Dipl.-Finanzwirt Rüdiger Happe
Leitsatz
Eine personelle Verflechtung auf Grund tatsächlicher Beherrschung ist nur in Ausnahmefällen anzunehmen, wenn der Mehrheitsgesellschafters seinen geschäftlichen Betätigungswillen dauerhaft durchsetzen kann.
Sachverhalt
Der Kl. war alleiniger Gesellschafter einer GmbH. Die GmbH übte ihre Geschäftstätigkeit zunächst auf eigenem Grundstück aus. 1982 erwarb der Kl. das Grundstück von der GmbH und vermietete es an die GmbH zurück. In 1986 übertrug der Kl. seiner Ehefrau K, seinen beiden minderjährigen Kindern unentgeltlich je einen Anteil i.H.v. 17 v.H. des Grundstücks. Die notwendigen Genehmigungen des Ergänzungspflegers der Kinder wurden durch das Amtsgericht bestätigt. Im selben Jahr gründeten der Kl. (49%), seine Ehefrau K und ihre beiden gemeinsamen Kinder D und C (je 17%). eine GbR, dessen Zweck die Vermietung und Verpachtung des Betriebsgrundstücks war. Die Gründung wurde ohne Einbeziehung des Ergänzungspflegers vollzogen.
Das Finanzamt ging zunächst vom Fortbestand der Betriebsaufspaltung zwischen Kl. und GmbH aus, weil die Grundstücksmiete weiterhin auf das Konto des Kl überwiesen wurde und somit die Grundstücksübertragung nicht tatsächlich vollzogen worden sei. Im Rahmen der Anschluss-Bp wurde die Betriebsaufspaltung als beendet angesehen und ein tarifbegünstigter Betriebsaufgabegewinn ermittelt, da die GmbH die Grundstücksmiete ab April 1993 auf ein Konto der Grundstücksgemeinschaft überwiesen hatte.
Gegen diese Behandlung wandte sich der Kläger nach erfolglosem Einspruch mit der Klage. Die Betriebsaufspaltung sei nicht im Streitjahr beendet worden. Die personelle Verflechtung habe auf Grund der Beteiligungsverhältnisse in der Grundstücksgemeinschaft im Jahr 1986 geendet. Nach den maßgeblichen gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen habe der Kl. die Grundstücksgemeinschaft nicht beherrscht. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass der Kl. die Grundstücksgemeinschaft bis zum 31.3.1993 tatsächlich beherrscht habe. Er habe auf die übrigen Gesellschafter sowohl aus wirtschaftlichen als auch aus anderen Gründen Druck ausüben können, dass sie sich seinem Willen untergeordnet hätten.
Entscheidung
Nach Auffassung des FG ist die personelle Verflechtung zwischen dem Kl. als Besitzunternehmen und der GmbH als Betriebsunternehmen nicht erst im Streitjahr dadurch entfallen, dass die GmbH die Grundstücksmiete erstmals zum 1.4.1993 auf ein Konto der Grundstücksgemeinschaft überwiesen hatte. Nach ständiger Rechtsprechung sei der die persönliche Verflechtung begründende einheitliche geschäftliche Betätigungswille grundsätzlich nach den gesellschaftsrechtlichen Stimmrechtsverhältnissen zu bestimmen. Eine personelle Verflechtung auf Grund tatsächlicher Beherrschung kommt danach nur in besonderen Ausnahmefällen in Betracht.
Wirtschaftlicher Druck auf Grund schuldrechtlicher Beziehungen reicht regelmäßig nicht aus, um auf Dauer einen geschäftlichen Betätigungswillen zu entfalten, der vom Vertrauen des Mehrheitsgesellschafters getragen ist. Eine tatsächliche Beherrschung beider Unternehmen durch eine Person kann auch nicht allein deshalb angenommen werden, weil tatsächlich jahrelang alle Entscheidungen im Sinne dieser Person oder Personengruppe getroffen worden sind. Somit endete die personelle Verflechtung zwischen dem Kl. als Betriebsunternehmen auf Grund des Grundstücksübertragungsvertrages von1986, bei dem die Erklärungen des Ergänzungspflegers durch das Amtsgericht genehmigt waren. Da in der GbR das Mehrheitsprinzip (§ 745 BGB) gilt, konnte der Kl. seinen Willen als alleiniger Gesellschafter der Betriebs-GmbH nicht in der Besitzgesellschaft durchsetzen.
Der notarielle GbR-Gründungsvertrag ist dagegen nicht wirksam, da die Mitwirkung eines Ergänzungspflegers und die vormundschaftsgerichtlichen Genehmigungen fehlen. Eine personelle Verflechtung zwischen dem Kl. und der GmbH bis zum 31.3.1993 auf Grund tatsächlicher Beherrschung der Bruchteilsgemeinschaft durch den Kl bestand nicht. Die weitere Zahlung der Grundstücksmiete auf das Konto des Kl. führte zu keiner die Beherrschung der GbR begründenden tatsächlichen Machtstellung des Kl. Ihm fehlte die faktische Einwirkung auf die Mehrheit der Stimmrechte. Anhaltspunkte dafür, dass die Ehefrau K und die Kinder von ihren Stimmrechten keinen Gebrauch mehr hätten machen können, fehlen. Eine Zusammenrechnung der Anteile des Kl mit den übrigen scheidet aus
Hinweis
Nicht entschieden wurde, ob eine formell wirksame GbR-Gründung zu einer Zusammenrechnung der Anteile und somit einer einheitlichen Willensbildung geführt hätte.
Nach dem BFH Urteil vom 1.7.2003 (VIII R 24/01, BStBl 2003 II S. 757) kann es im Ausnahmefall zu einer solchen kommen. Ist im Gesellschaftsvertrag einer GbR die Führung der Geschäfte einem Gesellschafter allein übertragen, dann beherrscht dieser Gesellschafter die Gesellschaft im Sinne der Rechtsprechungsgrundsätze zur Betriebsaufspaltung auch dann, wenn nach dem Gesellschaftsvertrag die Gesellschafterbeschlüsse einstimmig zu fassen sind. Dazu bedarf es jedoch be...