OFD Karlsruhe, Verfügung v. 11.6.2019, S 270.6/43 - St 212

 

I. Grundsatz/Vorbemerkung

Nach § 1 Abs. 1 Nr. 6 i.V. mit § 4 KStG unterliegen juristische Personen des öffentlichen Rechts (jPöR) nur mit ihren Betrieben gewerblicher Art (BgA) der unbeschränkten Körperschaftsteuerpflicht. Außerhalb der BgA sind jPöR gem. §, 2 Nr. 2 KStG lediglich beschränkt körperschaftsteuerpflichtig hinsichtlich derjenigen Einkünfte, von denen ein Steuerabzug vorzunehmen ist. Dies betrifft insbesondere Gewinnausschüttungen.

Seit der Unternehmenssteuerreform 2001 unterliegt auch das zu versteuernde Einkommen eines BgA dem einheitlichen Steuersatz von 25 % (bis 2007) bzw. von 15 % (ab 2008; vgl. § 23 Abs. 1 KStG). Bei Weitergabe der Mittel an die Anteilseigner kommt i.d.R. aber mangels unbeschränkter Steuerpflicht des Anteilseigners keine Besteuerung in Betracht.

Deshalb sieht § 20 Abs. 1 Nr. 10 EStG vor, dass unter bestimmten Umständen die Zuwendung von Leistungen oder Gewinne eines nicht von der Körperschaftsteuer befreiten BgA an seine Trägerkörperschaft zu Einnahmen aus Kapitalvermögen führen.

§ 20 Abs. 1 Nr. 10 EStG enthält dabei mehrere Besteuerungstatbestände.

Mit dem Kapitalertragsteuerabzug ist die Körperschaftsteuer der Trägerkörperschaft abgegolten, so dass die Kapitalerträge nach § 20 Abs. 1 Nr. 10 EStG nicht im Rahmen einer Veranlagung erfasst werden (§§ 43 Abs. 1 Nr. 7b und c, 43a Abs. 1 Nr. 5 und 6 EStG, § 32 Abs. 1 Nr. 2 KStG). Damit wird die wirtschaftliche Betätigung einer jPöR unabhängig davon, ob sie in der Form eines BgA oder einer Kapitalgesellschaft ausgeübt wird, im Ergebnis der gleichen Steuerbelastung unterworfen. Die Überführung der Gewinne des BgA in den allgemeinen Haushalt löst somit Kapitalertragsteuer aus, die zu einer Definitivbelastung bei der Kommune wird.

 

II. Neues BMF-Schreiben vom 28.1.2019, BStBl I S. 97

Nach der Neufassung des BMF-Schreiben vom 8.8.2005, BStBl 2005 I S. 831, durch das BMF-Schreiben vom 9.1.2015, BStBl 2015 I S. 111 und nach Entscheidung diverser BFH-Verfahren zu dieser Problematik (u.a. BFH-Urteil vom 11.9.2013 – I R 77/11, BStBl 2015 II S. 161 und BFH-Urteile vom 30.1.2018 – VIII R 42/15, VIII R 15/16, BStBl 2019 II S. 96 und S. 101), werden nun die aktuellen Anwendungsfragen zu § 20 Abs. 1 Nr. 10 EStG in einem neuen BMF-Schreiben vom 28.1.2019 (BStBl 2019 I S. 97) dargelegt. Die nachfolgend zitierten Rdnr. beziehen sich auf dieses BMF-Schreiben.

Die Grundsätze des neuen BMF-Schreibens vom 28.1.2019 sind auf alle offenen Fälle anzuwenden. Wurden Rücklagen bei Regiebetrieben in den Veranlagungszeiträumen vor 2018 nach den Grundsätzen des vorherigen BMF-Schreibens vom 9.1.2015, BStBl 2015 I S. 111, anerkannt, richten sich die Tatbestände für deren Fortbestand ab dem Veranlagungszeitraum 2018, ohne dass es hierfür eine Beschlussfassung i.S. der Rdnr. 35 bedarf, nach den Grundsätzen des neuen BMF-Schreibens.

 

III. Besteuerungstatbestände des § 20 Abs. 1 Nr. 10 EStG (Rdnr. 2)

  § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. a EStG § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 1 EStG § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 2 EStG
Betroffene Körperschaften BgA mit eigener Rechtspersönlichkeit BgA ohne eigene Rechtspersönlichkeit BgA ohne eigene Rechtspersönlichkeit
Besteuerungstatbestand Mit Gewinnausschüttungen vergleichbare Leistungen - Nicht den Rücklagen zugeführte Gewinne und verdeckte Gewinnausschüttungen - Auflösung von Rücklagen für Zwecke außerhalb des BgA
    - Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich oder Umsatz über 350.000 EUR oder Gewinn über 30.000 EUR - Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich oder Umsatz über 350.000 EUR oder Gewinn über 30.000 EUR
    - Gewinn i.S. des § 22 Abs. 4 UmwStG n.F. bzw. § 21 Abs. 3 UmwStG a.F.  
Rechtsfolgen Kapitalertragsteuerpflicht i.H. von 15 % der Leistungen Kapitalertragsteuerpflicht i.H. von 15 % der Leistungen bzw. der Gewinne Kapitalertragsteuerpflicht i.H. von 15 % der aufgelösten Rücklagen
 

IV. Einnahmen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. a EStG (Rdnr. 5 – 15)

 

1. Persönlicher Anwendungsbereich

Unter den Anwendungsbereich des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. a EStG fallen nicht von der Körperschaftsteuer befreite BgA mit eigener Rechtspersönlichkeit (z.B. Sparkassen, Anstalten des öffentlichen Rechts, Zweckverbände). Sind Teilbereiche öffentlich-rechtlicher Kreditinstitute von der Körperschaftsteuer befreit (z.B. Landesbanken mit den in § 5 Abs. 1 Nr. 2 KStG genannten steuerbefreiten Förderbereichen), ist § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. a EStG auf den nicht steuerbefreiten Bereich anzuwenden.

§ 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. a EStG findet aus Billigkeitsgründen auch dann Anwendung, wenn eine jPöR aus ihrem BgA ohne eigene Rechtspersönlichkeit Leistungen an eine andere jPöR (insbesondere an deren BgA) erbringt. Eine solche Leistung liegt nur vor, wenn die Beträge nicht zuvor der Besteuerung nach § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG unterlegen haben.

Beispiel (Rdnr. 7):

Ein Zweckverband, der neben der Frischwasserversorgung (BgA) auch der Abwasserentsorgung (Hoheitsbetrieb) die...

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