Überentnahme: Eine Überentnahme liegt vor, wenn die Entnahmen höher sind als die Summe aus Gewinn und Einlagen des WJ (§ 4 Abs. 4a S. 2 EStG). In die Ermittlung der Überentnahmen sind auch Entnahmen von Wirtschaftsgütern einzubeziehen, die bereits vor der Einführung der Vorschrift in den Betrieb eingelegt worden sind.
Beachten Sie: Bei Mitunternehmerschaften ist der Begriff der Überentnahme gesellschafterbezogen auszulegen. Die Überentnahme bestimmt sich in diesen Fällen nach dem Anteil des Mitunternehmers am Gesamtgewinn sowie der Höhe seiner Einlagen und Entnahmen.
Unterentnahme: Eine Unterentnahme ergibt sich, wenn die Summe aus Gewinn und Einlagen die Entnahmen übersteigt.
Periodenübergreifende Ermittlung: Unterentnahmen und Überentnahmen sind vorzutragen (§ 4 Abs. 4a S. 3 EStG). Deshalb ist auch dann eine Beschränkung des Schuldzinsenabzugs vorzunehmen, wenn im Veranlagungszeitraum keine Überentnahme vorliegt, sich aber ein Saldo aufgrund von Überentnahmen aus den Vorjahren ergibt. Da die Regelung periodenübergreifend angelegt ist, sind Schuldzinsen wegen Überentnahmen so lange nicht abziehbar, bis der Überhang an Überentnahmen durch Gewinne und Einlagen wieder ausgeglichen ist. Dabei ist die zur Berechnung der nichtabziehbaren Schuldzinsen zugrunde zulegende Überentnahme auf den kumulierten Entnahmeüberschuss zu begrenzen.
Beispiel 4
(nach Rz. 15 des BMF v. 2.11.2018 – IV C 6 - S 2144/07/10001 :007 – DOK 2018/0223681, EStB 2018, 464 (Möller) = BStBl. I 2018, 1207): Im WJ 2019 erwirtschaftet der Stpfl. einem Verlust von 100.000 EUR. Entnahmen oder Einlagen tätigt er nicht. Die Unterentnahme aus den Vorjahren beträgt 10.000 EUR. Der kumulierte Entnahmenüberschuss des Vorjahres beträgt 75.000 EUR.
Berechnung der Überentnahme WJ 2019:
Entnahmen WJ 2019 |
0 EUR |
./. Summe aus Einlagen WJ 2019 (0 EUR) und |
0 EUR |
Gewinn WJ 2019 (-100.000 EUR) = |
-100.000 EUR |
= Überentnahme des WJ 2019 |
100.000 EUR |
+ Unterentnahme aus vorangegangenen WJ |
-10.000 EUR |
= kumulierte Überentnahme |
90.000 EUR |
Berechnung des kumulierten Entnahmenüberschusses WJ 2019:
Entnahmen des WJ 2019 |
0 EUR |
./. Einlagen des WJ 2019 |
0 EUR |
+ kumulierter Entnahmenüberschuss der Vorjahre |
75.000 EUR |
= kumulierter Entnahmenüberschuss des WJ 2019 |
75.000 EUR |
Die Überentnahme des WJ ist mit der Unterentnahme der Vorjahre zu verrechnen und bewirkt eine kumulierte Überentnahme im WJ 2019 i.H.v. 90.000 EUR; die Überentnahme ist jedoch auf den kumulierten Entnahmenüberschuss von 75.000 EUR zu begrenzen. In die Berechnung des Folgejahres geht als Vorjahreswert die Überentnahme mit dem Betrag von 90.000 EUR ein.
EÜR: Auch bei Stpfl. mit einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG ist periodenübergreifend zu ermitteln, ob im betrachteten Gewinnermittlungszeitraum Überentnahmen vorliegen (§ 4 Abs. 4a S. 5 EStG). Dabei werden Überentnahmen nicht auf die Höhe eines niedrigeren negativen Kapitalkontos begrenzt, das zum Ende des jeweiligen Gewinnermittlungszeitraums nach bilanziellen Grundsätzen vereinfacht ermittelt wird.
Betriebsaufgabe/-veräußerung: Verbleibt nach der Betriebsaufgabe oder Betriebsveräußerung im Ganzen noch eine Überentnahme, sind Schuldzinsen nur unter den Voraussetzungen des § 4 Abs. 4a EStG als nachträgliche BA zu berücksichtigen.
Unentgeltliche Betriebsübergabe: Die beim bisherigen Betriebsinhaber/Mitunternehmer entstandenen Über- oder Unterentnahmen sowie der kumulierte Entnahmenüberschuss gehen – ggf. anteilig – auf den Rechtsnachfolger über.