Leitsatz
1. Wer Inhaber eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft i.S. von § 51a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a BewG ist, bestimmt sich nicht nach bewertungsrechtlichen, sondern nach ertragsteuerrechtlichen Grundsätzen.
2. Landwirtsehegatten, die den Güterstand der Gütergemeinschaft vereinbart haben, betreiben auch ohne ausdrücklich vereinbarten Gesellschaftsvertrag einen landwirtschaftlichen Betrieb in der Form einer Mitunternehmerschaft. Die Beteiligung dieser Mitunternehmerschaft an einer Gesellschaft zur gemeinschaftlichen Tierhaltung i.S. des § 51a BewG erfordert die (mitunternehmerische) Beteiligung beider Ehegatten an der Tierhaltungsgesellschaft.
Normenkette
§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG, § 51a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a BewG, § 1353 Abs. 1 Satz 2, § 1408, § 1410, § 1421 Satz 1, § 1423 bis § 1425, § 1435 Satz 2, § 1456 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 BGB
Sachverhalt
Die Klägerin ist eine KG, an der als Komplementär A mit einem Gewinnanteil von 99 % und B als Kommanditist mit einem Gewinnanteil von 1 % beteiligt waren. Zweck der Gesellschaft war Bewirtschaftung eines landwirtschaftlichen Betriebs mit Ferkelaufzucht nach § 51a BewG. Hierzu übertrugen A und B der Klägerin Vieheinheiten. B ist mit C verheiratet. Die Ehegatten leben in Gütergemeinschaft. Bei Abschluss des Ehevertrags gehörte B ein landwirtschaftlicher Hof, der durch die vorgenannte Vereinbarung Gesamtgut wurde. Zudem erwarben die Ehegatten in der Folgezeit weitere landwirtschaftliche Flächen. Der landwirtschaftliche Betrieb wurde allein von B betrieben.
Die Klägerin erklärte Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Das FA verneinte das Vorliegen einer Gesellschaft i.S.d. § 51a BewG und qualifizierte die Gewinne in solche aus Gewerbebetrieb um.
Die nach erfolglosem Vorverfahren erhobene Klage wies das Finanzgericht ab (FG Düsseldorf, Urteil vom 4.9.2018, 10 K 2662/14 F, Haufe-Index 12340458, EFG 2018, 1979).
Entscheidung
Die Revision der Klägerin hat der BFH zurückgewiesen. Das FG habe zutreffend entschieden, dass die Klägerin in den Streitjahren keine Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, sondern solche aus Gewerbebetrieb erzielt habe.
Hinweis
1. Die Einkünfte aus Tierzucht und Tierhaltung einer Gesellschaft (Mitunternehmerschaft) gehören nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 5 EStG u.a. zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, wenn die Voraussetzungen des § 51a BewG erfüllt sind.
In persönlicher Hinsicht setzt dies gemäß § 51a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BewG – neben anderen hier unstreitigen Voraussetzungen – voraus, dass alle Gesellschafter Inhaber eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft mit selbstbewirtschafteten, regelmäßig landwirtschaftlich genutzten Flächen sind (§ 51a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a BewG).
2. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist § 51a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a BewG dabei kein bewertungsrechtliches "tatsächliches", sondern ein ertragsteuerrechtliches Verständnis zugrunde zu legen (BFH, Urteil vom 27.11.2019, II R 43/16, BFH/NV 2020, 793).
3. Inhaber eines Betriebs der Landwirtschaft i.S.d. § 51a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a BewG ist daher der Unternehmer einer Landwirtschaft, d.h. derjenige, der sie betreibt, und damit der Landwirt, auf dessen Rechnung und Gefahr der Betrieb geführt wird. Das kann auch eine Mitunternehmerschaft sein.
a) Mitunternehmer i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG – der gemäß § 13 Abs. 7 EStG bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft entsprechend anzuwenden ist – ist, wer zivilrechtlich Gesellschafter einer Personengesellschaft ist oder – in Ausnahmefällen – aufgrund eines wirtschaftlich dem Gesellschaftsverhältnis vergleichbaren Gemeinschaftsverhältnisses das Unternehmerrisiko trägt und Unternehmerinitiative entfalten kann.
b) Ein wirtschaftlich dem Gesellschaftsverhältnis vergleichbares Gemeinschaftsverhältnis liegt insbesondere bei Landwirtsehegatten vor, die den Güterstand der Gütergemeinschaft vereinbart haben. Diese bilden nach ständiger Rechtsprechung des BFH auch ohne ausdrücklich vereinbarten Gesellschaftsvertrag eine Mitunternehmerschaft (z.B. BFH, Urteil vom 22.11.2018, VI R 50/16, BFH/NV 2019, 324).
c) Wird der land- und forstwirtschaftliche Betrieb von einer Personengesellschaft oder von einer wirtschaftlich vergleichbaren Gemeinschaft – wie im Streitfall einer Gütergemeinschaft – betrieben, ist Voraussetzung, dass alle Mitunternehmer der Tierhaltungsgemeinschaft beitreten oder gemeinsam einen Anteil übernehmen. Denn die auf die Tierhaltungsgemeinschaft zu übertragenden Vieheinheiten stehen nicht dem einzelnen Gesellschafter oder Gemeinschafter (Mitunternehmer), sondern der Gesellschaft oder Gemeinschaft (Mitunternehmerschaft) zu.
4. Bei Anwendung dieser Rechtsgrundsätze hat das FG zu Recht entschieden, dass die Voraussetzungen des § 51a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a BewG vorliegend nicht erfüllt sind. Denn an der Klägerin sind nur A und B, nicht aber C beteiligt, obwohl C zusammen mit B als Mitunternehmer im landwirtschaftlichen Betrieb der Ehegatten B und C zu qualifizieren sind. Dass ...