Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine freigebige Zuwendung eines Grundstücks durch dessen unentgeltliche Einbringung in GbR dem Werte nach
Leitsatz (NV)
Da eine freigebige Zuwendung erfordert, dass der Empfänger über das Zugewendete im Verhältnis zum Leistenden tatsächlich und rechtlich frei verfügen kann, scheidet bei der unentgeltlichen Einbringung in eine GbR lediglich dem Werte nach eine freigebige Zuwendung des eingebrachten Wirtschaftsguts aus. Das Wirtschaftsgut ist erst dann freigebig zugewendet, wenn später auch das Eigentum unentgeltlich übertragen wird. Unerheblich ist, wem nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise das dem Werte nach eingebrachte Grundstück gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO 1977 zuzurechnen ist.
Normenkette
ErbStG § 7 Abs. 1 Nr. 1; AO 1977 § 39 Abs. 2 Nr. 1
Tatbestand
I. Am 28. Dezember 1987 gründete der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) mit seinem Vater und seinem Bruder eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Dabei vereinbarten die Gesellschafter feste Kapitalbeteiligungen, und zwar in Höhe von 240 000 DM für den Vater, von 100 000 DM für den Bruder und von 60 000 DM für den Kläger. In Erfüllung sämtlicher Einlageverpflichtungen brachte der Vater sein bisheriges Verpachtungsunternehmen mit allen Aktiva und Passiva ―bis auf das Betriebsgrundstück― in die GbR ein. Hinsichtlich des Betriebsgrundstücks erfolgte die Einbringung nur "zur Nutzung und dem Werte nach". Soweit das eingebrachte Betriebsvermögen wertmäßig die Summe der Einlageverpflichtungen überstieg, sollte es einem Darlehenskonto des Vaters gutgebracht werden. Erst mit notariell beurkundetem Vertrag vom 17. April 1991 brachte der Vater das Grundstück auch eigentumsmäßig in die GbR ein. Der Einheitswert des Grundstücks belief sich auf 1 383 100 DM.
Die Beteiligten streiten darüber, ob im Streitfall der Tatbestand freigebiger Zuwendungen zugunsten der Söhne erst mit der Übertragung des Eigentums am Grundstück oder bereits mit der Einbringung des Grundstücks dem Werte nach erfüllt worden ist. Nachdem im Zuge einer Außenprüfung zwei alternative Werte für eine Bereicherung des Klägers im Zeitpunkt der Einbringung des Verpachtungsunternehmens in die GbR im Jahr 1987 ermittelt worden waren ―nämlich ein niedrigerer unter der Annahme, das dem Wert nach eingebrachte Grundstück sei wie Gesamthandsvermögen zu behandeln, und ein höherer unter der Annahme, das Grundstück sei noch dem Vater zuzurechnen, ohne dass ein Nutzungswert anzusetzen wäre―, entschied sich der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt ―FA―) für den zweiten (höheren) Wert, bei dem auch die Darlehensverbindlichkeit gegenüber dem Vater unberücksichtigt geblieben war. Mit diesem Wert von 72 032 DM bezog es den Einbringungsvorgang des Jahres 1987 als eine von mehreren Vorschenkungen in eine Steuerfestsetzung vom 8. April 1992 ein, wobei eine freigebige Zuwendung aus dem Jahr 1989 den letzten berücksichtigten schenkweisen Erwerb bildete. Mit einem weiteren Bescheid vom 15. Februar 1995 besteuerte es sodann die angenommene Bereicherung des Klägers durch die eigentumsmäßige Übertragung des Grundstücks, die es mit (60/400 von 140 x 1 383 100 DM =) 290 451 DM ansetzte, sowie die durch Bescheid vom 8. April 1992 erfassten Vorschenkungen mit Ausnahme des Einbringungsvorgangs des Jahres 1987 (bisheriger Ansatz: 72 032 DM). Dieser Vorgang habe zu keiner Bereicherung geführt, weil einschließlich der Darlehensverbindlichkeit gegenüber dem Vater die Passiva die Aktiva übertroffen hätten. Infolgedessen rechnete das FA nicht die volle mit Bescheid vom 8. April 1992 festgesetzte Steuer von 25 893 DM, sondern nur die auf die Vorschenkungen ohne den Einbringungsvorgang des Jahres 1987 entfallende Steuer von 19 363 DM an.
Nach Verbindung der gegen beide Bescheide eingelegten Einsprüche zu gemeinsamer Entscheidung änderte das FA den Bescheid vom 8. April 1992 dahin, dass es die Steuer von 25 893 DM auf jene 19 363 DM herabsetzte. Den Einspruch gegen den Bescheid vom 15. Dezember 1995 wies es zurück.
