LfSt Bayern v. 31.1.2008, S 2342 - 8 St 32/St 33
Das Bundesministerium der Finanzen hat zur ertragsteuerlichen Besteuerung von Gastfamilien, die behinderte Menschen zum betreuten Wohnen in ihren Haushalt aufnehmen, wie folgt Stellung genommen:
1. Zuordnung der Einkünfte (Abgrenzung selbstständige/gewerbliche Einkünfte)
Die obersten Finanzbehörden der Länder haben mehrheitlich entschieden, dass die Gastfamilien aus dem betreuten Wohnen von behinderten Menschen keine gewerblichen Einkünfte, sondern Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG erzielen. Hierbei handelt es sich um eine Einordnung der Einkünfte in eine der nach dem Einkommensteuerrecht möglichen sieben Einkunftsarten. Im Vergleich zu den gewerblichen Einkünften hat die Besteuerung der freiberuflichen Einkünfte den Vorteil, dass zwar auf die hieraus erzielten Einkünfte Einkommensteuer, aber – wie ansonsten bei der Besteuerung von gewerblichen Einkünften üblich – keine Gewerbesteuer anfällt.
2. Betriebsausgaben-Pauschale
Betriebsausgaben sind – wie bei jedem anderen Selbstständigen auch – prinzipiell im Einzelnen nachzuweisen. Nach den Erörterungen der obersten Finanzbehörden der Länder soll jedoch aus Vereinfachungsgründen alternativ die Möglichkeit bestehen, eine monatliche Betriebsausgabenpauschale von 300 EUR pro in der Gastfamilie aufgenommenem behinderten Menschen abzuziehen. Diese Verfahrensweise entspricht den Grundsätzen zur einkommensteuerrechtlichen Behandlung der Geldleistung für Kinder in Tagespflege.
3. Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 11 EStG
Empfänger einer steuerfreien Beihilfe i.S. des § 3 Nr. 11 EStG kann nur derjenige sein, dem sie im Hinblick auf den Zweck der Leistung bewilligt wird. Beim betreuten Wohnen für behinderte Menschen durch Gastfamilien ist nach den §§ 41, 53 SGB VIII die behinderte Person selbst anspruchsberechtigt, so dass auch nur bei ihr die Steuerfreiheit zum Tragen kommt. Damit unterscheidet sich die Konstellation entscheidend von der Vollzeitpflege. Dort steht die laufende Geldleistung nach § 39 SGB VIII den Pflegeeltern zu, so dass diese bei der Pflegefamilie als Beihilfe zur Erziehung steuerfrei behandelt werden kann.
Im Übrigen zeigt auch ein Vergleich mit § 3 Nr. 36 EStG (Steuerfreiheit für häusliche Pflegeleistungen), dass diese Auslegung des § 3 Nr. 11 EStG folgerichtig ist. § 3 Nr. 36 EStG stellt Pflegegelder nach § 37 SGB XI nur bei Pflegepersonen frei, soweit es sich um Angehörige des Pflegebedürftigen handelt. Hauptsächlich wird das Pflegegeld aber bei der Person freigestellt, die den Pflegegeldanspruch gegen die Pflegeversicherung hat, also bei dem Pflegebedürftigen selbst.
4. Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 26 EStG
Die Gewährung des Freibetrags nach § 3 Nr. 26 EStG in Höhe von 2.100 EUR im Jahr setzt voraus, dass der Steuerpflichtige nebenberuflich im Dienst oder Auftrag einer Körperschaft des öffentlichen Rechts oder einer steuerbegünstigten Körperschaft eine Tätigkeit als Übungsleiter, Ausbilder, Erzieher, Betreuer oder eine vergleichbare nebenberufliche Tätigkeit oder eine nebenberufliche künstlerische Tätigkeit ausübt oder nebenberuflich alte, kranke oder behinderte Menschen pflegt und dies zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung – AO -) geschieht. Bei den Zahlungen für die Aufnahme eines behinderten Menschen in eine Gastfamilie werden diese Voraussetzungen nicht erfüllt. Die Gastfamilie wird im Dienst oder Auftrag des behinderten Menschen tätig, nicht im Auftrag einer Körperschaft des öffentlichen Rechts oder einer steuerbegünstigten Körperschaft. Außerdem dürfte die Betreuungspauschale allenfalls zu einem geringen Teil für Tätigkeiten gezahlt werden, die als Pflege des behinderten Menschen durch ein Familienmitglied angesehen werden können.
Im Übrigen hat der Freibetrag nach § 3 Nr. 26 EStG dieselbe Wirkung wie eine Betriebsausgabenpauschale. Da er auf Monate umgerechnet mit 175 EUR für die gesamte nebenberufliche Tätigkeit viel niedriger ist als die von der Finanzverwaltung anstelle des Freibetrags zugelassene Betriebsausgabenpauschale von 300 EUR im Monat pro in der Gastfamilie aufgenommenem behinderten Menschen, käme er ohnehin nicht zur Anwendung.”
Dieses Schreiben entspricht dem BMF-Schreiben vom 14.11.2007, IV B 2 – S 2246/07/0001.
Normenkette
EStG § 3 Nr. 11
EStG § 3 Nr. 26
EStG § 18 Abs. 1 Nr. 1