensbeteiligungen wird spätestens 15 statt bisher 12 Jahre nach der Übertragung der Vermögensbeteiligung erfolgen (§ 19a EStG Abs. 4 EStG). Die Verschiebung des Besteuerungszeitpunkts gilt auch für Vermögensbeteiligungen, die vor 2024 übertragen werden bzw. wurden. Im Regierungsentwurf war noch eine Erhöhung auf 20 Jahre vorgesehen.
- Im Falle von sog. Leaver-Events (d. h. Rückerwerb der Anteile bei Verlassen des Unternehmens) ist nur die tatsächlich an den Arbeitnehmer gezahlte Vergütung maßgeblich.
Hintergrund eines neuen Absatz 4a in § 19a EStG ist die sog. dry-income-Problematik. Diese tritt auf, weil die Übertragung einer Beteiligung zu steuerpflichtigem Arbeitslohn (Sachbezug) bei den Arbeitnehmern führt, ohne dass ihnen liquide Mittel zugeflossen sind. Durch die Neuregelung findet für die Tatbestände "Ablauf von 15 Jahren" und "Beendigung des Dienstverhältnisses" keine Besteuerung mehr statt, wenn der Arbeitgeber auf freiwilliger Basis unwiderruflich erklärt, dass er die Haftung für die einzubehaltende und abzuführende Lohnsteuer übernimmt.
In diesen Fällen löst erst der spätere Tatbestand "Verkauf" eine Besteuerung aus. Die sonst übliche, haftungsbefreiende Anzeige ist hier nicht möglich. Eine Haftungsinanspruchnahme durch das Betriebsstättenfinanzamt erfordert dann keine weitere Ermessensprüfung durch das Betriebsstättenfinanzamt mehr.
Gilt ab 1.1.2024
Ausweitung der Arbeitnehmer-Sparzulage
Der Anwendungsbereich Arbeitnehmer-Sparzulage wird ausgeweitet. Dazu wird die Einkommensgrenze für die Anlage der vermögenswirksamen Leistungen in Vermögensbeteiligungen (u.a. Investmentfonds) und für die wohnungswirtschaftliche Verwendung der vermögenswirksamen Leistungen (u. a. das Bausparen) auf 40.000 EUR bzw. bei der Zusammenveranlagung auf 80.000 EUR verdoppelt. Im Regierungsentwurf war diese Maßnahme noch nicht vorgesehen.
Gilt ab 1.1.2024
Verwaltung von Krediten sowie Kreditsicherheiten durch Kreditgeber
Nach dem Regierungsentwurf sollten mit Änderungen in § 4 Nr. 8 Buchst. a und g UStG die umsatzsteuerlichen Befreiungstatbestände auf die Verwaltung von Krediten und Kreditsicherheiten durch Kreditgeber ausgedehnt werden. Diese Regelung ist in der verabschiedeten Fassung gestrichen worden.
Weitere steuerliche Anreize aus dem Eckpunktepapier fehlen
Im Eckpunktepapier des BMF wurde angekündigt, einen Freibetrag für im Privatvermögen erzielte Gewinne aus der Veräußerung von Aktien und von Aktienfondsanteilen einzuführen, um stärkere Anreize für die Aktienanlage zu erzeugen. Diese Maßnahme findet sich im verabschiedeten Gesetz nicht wieder. Das gilt auch für die Eckpunktepapier vorgeschlagene Abschaffung des gesonderten Verlustverrechnungskreis für Aktienveräußerungsverluste.
Weitere wichtige Änderungen außerhalb des Steuerrechts
- Zugang zum Kapitalmarkt
Es gibt Erleichterungen bei den Börsenzulassungsanforderungen und bei den Zulassungsfolgepflichten. Bei den Erleichterungen werden Wachstumsunternehmen und KMU besonders in den Blick genommen. So wird das Mindestkapital für einen Börsengang von derzeit 1,25 Mio. EUR auf 1 Mio. EUR gesenkt. Außerdem wird es möglich, einen Antrag auf Börsenzulassung auch ohne den bislang vorgeschriebenen Emissionsbegleiter als Mitantragsteller zu stellen.