Daraufhin erhob der Kläger bezüglich beider Bescheide Klage, mit der er darauf bestand, dass das Grundstück auch schenkungsteuerrechtlich bereits mit der Einbringung dem Werte nach wie Gesamthandsvermögen behandelt werden müsse. Allerdings habe die Einbringung des Verpachtungsunternehmens unter Einschluss des Grundstücks wegen der übergegangenen Verbindlichkeiten und der Darlehensverpflichtung gegenüber dem Vater zu keiner Bereicherung der Söhne geführt. Das Finanzgericht (FG) folgte dagegen der Ansicht des FA, wonach bezüglich des Grundstücks eine Schenkung erst mit dessen Übertragung ins Gesamthandseigentum ausgeführt worden sei.
Mit der Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision macht der Kläger geltend, der Rechtssache komme grundsätzliche Bedeutung wegen der Frage zu, wie die "nicht selten anzutreffende" Einbringung eines Grundstücks dem Werte nach schenkungsteuerrechtlich zu beurteilen sei. Außerdem rügt er mangelnde Sachaufklärung. Trotz schriftsätzlich und in der mündlichen Verhandlung geäußerter Bitte um Aufklärung, weshalb die Einbringung quoad sortem und die Einbringung quoad dominium schenkungsteuerrechtlich so unterschiedlich behandelt werde, obwohl der "Bereicherungserfolg" in beiden Fällen identisch sei, habe sich das FG dazu nicht geäußert. Hätte sich das FG um die erbetene Aufklärung bemüht, wäre ihm bewusst geworden, dass das FA die mit der Übertragung des Grundstücks bewirkte Bereicherung des Klägers fehlerhaft berechnet habe.
Das FA hält die Beschwerde für unzulässig.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde ist unzulässig. Ihre Begründung genügt nicht den Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.d.F. vor In-Kraft-Treten des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze (2.FGOÄndG) vom 19. Dezember 2000 (BGBl I, 1757). Diese Fassung ist im Streitfall weiter anwendbar, weil sich gemäß Art. 4 des 2.FGOÄndG die Zulässigkeit eines Rechtsbehelfs gegen gerichtliche Entscheidungen, die vor 2001 verkündet oder zugestellt worden sind, nach den bis Ende 2000 geltenden Vorschriften richtet.
Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist nicht ausreichend dargetan. Es ist bereits höchstrichterlich geklärt, dass eine freigebige Zuwendung i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG) 1974 erfordert, dass der Empfänger über das Zugewendete im Verhältnis zum Leistenden tatsächlich und rechtlich frei verfügen kann (so Urteil des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 26. September 1990 II R 50/88, BFHE 162, 139, BStBl II 1991, 32, m.w.N.). Da danach auch die rechtliche Verfügungsmacht übergegangen sein muss, ist unerheblich, wem nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise das dem Werte nach eingebrachte Grundstück gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) zuzurechnen ist. Im Streitfall fehlte es an der Übertragung der rechtlichen Verfügungsmacht. Deshalb wäre zur schlüssigen Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung gemäß § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO a.F. erforderlich gewesen darzutun, weshalb gleichwohl eine erneute Entscheidung des BFH zur Bedeutung, die der Übertragung der dinglichen Rechtsposition für die Anwendbarkeit des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 1974 zukommt, notwendig sei (vgl. dazu BFH-Beschluss vom 3. November 1993 V B 118/93, BFH/NV 1995, 308). Dies ist nicht geschehen. Der Hinweis, dass mit der Einbringung dem Werte nach das wirtschaftliche Eigentum an dem Grundstück auf die Gesamthand übergegangen sei, reicht dazu nicht aus. Denn es ist ebenfalls bereits höchstrichterlich geklärt, dass der Übergang wirtschaftlichen Eigentums keine freigebige Zuwendung i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 1974 bedeutet (vgl. BFH-Urteile vom 15. Oktober 1997 II R 68/85, BFHE 183, 248, BStBl II 1997, 820, sowie vom 22. September 1982 II R 61/80, BFHE 137, 188, BStBl II 1983, 179).
Die Rüge mangelnder Sachaufklärung ist ebenfalls nicht schlüssig. Der Verfahrensfehler mangelnder Sachaufklärung gemäß § 76 Abs. 1 FGO liegt vor, wenn das FG als Tatsacheninstanz seiner Verpflichtung zur Aufklärung des Sachverhalts nicht nachgekommen ist, nicht aber dann, wenn es vom Kläger aufgeworfene Fragen nach der Sinnhaftigkeit einer rechtlichen Regelung oder Entscheidung nicht beantwortet hat. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang Berechnungsfehler des FA rügt, macht er keinen Zulassungsgrund geltend.
Fundstellen
Haufe-Index 603673 |
BFH/NV 2001, 1265 |