Dipl.-Finanzwirt (FH) Jürgen Feißt
Leitsatz
Bei Steuerpflichtigen mit Gewinneinkünften ist eine Betriebsprüfung ohne weitere Voraussetzungen zulässig. Die Zulässigkeit beinhaltet einen Ermessensspielraum des Finanzamts. Zum Ermessensspielraum des Finanzamts rechnet grundsätzlich auch die Anwendung des Zufallsprinzips. Es ist daher nicht ermessensfehlerhaft, wenn eine Prüfung schon vor Erreichen des rechnerischen Prüfungsturnus durchgeführt wird.
Sachverhalt
Bei einem Arzt wurde für die Jahre 1992 bis 1994 eine Betriebsprüfung durchgeführt. Dadurch ergaben sich Gewinnänderungen von ca. 90 000 DM. Gegen die Änderungsbescheide hat der Antragsteller am 28.11.1997 Einspruch eingelegt, über den noch nicht entschieden wurde. Am 14.6.2002 hat das Finanzamt erneut eine Außenprüfung angeordnet. Geprüft werden sollen danach Einkommensteuer, Umsatzsteuer 1996 bis 1998, Einheitswert des Betriebsvermögens 1.1.1996 bis 1.1.1997 und Vermögensteuer 1.1.1996.
Gegen die Prüfungsanordnung vom 14.6.2002 legte der Antragsteller am 24.6. 2002 Einspruch ein. Zugleich beantragte er, die Vollziehung der Prüfungsanordnung vom 14.6. 2002 auszusetzen.
Der Prüfungszeitraum 1996 bis 1998 sei in der Prüfungsanordnung nicht begründet, obwohl die Steuererklärungen bis einschließlich Veranlagungszeitraum 2000 eingereicht worden seien. Die Festsetzung des Prüfungszeitraums sei ein "willkürlicher Akt". Es handele sich um eine "Retourkutsche" des Antraggegners, da die Vor-Bp in einer "unangenehmen Atmosphäre" abgelaufen sei.
Entscheidung
Da die Finanzämter nicht bei allen Unternehmen fortlaufende Betriebsprüfungen durchführen können, gibt es immer wieder Streit, ob im Einzelfall "schon wieder" geprüft werden darf. Die Finanzämter haben jedoch weitgehend freie Hand bei der Auswahl der zu prüfenden Unternehmen. Eine Wiederholungsprüfung ist ebenso zulässig wie eine Anschlussprüfung. Das Auswahlermessen bei Steuerpflichtigen mit Gewinneinkünften wird lediglich durch Zweckmäßigkeitserwägungen, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und das Willkürverbot begrenzt.
Bei Steuerpflichtigen mit Gewinneinkünften ist eine Betriebsprüfung ohne weitere Voraussetzungen zulässig. Die Zulässigkeit beinhaltet einen Ermessensspielraum des Finanzamts. Im Rahmen dieses Ermessensspielraums ist vorrangig das öffentliche Interesse zu berücksichtigen und das individuelle Interesse des Steuerpflichtigen muss zurückstehen.
Zum Ermessensspielraum des Finanzamts rechnet grundsätzlich auch die Anwendung des Zufallsprinzips. Es ist daher nicht ermessensfehlerhaft, wenn eine Prüfung schon vor Erreichen des rechnerischen Prüfungsturnus durchgeführt wird. Eine Selbstbeschränkung des Finanzamts ergibt sich auch nicht durch die Bestimmungen der Betriebsprüfungsordnung. Eine zeitliche "Vorhersehbarkeit" von Betriebsprüfungen würde auch dem mit der Betriebsprüfung verfolgten Ziel widersprechen, durch ihre präventive Wirkung zur richtigen Steuererhebung beizutragen. Auch das in einer Außenprüfung liegende Überraschungsmoment ginge verloren.
Hinweis
Es besteht unter Berücksichtigung der vorgenannten Grundsätze in der Praxis kaum eine Möglichkeit die Entscheidung des Finanzamts erfolgreich anzufechten.
Link zur Entscheidung
FG Baden-Württemberg, Beschluss vom 23.10.2002, 1 V 31/02