Beteiligung einer Personengesellschaft an einer Tierhaltungsgemeinschaft
Gesetzliche Regelung: Mitunternehmerschaft als Inhaberin eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs
Zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft gehören auch die Einkünfte aus Tierzucht und Tierhaltung (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG). Voraussetzung ist, dass die Tierbestände die in § 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG geregelte Anzahl der Vieheinheiten bezogen auf die vom Inhaber des Betriebs regelmäßig landwirtschaftlich genutzten Flächen nicht überschreiten. Die Einkünfte aus Tierzucht und Tierhaltung einer Gesellschaft (Mitunternehmerschaft) gehören nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 5 EStG auch dann zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, wenn die Voraussetzungen des § 51a BewG erfüllt sind. In persönlicher Hinsicht setzt dies gemäß § 51a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BewG voraus, dass alle Gesellschafter
a) Inhaber eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft mit selbstbewirtschafteten regelmäßig landwirtschaftlich genutzten Flächen sind,
b) nach dem Gesamtbild der Verhältnisse hauptberuflich Land- und Forstwirte sind,
c) Landwirte im Sinne des § 1 Abs. 2 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte sind und dies durch eine Bescheinigung der landwirtschaftlichen Alterskasse nachgewiesen wird und
d) die sich nach § 51 Abs. 1a BewG für sie ergebende Möglichkeit zur landwirtschaftlichen Tiererzeugung oder Tierhaltung in Vieheinheiten ganz oder teilweise auf die Genossenschaft, Gesellschaft oder den Verein übertragen haben.
Streitfrage und Sachverhalt
Streitig ist, ob die Berücksichtigung eines Verlusts aus Tierzucht und Tierhaltung einer Gesellschaft bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 5 EStG i.V.m. § 51a BewG u.a. ausscheidet, wenn an einer Tierhaltungsgemeinschaft eine Personengesellschaft beteiligt ist, deren einzelne Gesellschafter nicht alle über Vieheinheiten verfügen.
An der 2004 gegründeten K1-K2 GbR (GbR) waren zunächst der Kläger K1 zu 40 %, seine Mutter M zu 10 % und der Kläger K2 zu 50 % beteiligt. Gesellschaftszweck war der gemeinschaftliche Betrieb eines landwirtschaftlichen Betriebs nebst Tiermast und Handel mit landwirtschaftlichen Produkten aller Art. M und K2 übertrugen seinerzeit ihre landwirtschaftlichen Betriebe (Maschinen, Feldinventar, Vieh und Vorräte) auf die GbR. Zudem brachte K2 seine vollständige Arbeitskraft und die Hälfte einer weiteren Arbeitskraft in die GbR ein. K1 brachte ausschließlich seine gesamte Arbeitskraft ein. Zum 1.7.2011 kündigte M ihre Gesellschafterstellung und K1 stockte seinen Anteil an der GbR auf 50 % auf.
Die GbR bewirtschaftete in den Jahren 2011 bis 2013 (Streitjahre) circa 200 ha landwirtschaftliche Nutzfläche. Sie war im Bereich der Milchviehhaltung sowie der Putenmast tätig und erzielte daraus Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Sämtliche Flächen waren von M, K2 und Dritten gepachtet.
Zum 1.11.2011 gründeten die GbR als Komplementärin und der Beigeladene B als Kommanditist die K1-K2-B Tierhaltung KG (KG). Die GbR brachte 150 Vieheinheiten in die KG ein, B 280 Vieheinheiten.
Die KG reichte Feststellungserklärungen beim Finanzamt (FA) ein. Das FA stellte für die Jahre 2011 bis 2013 zunächst erklärungsgemäß Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft fest. Die Bescheide ergingen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Nach eine Außenprüfung bei der KG gelangte der Prüfer zu der Ansicht, die KG habe in den Streitjahren keine Einkünfte nach § 13 EStG, sondern solche aus § 15 EStG erzielt; für die Verluste gelte das Ausgleichs- und Abzugsverbot nach § 15 Abs. 4 EStG. Die Voraussetzungen von § 51a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 BewG seien nicht erfüllt.
