LFD Thüringen v. 29.5.2006, S 2706 A - 41 - A 2.17 (L)
Auslegungsfragen zur Anwendung des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG bei Betrieben gewerblicher Art wurden von den obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder mit folgendem Ergebnis erörtert:
1. Rücklagenbildung bei Regiebetrieben
Wegen der Zulässigkeit der Rücklagenbildung bei Regiebetrieben verweist das FinMin auf die RdNr. 23 des BMF-Schreibens vom 11.9.2002 in der Fassung des BMF-Schreibens vom 8.8.2005. Die darin aufgestellten Grundsätze gelten sowohl für Regiebetriebe als auch für Eigenbetriebe im Sinne der Thüringer Eigenbetriebsverordnung.
2. Buchgewinne bei Tausch von Wirtschaftsgütern
Nach RdNr. 22 des BMF-Schreibens vom 11.9.2002 ist für die Ermittlung des nach § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG maßgebenden Gewinns grundsätzlich der verwendbare Gewinn maßgebend. Unter Berücksichtigung der Ausführungen unter 1. rechnen zu diesem Gewinn nicht bloße Buchgewinne, die sich beim Tausch von Wirtschaftsgütern des Betriebs gewerblicher Art ergeben. Durch den Tausch gelten die Buchgewinne als reinvestiert und damit als für betriebliche Zwecke verwendet.
3. Wiedereinlage erhaltener Dividenden in die ausschüttende Gesellschaft
Fließen dem Betrieb gewerblicher Art aus einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft Dividenden zu, die dieser im Zuge einer Kapitalerhöhung wieder in diese Kapitalgesellschaft einlegt, gelten die Beträge als reinvestiert.
4. Voraussetzungen für das Nennkapital bzw. eine „vergleichbare Kapitalgröße” eines Betriebs gewerblicher Art
Nach RdNrn. 8 und 13 des BMF-Schreibens vom 11.9.2002 werden Betriebe gewerblicher Art mit eigener Rechtspersönlichkeit im Grundsatz mit Kapitalgesellschaften gleichgestellt. Diese Betriebe gewerblicher Art haben ein Nennkapital oder eine hiermit vergleichbare Größe. Solche Eigenkapitalteile sind nicht Bestandteil des Einlagekontos. Dieses weist als Anfangsbestand nur die in RdNr. 13 des BMF Schreibens vom 11.9.2002 genannten Größen aus. Eine Herabsetzung des Nennkapitals oder der hiermit vergleichbaren Größe und anschließende Rückzahlung führt grundsätzlich nicht zu steuerpflichtigen Einnahmen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. a EStG und lässt das Einlagekonto im Ergebnis unverändert.
Nach RdNr. 25 des BMF-Schreibens vom 11.9.2002 haben auch Betriebe gewerblicher Art ohne eigene Rechtspersönlichkeit ein Einlagekonto zu führen, dessen Anfangsbestand sich aus den dort genannten Größen zusammensetzt; im Übrigen gelten die Grundsätze der RdNrn. 8 und 13 des BMF-Schreibens entsprechend. Haben solche Betriebe auf der Grundlage landesrechtlicher Regelungen ein Nennkapital oder eine hiermit vergleichbare Größe – dies ergibt sich aus den einschlägigen kommunalrechtlichen Vorschriften (z.B. § 5 Abs. 2 der Thüringer Eigenbetriebsverordnung); bloße satzungsrechtliche Vorgaben reichen nicht aus – gelten für die „Herabsetzung” und anschließende „Auskehrung” die vorstehenden Ausführungen entsprechend.
Dies setzt allerdings voraus, dass die Maßnahmen nach den landesrechtlichen Regelungen auch zulässig sind. Sie sind in der Regel nicht zulässig, wenn der nach „Herabsetzung” und „Auskehrung” verbleibende Betrag für die zukünftige Entwicklung des Betriebs nicht als ausreichend anzusehen ist. Hierfür kann der Umstand sprechen, dass es alsbald nach der „Auskehrung” wieder zu einer Kapitalzuführung kommt.
Eine pauschale Annahme von Nennkapital oder einer hiermit vergleichbaren Größe mittels Rückgriff auf die Regelungen in R 33 Abs. 2 KStR 2004 ist nicht möglich.
5. Anfangsbestand des steuerlichen Einlagekontos
Zu der Frage, ob vor dem Systemwechsel vom Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren zum Zwecke des Verlustausgleichs geleistete Einlagen des Trägers des Betriebs gewerblicher Art ohne eigene Rechtspersönlichkeit in den Anfangsbestand des Einlagekontos zu übernehmen sind, ist folgende Auffassung zu vertreten:
Nach § 27 Abs. 1 KStG hat eine steuerpflichtige Kapitalgesellschaft die nicht in das Nennkapital geleisteten Einlagen am Schluss jeden Wirtschaftsjahres auf den steuerlichen Einlagekonto zu erfassen und ausgehend vom Bestand zum Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres um die jeweiligen Zu- und Abgänge fortzuschreiben. Die Vorschrift gilt ab dem ersten Veranlagungszeitraum, in dem das erste Wirtschaftsjahr endet, das unter neues KSt-Recht fällt (§ 34 Abs. 1 KStG i.d.F. des StSenkG vom 23.10.2000).
In das steuerliche Einlagekonto sind daher grundsätzlich nur solche Einlagen einzustellen, die der Kapitalgesellschaft ab dem 1.1.2001 (bei abweichenden Wirtschaftsjahren entsprechend später) zugeführt worden sind. Alteinlagen in Wirtschaftsjahren vor dem Systemwechsel sind grundsätzlich nicht zu berücksichtigen, da auf den Schluss des dem ersten Wirtschaftsjahr im neuen Recht vorangehenden Wirtschaftsjahres kein Bestand des steuerl...