- Möglichkeiten der Eigenkapitalgewinnung
Insbesondere Wachstumsunternehmen und Start-ups soll eine flexiblere Gestaltung ermöglicht werden, indem Namensaktien mit Mehrstimmrechten zugelassen werden. Die Zulassung von Mehrstimmrechtsaktien wird durch gesetzliche Regelungen zur Gewährleistung des Minderheiten- und Anlegerschutzes ergänzt.
Kapitalerhöhungen sollen erleichtert werden, indem Gestaltungsspielräume erweitert und die Rechtssicherheit bei deren Durchführung erhöht wird. So wird die Grenze beim vereinfachten Bezugsrechtsausschluss im Aktienrecht von bisher 10 Prozent des Grundkapitals auf 20 Prozent angehoben. Weiter werden die Grenzen des bedingten Kapitals bei Unternehmenszusammenschlüssen sowie für Bezugsrechte von Arbeitnehmern und Mitgliedern der Geschäftsführung von 50 Prozent und 10 Prozent auf jeweils 60 Prozent beziehungsweise 20 Prozent erhöht. Außerdem sind Streitigkeiten über die Angemessenheit der Höhe des Ausgabebetrages bei Kapitalmaßnahmen gemäß § 255 AktG nunmehr nicht mehr im Rahmen eines Anfechtungsverfahrens zuzulassen und stattdessen im Spruchverfahren zu entscheiden.
- Digitalisierung am Kapitalmarkt
Das Gesetz sieht vor, dass Namensaktien künftig in beiden Formen elektronischer Wertpapiere nach dem eWpG begeben werden können, d.h. als Zentralregisterwertpapiere und als Kryptowertpapiere. Zu Inhaberaktien ist eine Beschränkung der elektronischen Begebung auf Zentralregisterwertpapiere vorgesehen.
Zur Stärkung der Rechtssicherheit in der Insolvenz von Kryptoverwahrern werden verwahrte Kryptowerte auch schon vor Inkrafttreten des Legislativakta zu Markets in Crypto Assets (MiCA) dem Zugriff der allgemeinen Gläubiger des Kryptoverwahrers entzogen. Institute, die das Kryptoverwahrgeschäft betreiben, sollen hierfür auch Vorkehrungen zur Trennung eigener Kryptowerte von verwahrten Kryptowerten treffen. Entsprechend wird eine neue Regelung diesbezüglich in das Kreditwesengesetz (KWG) aufgenommen.
- Bereichsausnahme für Allgemeine Geschäftsbedingungen
Das Gesetz sieht eine Bereichsausnahme für Allgemeine Geschäftsbedingungen von der AGB-Kontrolle nach den §§ 307, 308 Nr. 1a und 1b BGB vor, die in Verträgen über erlaubnispflichtige Geschäfte nach dem KWG, den Wertpapierinstitutsgesetz (WpIG) und dem Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) zwischen Banken und anderen Finanzdienstleistern, die über Erlaubnisse nach diesen Gesetzen verfügen, verwendet werden.
- Keine Erleichterungen für offene Immobilienfonds
Offenen Immobilienfonds sollte noch im Regierungsentwurf aufsichtsrechtlich ermöglicht werden, auch Grundstücke zu erwerben, auf denen sich ausschließlich Anlagen zur Erzeugung, zum Transport und zur Speicherung von Strom, Gas oder Wärme aus erneuerbaren Energien befinden, und diese Anlagen auch selbst zu betreiben. In der verabschiedeten Gesetzesfassung ist diese Änderung nicht mehr enthalten.
- Kapitalmarktaufsicht
Da ein moderner Kapitalmarkt eine auch technisch zeitgemäße Aufsicht brauche, sollen Digitalisierungshemmnisse abgebaut werden und die Rahmenbedingungen für eine englischsprachige Kommunikation mit der BaFin verbessert werden.
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besten Dank für Ihren Kommentar, den ich leider erst jetzt entdeckt habe. Ihr Hinweis ist natürlich richtig. Den Beitrag haben wir inzwischen an dieser Stelle korrigiert.
MfG, Frank Holst, Haufe Online Redaktion