Klage war erfolgreich
Das FA erließ auf der Grundlage der Prüfungsfeststellungen für die Streitjahre Änderungsbescheide, in denen es Einkünfte aus Gewerbebetrieb feststellte. Der gegen die Änderungsbescheide eingelegte Einspruch blieb erfolglos. Das FG gab der Klage jedoch statt.
Revision des FA wurde als unbegründet zurückgewiesen
Der BFH hat die Revision des FA als unbegründet zurückgewiesen. Zutreffend ist das FG davon ausgegangen, dass die Kläger durch die geänderten gesonderten und einheitlichen Feststellungsbescheide beschwert sind. Denn die Feststellung einer unzutreffenden Einkunftsart stellt eine Rechtsverletzung im Sinne des § 40 Abs. 2 FGO dar.
Die Frage, ob die KG Inhaber eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft i.S.d. § 51a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG war, haben die Richter bejaht und hierzu u.a. Folgendes ausgeführt:
- Inhaber eines Betriebs der Landwirtschaft i.S.d. § 51a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a BewG ist der Unternehmer einer Landwirtschaft, das heißt derjenige, der sie betreibt. Das ist der Landwirt, auf dessen Rechnung und Gefahr der Betrieb geführt wird.
- Auch eine Mitunternehmerschaft kann Inhaberin eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs sein.
- Wird der land- und forstwirtschaftliche Betrieb von einer Personengesellschaft oder von einer wirtschaftlich vergleichbaren Gemeinschaft betrieben, ist Voraussetzung, dass alle Mitunternehmer der Tierhaltungsgemeinschaft beitreten oder gemeinsam einen Anteil übernehmen. Denn die auf die Tierhaltungsgemeinschaft zu übertragenden Vieheinheiten stehen nicht dem einzelnen Gesellschafter oder Gemeinschafter (Mitunternehmer), sondern der Gesellschaft oder Gemeinschaft (Mitunternehmerschaft) zu.
- Das FG hat zu Recht entschieden, dass die Voraussetzungen der § 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 5 EStG i.V.m. § 51a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a und d BewG im Streitfall erfüllt sind, weil alle Gesellschafter Inhaber eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft mit selbstbewirtschafteten regelmäßig landwirtschaftlich genutzten Flächen waren und diese die sich für sie ergebende Möglichkeit zur landwirtschaftlichen Tiererzeugung oder Tierhaltung in Vieheinheiten ganz oder teilweise auf die KG übertragen hatten.
- Gesellschafter der KG, der Tierhaltungsgemeinschaft, war zum einen die GbR, zum anderen B. Das FG hat bindend festgestellt, dass die GbR auf gepachteten landwirtschaftlichen Flächen in den Bereichen der Milchviehhaltung und Putenmast tätig war und den Betrieb daher auf selbstbewirtschafteten regelmäßig landwirtschaftlich genutzten Flächen geführt hat.
- Unerheblich ist, dass die GbR nicht über eigene landwirtschaftliche Flächen verfügte, sondern ihren Betrieb auf gepachteten Flächen unterhielt. Entscheidend ist, dass die GbR Inhaberin eines aktiven landwirtschaftlichen Betriebs war. Durch die Vorschrift des § 51a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a BewG soll allein sichergestellt werden, dass Inhaber von Verpachtungsbetrieben kein Mitglied einer Tierhaltungsgemeinschaft sein können.
- Nach den vorstehenden Ausführungen war deshalb die an der KG beteiligte GbR Inhaberin des von ihr betriebenen Betriebs. Aufgrund ihrer Beteiligung als Mitunternehmer der landwirtschaftlich tätigen GbR waren aber auch die Kläger (Mit-)Inhaber dieses Betriebs der Landwirtschaft mit selbstbewirtschafteten regelmäßig landwirtschaftlich genutzten Flächen im Sinne des § 51a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a BewG.
Praxishinweis: Rechtsgrundsätze gelten weiterhin
§ 51a BewG wurde mit Wirkung ab 1.1.2025 aufgehoben. Mit dem neu geschaffenen § 13b EStG wurden die Grundsätze des § 51a BewG im Wesentlichen für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2024 beginnen, in das Einkommensteuergesetz überführt (BT-Drucks. 19/14909 S. 47).
BFH, Urteil v. 16.5.2024, VI R 6/22; veröffentlicht am 11.7.2024
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